Die Welt des E-Commerce hat in den letzten Jahren eine beispiellose Expansion erlebt, wobei digitale Plattformen und Online-Handel den globalen Markt revolutioniert haben. Mit diesem Wachstum sind jedoch auch komplexe Herausforderungen verbunden, insbesondere im Hinblick auf die Mehrwertsteuer (MWST) und deren Anwendung auf grenzüberschreitende Transaktionen. Die dynamische Natur des E-Commerce, kombiniert mit internationalen Geschäftspraktiken, hat zu einer komplexen rechtlichen Landschaft geführt, die Teilnehmer am e-Commerce vor neue Herausforderungen stellt. Der nachstehende Artikel befasst sich in erster mit den mehrwertsteuerlichen Themen im b2c Handel (also beim Verkauf an «Konsumenten», im Gegensatz zu Unternehmungen). Dabei handelt es sich um einen groben ersten Überblick. Die entsprechenden Regelungen sind komplex und sollten daher auf Basis des konkreten Geschäftsmodells im Einzelfall geprüft werden. 

e-Commerce im EU-Raum

Keine Schwellenwerte für Drittländer!

Wer im EU Raum b2b Lieferungen (und bestimmte Dienstleistungen) erbringt, ohne über einen festen Geschäftssitz in der EU zu verfügen, wird gegebenenfalls unmittelbar (also ab dem ersten Euro Um-satz) steuerpflichtig. Sonderregelungen für Kleinunternehmer gelten meist nur für Unternehmen mit Sitz in einem EU-Mitgliedsstaat.

  • Beispiel: Ein Schweizer Händler vertreibt über seinen Webshop Pokémon Sammelkarten ab einem Fulfillment Centre in Deutschland. Kunden sind Privatpersonen in Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Der Umsatz beläuft sich im ersten Jahr auf EUR 3’700 p.a.
  • Lösung: Der Händler muss sich in Deutschland für Zwecke der Mehrwertsteuer registrieren.

MWST in 27 Mitgliedstaaten abrechnen: der One Stop Shop

Bei b2c-Lieferungen in verschiedene Mitgliedstaaten (sog. Fernverkäufe oder «distance sales») ab einem EU-Warenlager (verzollte Ware) gilt zunächst der MWST-Satz des Staates, in dem sich das Warenlager befindet.

  • Beispiel: wie oben.
  • Lösung: Der Händler muss in Deutschland die Mehrwertsteuer auf seine Lieferungen abführen. Er schuldet die Mehrwertsteuer zum in Deutschland gültigen Satz für alle Lieferungen, auch die Lieferungen an Kunden in Österreich und den Niederlanden.

Übersteigt der Umsatz aus solchen Fernverkäufen EU-weit EUR 10’000 pro Jahr, gilt der MWST-Satz des Landes, in dem der Kunde ansässig ist. Bis vor kurzem mussten sich e-Commerce Händler unter Umständen in allen Mitgliedstaaten separat mehrwertsteuerlich registrieren, um ihren Melde- und Abrechnungspflichten nachzukommen. Seit 2021 ist es ihnen möglich, ihre Melde- und Abrechnungspflichten über eine zentrale Registrierung zu erledigen, den sog. One Stop Shop („OSS“)

  • Beispiel: wie oben, allerdings erzielt der Händler inzwischen einen Umsatz von EUR 17’000 p.a., wovon EUR 6’000 auf Österreich und EUR 5’000 auf die Niederlande entfallen.

  • Lösung: Der Händler muss in Deutschland die Mehrwertsteuer auf seine Lieferungen an Kunden in Deutschland abführen. Hier schuldet er die Mehrwertsteuer zum in Deutschland gültigen MWST-Satz. Für Lieferungen an Kunden Österreich und den Niederlanden schuldet er die Mehrwertsteuer zum jeweils in Österreich bzw. den Niederlanden gültigen Satz. Der Händler hat die Wahl, sich in Österreich und den Niederlanden zusätzlich mehrwertsteuerlich registrieren zu lassen. Oder er kann sich in Deutschland für den OSS registrieren, um seinen Melde- und Abrechnungspflichten in Österreich und den Niederlanden nachzukommen. Kunden in weiteren Mitgliedstaaten können später ebenfalls über den OSS gemeldet und abgerechnet werden.

