Aktueller Entscheid zur Abgrenzung von Subvention und Spende

HINTERGRUND
Subvention und Spende stellen aus Sicht der Mehrwertsteuer sogenannte „Nicht-Entgelte“ dar. Das heisst, sie gelten als Mittelflüsse, denen keine Gegenleistung gegenübersteht. Als Nicht-Entgelte unterliegen Subvention und Spende gleichermassen nicht der Mehrwertsteuer. Dagegen unterscheiden sich Subvention und Spende auf Stufe des Vorsteuerabzugs. Während Spenden zu keiner Vorsteuerkürzung führen, lösen Subventionen das Erfordernis einer entsprechenden Vorsteuerkürzung aus. Die Abgrenzung zwischen Spende und Subvention erfolgt einerseits danach, ob es sich beim Zuwendenden um ein „Subjekt des öffentlichen Rechts“ (nachfolgend „Gemeinwesen“) handelt. So gelten entsprechende Zuwendungen, die nicht von einem Gemeinwesen entrichtet werden, grundsätzlich als Spenden. Erfolgt die Zuwendung hingegen durch ein Gemeinwesen, kann daraus nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich um eine Subvention handelt, da auch Gemeinwesen in der Lage sein sollen, im Sinne der Mehrwertsteuer zu „spenden“. Jüngst hatte sich das Bundesgericht erneut mit der Frage der Abgrenzung von Spende und Subvention auseinanderzusetzen.
BG ENTSCHEID 9C_609/2022
Sachverhalt
Im vorliegenden Bundesgerichtsfall 9C_609/2022 beabsichtigte die privatrechtlich organisierte Steuerpflichtige, deren statutarischer Zweck in der Bereitstellung von Lehr-, Forschungs- und Dienstleistungsinfrastrukturen für die Schulmedizin besteht, auf einem Grundstück im Eigentum des Kanton ZH einen Campus zu errichten. Für dieses Bauvorhaben erhielt die Steuerpflichtige vom Lotteriefonds des Kantons Zürich einen Investitionsbetrag von CHF 9‘000‘000.

Im Rahmen einer Kontrolle stellte sich die ESTV auf den Standpunkt, dass die Steuerpflichtige den Investitionsbeitrag des Lotteriefonds zu Unrecht als Spende und nicht als Subvention qualifiziert und deshalb zu Unrecht keine Kürzung des Vorsteuerabzugs vorgenommen habe. Insbesondere machte die ESTV geltend, der Betrag beruhe auf einer gesetzlichen Grundlage und sei zudem zweckgebunden, nämlich als Investitionsbeitrag für den Bau des muskuloskelettalen Forschungs- und Entwicklungszentrums, dessen Tätigkeit als im öffentlichen Interesse liegend betrachtet werden könne. Die Steuerpflichtige argumentierte, dass die Mittel als Spende zu würdigen seien und nicht als öffentlich-rechtlicher Beitrag im Sinne einer Subvention.

Dementsprechend war im vorliegenden Fall streitig, ob der Lotteriefonds einen vorsteuerwirksamen öffentlich-rechtlichen Beitrag (Subvention) oder eine vorsteuerneutrale Spende erbracht hatte.

Entscheid des Bundesgerichts
Generell hält das Bundesgericht fest, dass eine (steuerneutrale) Spende dann vorliege, wenn eine freiwillige Zuwendung mit der Absicht erfolgt, die empfangende Person zu bereichern, ohne dass damit die Erwartung einer Gegenleistung im mehrwertsteuerlichen Sinne einhergeht. Die spendenempfangende Person kann weitgehend nach Gutdünken über die Mittel verfügen, was nicht ausschliesst, dass Spenden im Hinblick auf ein bestimmtes Projekt getätigt werden. Die begünstigte Person unterliegt grundsätzlich keiner gesetzlich normierten Verhaltenspflicht. Demnach können grundsätzlich auch Gemeinwesen Spenden tätigen.

Das Bundesgericht prüft drei wesentliche Abgrenzungskriterien von der Subvention zur Spende:

    1. Werden die Mittel von einem Gemeinwesen zur Verfügung gestellt?
    2. Beruht die Zuwendung der Mittel auf einer gesetzlichen Grundlage?
    3. Werden die Mittel ohne Erwartung einer konkreten Gegenleistung zugesprochen?
Die ersten beiden Kriterien seien nach Ansicht des Gerichts vorliegend relativ unproblematisch erfüllt. Der Lotteriefonds stelle sich als verlängerter Arm des Kantons ZH dar und auch an der gesetzlichen Grundlage für die Zuwendung fehlte es vorliegend nicht. Massgeblich für die Abgrenzung zwischen Spende und Subvention war nach Ansicht des Gerichts vorliegend, ob die Zuwendung in Erwartung einer individuell-konkreten Gegenleistung erfolgte. Konkret beurteilte das Gericht die Frage, ob die Empfängerin der Zuwendung über diese „frei und nach Gutdünken“ verfügen konnte. Im Ergebnis verneint es dies, da „die Erwartungen seitens des Kantons Zürich zwangsläufig weiter reichen [mussten], indem beträchtliche öffentliche Mittel auf dem Spiel stehen, die haushälterisch zu verwenden und zielgerichtet einzusetzen sind». Es könne „dem Kanton Zürich nicht unterstellt werden, die Mittel gesprochen und deren Verwendung weitgehend der Steuerpflichtigen überlassen zu haben.“ Damit aber sei eine Spende ausgeschlossen, da „im Fall einer Spende […] zu erwarten [sei], dass sie frei von einer rechtlich durchsetzbaren Verhaltensbindung erfolgt, abgesehen davon, dass die Mittel sachgemäss eingesetzt werden.“
FAZIT
Das Urteil des Bundesgerichts wirft Fragen auf. An den entscheidenden Stellen stützt sich das Gericht eher auf Mutmassungen, als dass es seine entscheiderheblichen Erwägungen belegt. Unscharf ist im Vorliegenden insbesondere die Abgrenzung von der „projektbezogenen Spende“ zur Subvention (wobei das Gericht ausdrücklich anerkennt, dass es projektbezogene Spenden geben kann). Steuerpflichtige, die Zuwendungen erhalten, die im weitesten Sinne als durch ein Gemeinwesen bewirkt gelten könnten, sollten ihre Position aus Sicht der Mehrwertsteuer überprüfen. Werden solche Mittel neu gesprochen, sollten entsprechende Verträge dahingehend geprüft werden, ob sie hinreichend klar formuliert sind, um trennscharf von Spende oder Subvention ausgehen zu können. Subventionen sollen auch Bestandteil der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes sein. Ob dadurch mehr Klarheit geschaffen wird, bleibt abzuwarten.