Jährlich grüsst das Murmeltier: Jetzt noch Vorsteuervergütung beantragen!

Der Stand an einer internationalen Messe, der Besuch eines Kunden im Ausland mit Übernachtung und Nachtessen, der Einsatz eines Monteurs beim ausländischen Kunden – Unternehmen sind häufig international aktiv und bezahlen dabei MWST in Ländern, in denen sie mehrwertsteuerlich nicht registriert sind. Diese Vorsteuer ist in vielen Fällen keineswegs verloren, sondern kann über das Vorsteuervergütungsverfahren bzw. Rückerstattungsverfahren zurückgefordert werden. Wir geben einen Überblick, was zu beachten ist – und mit unseren Checklisten zum Vergütungsverfahren in der EU bzw. in der Schweiz stellen Sie sicher, dass Sie die Vorsteuer im Ausland nicht einfach liegen lassen.

VERFAHREN UND FRISTEN IN DER EU

Schweizer Unternehmen, die in der EU ausländische MWST bezahlt haben, können diese grundsätzlich zurückfordern. Die wesentlichen Voraussetzungen dafür ergeben sich aus der Richtlinie 86/560/EEC. Voraussetzung für eine Erstattung ist grundsätzlich, dass die Schweizer Unternehmung:

  • als Unternehmer registriert ist (Nachweis in Form der Unternehmerbescheinigung)
  • weder Sitz noch Geschäftsleitung in einem EU-Mitgliedstaat hat
  • keine Betriebsstätte in einem EU-Mitgliedstaat hat, von der aus steuerbare Umsätze getätigt werden (ansonsten bleibt ein Rückerstattungsverfahren dem Grundsatz nach möglich, es richtet sich dann aber nach den Bestimmungen für in der EU ansässige Unternehmen)
  • keine Umsätze im Mitgliedsstaat der Erstattung ausgeführt hat, mit Ausnahme von
    • Lieferungen und Leistungen, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer zahlen muss oder
    • Umsätze, die der Beförderungseinzelbesteuerung unterliegen oder
    • innergemeinschaftliches Erwerben und daran anschließende Lieferungen im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes oder
    • Leistungen, die unter die Regelung VAT on eServices/ECOM fallen.
    • Leistungen, die unter die Regelung für Fernverkäufe (Import-One-Stop-Shop) fallen

Anträge auf Mehrwertsteuerrückerstattung müssen in der Regel innerhalb von (je nach Land der Erstattung) sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, auf das sich der Erstattungszeitraum bezieht, eingereicht werden. Konkret sind entsprechende Gesuche daher bis zum 30. Juni einzureichen. Wird die Frist versäumt, können entsprechende Vorsteuern nicht mehr zurückgefordert werden.

Für Drittländer wurde das Antragsverfahren innerhalb der EU (noch) nicht harmonisiert. Die konkrete Vorgehensweise ist in dem jeweiligen Mitgliedsstaat abzuklären, für den ein Antrag gestellt werden soll.[1] In jedem Fall haben in Drittländer ansässige Unternehmen separate Anträge in allen Ländern zu stellen, in denen sie Vorsteuern geltend machen möchten.

Zu beachten ist: Anträge auf Vorsteuervergütung werden regelmässig sehr kritisch geprüft – sowohl im Hinblick auf formelle Aspekte (z. B.: Ist das Formular ordnungsgemäss und vollständig ausgefüllt und innert Frist eingereicht worden, sind die Belege in der erforderlichen Form beigelegt und entsprechen sie den jeweiligen nationalen Vorschriften, Stichwort: MWST-konforme Rechnungen?) wie auch auf materielle Aspekte (z. B.: Wurde MWST zu Recht in Rechnung gestellt?[2]).