Ware aus dem Drittland in die EU liefern: der Import One Stop Shop

Wie Fernverkäufe innerhalb der EU unterliegen auch Fernverkäufe aus einem Drittland der Mehrwertsteuer zu dem MWST-Satz, der in dem Land des Kunden anwendbar ist. Bis zu einem Warenwert von EUR 150 haben Händler die Möglichkeit, die entsprechenden Fernverkäufe über den sogenannten Import One Stop Shop (IOSS) abzuwickeln.

Wird auf die Anwendung des IOSS verzichtet, kann ein Sonderregelung zur Anwendung kommen, wonach die Einfuhrsteuer durch den Spediteur direkt beim jeweiligen Kunden kassiert wird. Regelmässig stellen Spediteure ihre Verzollungs-Leistungen den Kunden zusätzlich in Rechnung – so dass dieses Vorgehen aus Kundensicht teuer und wenig transparent scheint.

Schliesslich besteht die Möglichkeit, dass der Fernverkäufer sich in den jeweiligen Mitgliedsstaaten seiner Kunden registriert und seine Lieferungen selbst gegenüber den nationalen Steuerbehörden abrechnet.

  • Beispiel: Ein Schweizer Händler verkauft über seinen Webshop Pokémon Sammelkarten ab Lager in der Schweiz an Konsumenten in Österreich, Deutschland und den Niederlanden. Der Warenwert der einzelnen Sendungen liegt zwischen EUR 45 und EUR 85. 
  • Lösung: Der Händler kann sich für den IOSS anmelden (hierfür hat er einen in der EU ansässigen Vertreter zu benennen). Die Warenlieferungen sind von der Einfuhrsteuer befreit, die nationale MWST in Österreich, Deutschland und den Niederlanden wird über den IOSS gemeldet und abgerechnet.

    Alternativ hat der Händler die Möglichkeit, die «Sonderregelungen bei der Einfuhr von Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro» (so die Bezeichnung im entsprechenden § 21a des deutschen Umsatzsteuergesetzes) anzuwenden. In diesem Fall vereinnahmt der Spediteur die Steuer (und allfällige Bearbeitungszuschläge) direkt beim Kunden.

    Drittens besteht noch die Möglichkeit für den Schweizer Händler, sich in Österreich, Deutschland und den Niederlanden mehrwertsteuerlich zu registrieren und die MWST lokal abzurechnen

Plattformbesteuerung

Sonderregelungen gelten in der EU seit einigen Jahren für Fernverkäufe, die über sog. „elektronische Schnittstellen“ angebahnt oder abgewickelt werden, sofern die Ware innerhalb der EU versendet wird und der Verkäufer selbst Drittländer ist. Als elektronische Schnittstelle gelten etwa ein elektronischer Marktplatz oder eine elektronische Plattform, die es Käufer und Verkäufer ermöglicht, in Kontakt zu treten, woraus eine Lieferung von Gegenständen an diesen Leistungsempfänger resultiert (beispielsweise Amazon Marketplace, ebay oder Alibaba).

  • Beispiel: Ein Schweizer Händler vertreibt über einen von einem Dritten betriebenen Online-Marktplatz Pokémon Sammelkarten ab einem Lager in Deutschland. Kunden sind Privatpersonen in Deutschland, Österreich und den Niederlanden. 

In Fällen, in denen eine elektronische Schnittstelle in diesem Sinne in die Lieferkette  einbezogen wird, kommt es zu einer sog. „Lieferkettenfiktion“: Während tatsächlich lediglich ein einziges Verkaufsgeschäft vorliegt, werden für umsatzsteuerliche Zwecke zwei Lieferungen fingiert, indem eine (erste) Lieferung von dem Unternehmer an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle sowie eine (zweite) Lieferung von dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle an den Enderwerber angenommen werden. Die fingierte Lieferung des nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Onlinehändlers an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist von der MWST befreit. Die Lieferung der elektronischen Schnittstelle an den Endkunden folgt den allgemeinen Grundsätzen für Fernverkäufe.

  • Beispiel: wie vor.
  • Lösung: Es kommt zu einer Lieferkettenfiktion, bei der eine Lieferung des Schweizer Händlers an den Betreiber des Online-Marktplatzes und von dem Betreiber des Online-Marktplatzes an den Endkunden fingiert wird. Die Lieferung des Schweizer Händlers an den Betreiber des Online-Marktplatzes ist von der MWST befreit. Die Lieferung des Betreibers des Online-Marktplatzes an den Endkunden unterliegt der MWST zu dem MWST-Satz, der in dem Land Anwendung findet, in dem der Endkunde ansässig ist.

Fazit

Dropshipping und andere moderne Vertriebskanäle bieten verlockende Möglichkeiten, neue Einkommensquellen zu erschliessen. Dabei ist es unerlässlich, von Beginn an die (mehrwert-) steuerlichen Folgen zu berücksichtigen. Wer wartet, bis sein Geschäft eine kritische Grösse erreicht hat, läuft seinen eigenen Versäumnissen aus der Vergangenheit hinterher. Mit einem klugen Setup lassen sich das Geschäft ohne grössere Risiken skalieren und der administrative Aufwand in vertretbarem Rahmen halten.

Der Beginn des neuen Steuerjahres 2024 geht mit vielen Änderungen einher. Gerne verschaffen wir Ihnen einen Überblick über wichtige Änderungen.

Mehrwertsteuer

Wir erinnern Sie an dieser Stelle zunächst daran, dass das Schweizer Volk Ende 2022 einer Erhöhung der Mehrwertsteuersätze per 1. Januar 2024 zugestimmt hat. Hintergrund der Erhöhung bildet die Finanzierung der AHV.

Demzufolge gelten ab dem 1. Januar 2024 folgende MWST-Sätze:

 

Bisher

Neu

Normalsatz

7.70%

8.10%

Reduzierter Satz

2.50%

2.60%

Sondersatz für Beherbergungsleistungen

3.70%

3.80%

Falls Sie weitere Details und Erläuterungen über die Änderungen im Bereich MWST benötigen, verweisen wir Sie gerne auf unseren im August 2023 veröffentlichten Blogbeitrag. Weitere Informationen und Musterformulare zur Abrechnung ab 2024 finden Sie auch auf der ESTV-Homepage.

Individualsteuern im Bereich direkte Bundessteuer

Auf das Jahr 2024 hin gibt es bei den Steuern für Privatpersonen keine wesentlichen Änderungen. Verschiedene Abzüge werden aufgrund der Teuerung leicht nach oben angepasst:

Abzug

2023

2024

Aus- und Weiterbildung

12’700

12’900

Doppelverdienerabzug

13’600

13’900

Kinderabzug

6’600

6’700

Unterstützungsabzug

6’600

6’700

Verheiratetenabzug

2’700

2’800

Abzug vom Steuerbetrag pro Kind

255

259

Säule 3a (mit Pensionskasse)

7’056

7’056

Säule 3a (ohne Pensionskasse)

35’280

35’280

Kinderbetreuungsabzug

25’000

25’500

Höhere Verzugs- und Vergütungszinsen

Wer die direkte Bundessteuer vorauszahlt, erhält neu einen Vergütungszins von 1.25% (2023: 0%). Wer die Zahlungsfrist jedoch verpasst, muss neu 4.75% Verzugszins zahlen (2023: 4%).

Einführung von Ausgleichs- und Vergütungszinsen auf Ebene der Kantons- und Gemeindesteuern

Gerne weisen wir sie auch darauf hin, dass gewisse Kantone per 2024 wieder Ausgleichszinsen einführen. So führt der Kanton Zug beispielsweise einen Ausgleichszins von 2% ein. Im Grundsatz findet der Ausgleichszins auf alle per 1.1.2024 offenen Forderungen gegenüber dem entsprechenden Steueramt Anwendung. Abweichende Regelungen unterhalb der Kantone bleiben vorbehalten. Wir empfehlen Ihnen deshalb, Kontakt mit Ihrer Steuerbehörde aufzunehmen, um Ihre Situation in Bezug auf noch nicht beglichene Steuerschulden per 1.1.2024 zu klären.

Von Ausgleichszinsen sind sowohl natürliche, als auch juristische Personen betroffen.

Aufgrund der erneuten Einführung von Ausgleichszinsen werden die Kantone als Gegenstück Vergütungszinsen einführen.

Veränderungen im Kanton Zürich

Seit 2016 hat der Kanton Zürich im Vergleich zu anderen Kantonen insgesamt 13 Plätze in Bezug auf Gewinnsteuersätze eingebüsst. Aktuelle Steuerbelastungsdaten zeigen, dass der Kanton Zürich heute die höchsten ordentlichen Gewinn- und Kapitalbelastungen im Land hat. Als Reaktion darauf hat die Finanzdirektion Massnahmen ergriffen, um den Kanton wieder attraktiver zu machen. Es ist geplant, Unternehmen leicht zu entlasten, während Aktionäre stärker zur Kasse gebeten werden sollen. Konkret ist eine Senkung des einfachen Gewinnsteuersatzes von 7 auf 6 Prozent geplant. Dadurch würde die Gesamtbelastung von 19,7% auf 18,2% (direkte Bundessteuer, Staats- und Gemeindesteuern in der Stadt Zürich, berechnet auf den Gewinn vor Steuern) reduziert. Ausserdem soll die Besteuerung von Dividenden aus qualifizierten Beteiligungen von 50 auf 60% erhöht werden.