CHECKLISTE VERGÜTUNSVERFAHREN EU

  • Spätestens bis Ende Mai sollte die verantwortliche Person im Unternehmen prüfen, ob im Vorjahr in einem oder mehreren Mitgliedstaaten Vorsteuerguthaben in erheblichem Umfang angehäuft worden sind. Ein intern festgelegter Schwellenwert hilft bei der Entscheidung, in welchen Ländern ein Antrag in Betracht kommt (z. B. EUR 1‘000 in Rechnung gestellte MWST pro Land)
  • Sofern ein Antrag lohnend erscheint, sollten alle mit MWST belasteten Rechnungen aus dem entsprechenden Mitgliedstaat im Original gesammelt werden (auch bei elektronischen Anträgen besteht die Möglichkeit einer Prüfung mit Stichproben). Achtung bei elektronisch übermittelten Rechnungen. Ein Ausdruck gilt regelmässig nicht als Original.
  • Im ePortal können Sie die für den Antrag erforderliche Unternehmerbescheinigung schnell und einfach online beziehen: https://eportal.admin.ch/start
  • Die Behörden prüfen Vergütungsanträge sehr genau! Sofern absehbar ist, dass in einem Staat mit höheren Vorsteuern zu rechnen ist, sollten Mitarbeiter bereits im Vorfeld sensibilisiert werden und Rechnungen beim Verbuchen kritisch auf formelle Richtigkeit geprüft werden. Rechnungskorrekturen sind häufig zeitaufwändig – und die Fristen beim Vergütungsverfahren sind absolut!
    • Ein „Fact Sheet“ mit den wichtigsten Informationen bietet Hilfe.
    • Interne Weisungen, wie ausländische Rechnungen zu verbuchen sind, vereinfachen das Auffinden relevanter Belege, ohne zu übermässigem administrativem Aufwand zu führen (z. B. „Buchungstext stets beginnen mit dem Land des Rechnungserstellers [z. B. Deutschland]“)
  • Die Verfahren, Mindestantragswerte und Fristen sind sehr länderspezifisch. Häufig lohnt es (oder ist sogar erforderlich), sich für das Vergütungsverfahren professionelle Hilfe zu holen. Wir unterstützen hierbei gerne mit unserem Netzwerk.

VERFAHREN UND FRISTEN FÜR DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH

Durch den Brexit gelten für das Vorsteuervergütungsverfahren die britischen gesetzlichen Regelungen. Der Vergütungsantrag für das Vereinigte Königreich muss sich grundsätzlich auf einen Zeitraum von mindestens drei Monaten und kann sich auf einen Zeitraum von maximal 12 Monaten beziehen.

Achtung: Der Vergütungszeitraum bezieht sich nicht auf das Kalenderjahr, sondern entspricht dem Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres. Entsprechend müssen die Anträge bis spätestens 31. Dezember des laufenden Jahres bei den britischen Steuerbehörden (HMRC) eingereicht werden.

Wenn der Antrag für einen Zeitraum von weniger als 12 Monaten gilt, darf der Gesamtbetrag der geltend gemachten Mehrwertsteuer nicht weniger als 130 GBP betragen. Bei 12 Monaten beträgt der Mindesterstattungsbetrag lediglich 16 GBP.

 

VERFAHREN UND FRISTEN IN DER SCHWEIZ

In der Schweiz können sich im Ausland ansässige Unternehmen, die in der Schweiz Aufwendungen für ihre unternehmerische Tätigkeit haben, die darauf bezahlte MWST als Vorsteuern zurückerstatten lassen. Dies gilt, sofern insbesondere folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:

  • Das Unternehmen hat seinen Sitz im Ausland und kann eine entsprechende Bestätigung der Unternehmereigenschaft durch den entsprechenden Staat vorlegen,
  • das Unternehmen ist nicht im schweizerischen MWST-Register eingetragen,
  • das Unternehmen erbringt in der Schweiz keine steuerbaren Leistungen,
  • die Kosten sind im Zusammenhang mit Ausgangsleistungen des Unternehmens angefallen, die in der Schweiz steuerbar wären,
  • der Sitzstaat, in dem das Unternehmen ansässig ist, gewährt der Schweiz das Gegenrecht,
  • die zu vergütende Vorsteuer beträgt mindestens CHF 500 pro Kalenderjahr und
  • die zu vergütende MWST wurde vom Leistungserbringer zu Recht belastet.