Obwohl diese Änderungen geplant sind, ist ihre Umsetzung erst für das Jahr 2025 vorgesehen.

In unserem letzten Beitrag wurden die sozialversicherungsrechtlichen Unterstellungsregeln bei grenzüberschreitender Tätigkeit sowie die sich daraus ergebende Problematik näher beleuchtet. Dabei muss immer beachtet werden, dass neben der sozialversicherungsrechtlichen Perspektive zusätzlich die steuerliche Sichtweise überprüft werden muss. Dabei sind die anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), die Zusatzabkommen bzw. Verständigungsvereinbarungen sowie die separaten kantonalen Sonderabkommen mit den Grenzstaaten zu beachten.

In Bezug auf die Besteuerung der Erwerbseinkünfte von Arbeitnehmern ist Ausgangspunkt jeder steuerlichen Beurteilung Art. 15 des jeweiligen anwendbaren DBAs. In Absatz 1 ist das sog. Arbeitsortsprinzip verankert, wonach der Tätigkeitsstaat Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit besteuern kann, sofern die Arbeit tatsächlich physisch in diesem Staat ausgeübt wird. Werden nun bestimmte Arbeitstage bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen nicht mehr physisch am Sitz des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat, sondern im Homeoffice im Wohnsitzstaat geleistet, kann dies zu einer anderen Zuweisung des Besteuerungsrechts des Arbeitslohnes führen.

Für das Beispiel eines internationalen Wochenaufenthalters mit Wohnsitz und Familienort im Ausland und Arbeitsort in der Schweiz, bedeutet dies, dass die Schweiz aufgrund des Arbeitsortsprinzips die Schweizer Arbeitstage besteuern darf. Jeder einzelne im Homeoffice am ausländischen Wohnsitz geleistete Arbeitstag untersteht jedoch im Ausland der Steuerpflicht und muss in der Schweiz entsprechend steuerlich freigestellt werden. Nimmt die Homeoffice Tätigkeit im Ausland ein gewisses Ausmass an, ist zu prüfen, ob infolge Anwendung der sog. «Monteurklausel» nach Art. 15 Abs. 2 des jeweiligen DBAs das ausschliessliche Besteuerungsrecht der Erwerbseinkünfte dem ausländischen Ansässigkeitsstaat zusteht. Diese Spezialbestimmung greift, sofern sich der Arbeitnehmer insgesamt weniger als 183 Kalendertage in der Schweiz aufhält (Arbeitstage inkl. Wochenenden und Ferien) und die Vergütung nicht von einem Arbeitgeber in der Schweiz oder einer dort gelegenen Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgebers getragen wird. Sind die Voraussetzungen kumulativ erfüllt, verliert die Schweiz als Arbeitsort ihr Besteuerungsrecht.

Eine weitere Ausnahme von der Besteuerung am Arbeitsort findet man bei der Besteuerung leitender Angestellter. So ist etwa im Verhältnis mit Deutschland am 6. April 2023 eine neue Konsultationsvereinbarung zur Anwendung von Art. 15 Abs. 4 DBA DE abgeschlossen worden. Danach soll die Regelung dieses Artikels unter bestimmten Voraussetzungen auch auf nicht im Handelsregister eingetragene «leitende Angestellte» Anwendung finden. Art. 15 Abs. 4 DBA DE ermöglicht eine Besteuerung der Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat (z.B. Deutschland) ansässige natürliche Person für ihre Tätigkeit als Vorstandsmitglied, Direktor, Geschäftsführer oder Prokurist – ein sog. «leitender Angestellter» – einer im anderen Vertragsstaat (z.B. Schweiz) ansässigen Kapitalgesellschaft (Arbeitgeber) bezieht, im anderen Vertragsstaat (d.h. Schweiz). Damit hat der Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft ein Besteuerungsrecht am Lohn des leitenden Angestellten, unabhängig vom Ort, von wo aus dieser seine Arbeit tatsächlich verrichtet.

Schliesslich finden sich weitere Ausnahmen des Arbeitsortsprinzips bei der Besteuerung von Grenzgängern. Ähnlich wie im Bereich der Sozialversicherungsunterstellung waren auch aus steuerlicher Sicht aufgrund der COVID-19 Pandemie bis vor kurzem diverse spezielle Konsultationsvereinbarungen und Regelungen mit den an die Schweiz angrenzenden Staaten zu beachten. Zwar sind diese zwischenzeitlich ausser Kraft getreten, jedoch fand aufgrund der Zunahme der Homeoffice Tätigkeit im Zuge der Pandemie eine wichtige Impulssetzung statt. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass Beschäftigte ihre Tätigkeit zunehmend auch an ihrem Wohnsitz ausüben möchten, wurden in letzter Zeit im Bereich der Besteuerung von Grenzgängern diverse neue Regelungen mit den umliegenden Ländern abgeschlossen.

Die einschlägige Grundbestimmung im jeweiligen DBA sieht dabei eine weitere Ausnahme vom Arbeitsortsprinzip vor. Dabei darf der Ansässigkeitsstaat nach dieser Bestimmung i.d.R. die Erwerbseinkünfte trotzdem besteuern, auch wenn die Arbeit im Tätigkeitsstaat verrichtet wird. Ausschlaggebend und deshalb oft Gegenstand von Verständigungsverfahren ist die Definition und Auslegung zum Begriff der Grenzgängereigenschaft und dabei insbesondere der sog. Nichtrückkehrtage. Dabei kann die Grenzgängereigenschaft entfallen, wenn keine periodische Heimkehr an den Wohnsitz stattfindet bzw. die Nichtrückkehrtage eine gewisse Schwelle überschreiten.

Nicht immer klar war die Frage, wie Homeoffice-Tage zu qualifizieren sind und ob sie allenfalls als Nichtrückkehrtage qualifizieren. Deutschland und die Schweiz wollten der zunehmenden Verbreitung der Homeoffice-Tätigkeit Rechnung tragen. So ist im Verhältnis zu Deutschland am 26. Juli 2022 eine Konsultationsvereinbarung betreffend ganztägig am Wohnsitz verbrachter Arbeitstage in Kraft getreten. Danach gelten Arbeitstage, an denen eine Grenzgängerin oder ein Grenzgänger ganztägig am Wohnsitz im Ansässigkeitsstaat arbeitet, nicht als Arbeitstage, an welchen die Person nach Arbeitsende aufgrund ihrer Arbeitsausübung nicht an den Wohnsitz zurückkehrt. Diese Arbeitstage gelten somit nicht als Nichtrückkehrtage im Sinne des DBA.

Im Verhältnis zu Frankreich wurde am 22. November 2023 die Botschaft zur Genehmigung und Umsetzung eines Zusatzabkommens zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich verabschiedet. Dieses Zusatzabkommen ermöglicht das grenzüberschreitende Homeoffice bis zu 40 % der Arbeitszeit pro Jahr – insbesondere für Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Es ist Teil der Ende 2022 vereinbarten Lösung betreffend Homeoffice. Innerhalb dieses Limits sieht das Zusatzabkommen vor, dass Vergütungen im Zusammenhang mit Telearbeit in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem sich der Arbeitgebende befindet. Weiter sieht das Abkommen vor, dass der Staat des Arbeitgebenden dem Wohnsitzstaat des Arbeitnehmenden 40% der Steuern überweist, die er auf den Vergütungen aus Telearbeit im Wohnsitzstaat erhoben hat. Um die Anwendung der neuen Regeln zu gewährleisten, ist ein automatischer Informationsaustausch über Lohndaten vorgesehen.

Im Verhältnis zu Italien wurde am 10. November 2023 eine Erklärung unterzeichnet, worin eine auf zwei Jahre befristete Steuerregelung für das Homeoffice vereinbart wurde. Ab dem 1. Januar 2024 haben gemäss der Erklärung alle Grenzgängerinnen und Grenzgänger im Sinne des im Dezember 2020 unterzeichneten Grenzgängerabkommens die Möglichkeit, bis zu 25 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice zu leisten. Diese bleibt ohne Auswirkungen auf den Staat, der die Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit besteuern darf und auf den Status als Grenzgänger. Zudem wurde beschlossen, die von beiden Ländern am 20. April 2023 vereinbarte Übergangslösung zu erweitern. Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF meldete am 28. November 2023, dass beide Staaten in einer befristeten Verständigungsregelung vereinbart haben, dass zwischen dem 1. Februar 2023 und dem 31. Dezember 2023 Telearbeit bis zu 40 % der Arbeitszeit möglich ist, ohne dass es zu einer internationalen Aufteilung der Steuerrechte oder einer Änderung des Status der Grenzgängerinnen und Grenzgänger kommt.