Für die Antragsstellung ist ein in der Schweiz ansässiger Vertreter zu bestellen. Der Antrag muss via offizielles Formular der ESTV und unter Beilage der Originalbelege zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni des Folgejahres, in dem die Kosten entstanden sind, gestellt werden. Wird diese Frist versäumt, kann die Vorsteuer nicht mehr geltend gemacht werden.

 

CHECKLISTE VERGÜTUNGSVERFAHREN SCHWEIZ

  • Spätestens bis Ende Mai sollte die verantwortliche Person im Unternehmen prüfen, ob im Vorjahr in der Schweiz ein Vorsteuerguthaben von mindestens 500 CHF angehäuft worden ist.
  • Sofern ein Antrag lohnend erscheint, sollten alle mit MWST belasteten Rechnungen aus der Schweiz im Original gesammelt werden. Achtung bei elektronisch übermittelten Rechnungen. Ein Ausdruck gilt regelmässig nicht als Original.
  • Die Unternehmerbescheinigung bzw. ein ähnlicher Nachweis ist dem Antrag beizulegen
  • Die ESTV prüft Vergütungsanträge sehr genau! Sofern absehbar ist, dass in der Schweiz mit höheren Vorsteuern zu rechnen ist, sollten Mitarbeiter bereits im Vorfeld sensibilisiert werden und Rechnungen beim Verbuchen kritisch auf formelle Richtigkeit geprüft werden. Rechnungskorrekturen sind häufig zeitaufwändig – und die Fristen beim Vergütungsverfahren sind absolut! Ein „Fact Sheet“ mit den wichtigsten Informationen bietet Hilfe.
  • PrimeTax bietet professionelle Hilfe für das Vergütungsverfahren.

 

Fazit: Vergütungsverfahren sind verhältnismässig kompliziert und langwierig. Gerne unterstützt PrimeTax Sie dabei, diese erfolgreich durchzuführen.

[1] So kennen einige Mitgliedstaaten das Erfordernis der Ernennung eines Vertreters im Inland, andere verzichten hierauf. In einigen Mitgliedsstaaten ist der Antrag in Papierform samt Original-Belegen zu stellen, andere erfordern eine elektronische Antragstellung. Zusätzlich sind gegebenenfalls besondere Vorschriften des betreffenden EU-Mitgliedstaates zu berücksichtigen. Beispielsweise können die Anträge in Polen, Rumänien, der Tschechischen Republik und der Slowakei nur in der jeweiligen Landessprache eingereicht werden oder in Ungarn ist die Geschäftsbeschreibung nach dem NACE-Code nicht erforderlich.

[2] So hat es beispielsweise in Bezug auf Exporte und innergemeinschaftliche Lieferungen in Deutschland bereits im Jahr 2016 eine Änderung in der Praxis gegeben, die aber auch heute noch hie und da übersehen wird. Das Bundesfinanzministerium hat bereits 2016 die Verwaltungsanweisung veröffentlicht, wonach Vorsteuer, die in Rechnungen über (grundsätzlich steuerbefreite) Exporte oder innergemeinschaftliche Lieferungen gesondert ausgewiesen ist, nicht vergütet wird, wenn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung im Grundsatz erfüllt sind. Dies gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zwar objektiv erfüllt sind, der Lieferant aber dennoch die Steuer belastet hat, weil ihm z.B. der entsprechende Buch- und Belegnachweis fehlt. In diesen Fällen läge ein unrichtiger Steuerausweis nach Art. 14c Abs. 1 UstG vor.