Bei der mehrwertsteuerlichen Einordnung von Vergütungen für Vermittler im Finanzbereich ist Vorsicht geboten, selbst in der Verwaltungspraxis klar definierte Begriffe können je nach Sachverhalt sehr unterschiedlich ausgelegt werden.
Hintergrund
Die Beschwerdeführerin war im vorliegenden Streitfall als Vermögensverwalterin tätig. Für ihre Tätigkeit erhielt sie im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrags zwei Arten von Entschädigungen: Einerseits wurden ihr die von den Vermögensverwaltungskunden bezahlten Courtagen zzgl. Courtagen der Bank ausbezahlt, andererseits erhielt sie eine monatliche Management Fee. Im Rahmen der Brokerage-Vereinbarungen mit zwei verschiedenen Banken erhielt die Beschwerdeführerin Vergütungen, bzw. externe Vermögensverwaltungsgebühren, die sich aus den auf den Konten der Kunden verzeichneten Aktivitäten ergaben.
Fraglich ist, wie diese Entgelte umsatzsteuerlich zu qualifizieren sind. Auch wenn nach der Verwaltungspraxis Begriffe schwarz auf weiss aufgelistet und definiert sind, müsste man diese Begriffe (hier Entgelte) genau analysieren und in den richtigen Kontext stellen, sonst kommt man zu ganz anderen Ergebnissen.
Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts
A-5793/2022
Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass die Beschwerdeführerin als Vermögensverwalterin tätig ist und dass die monatliche Management Fee der Steuer zum Normalsatz unterliegt. Strittig ist hingegen, ob es sich bei den Courtagen und externe Vermögensverwaltungsgebühren um ein Entgelt für eine von der Steuer ausgenommene Vermittlungsleistung oder eine steuerbare Vermögensverwaltungsleistung handelt.
In der Rechtsprechung sowie in der Verwaltungspraxis wird die Auffassung vertreten, dass für die Einstufung einer Vermittlertätigkeit das vermittelte Grundgeschäft massgeblich ist. Sofern das vermittelte Grundgeschäft dem von der Steuer ausgenommenen Bereich entstammt, ist das Entgelt für die Vermittlung von der Steuer ausgenommen.
Die Beschwerdeführerin bietet als Vermögensverwalterin sowohl Anlageberatung als auch Execution (Ausführung) für ihre Kunden an und erhält für diese Leistungen auch separate und vertraglich vereinbarte Vergütungen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin (gestützt auf Ziff. 6.1.6 der MBI 14 und auf die frühere Rechtsprechung des BGs) gelten Courtagen für die Execution als von der Steuer ausgenommene Entgelte für den Handeln mit Wertpapieren. Alternativ sei die Vermögensverwaltungsleistung als ausgenommene Nebenleistung zur Vermittlungsleistung anzusehen, wie es der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem ähnlichen Fall (C-453/05, 21.6.2007) bereits entschieden hat.
Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, dass sie Vermittlungsleistungen im Sinne der Verwaltungspraxis erbringt. Eine Nichtanwendung dieser Verwaltungspraxis würde gegen den verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensschutz verstossen.
Die Vermittlungstätigkeit ist unter Ziff. 5.10.1 der MBI 14 klar definiert und bezeichnet die Tätigkeit einer in dieser Funktion auftretenden Mittelperson, die darin besteht, auf den Abschluss eines Vertrages im Bereich des Geld- und Kapitalverkehrs zwischen zwei Parteien hinzuwirken, ohne selber Partei des vermittelten Vertrages zu sein und ohne ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrages zu haben. Die Vermittlung ist als eigenständige Mittlertätigkeit auszuüben.
Die ESTV hielt die Leistung der Beschwerdeführerin hingegen für eine steuerbare Vermögensverwaltung gestützt auf Ziff. 5.10.3 der MBI 14 und meint weiter, dass die finanziellen Zuwendungen (Retrozessionen) aufgrund der Ablieferungspflicht eine Eigeninteresse darstellen, was wiederum einer ausgenommenen Vermittlung entgegenstünde.
Das Bundesgericht vertritt die Auffassung, dass die Execution-Leistung der Beschwerdeführerin als akzessorisch zur Hauptleistung der Anlageberatung bzw. Vermögensverwaltung zu betrachten ist, da diese Leistung für sich alleine keinen Sinn ergäbe. Sie dient lediglich als Instrument, um die Hauptleistung der Beschwerdeführerin unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Für die Kunden hat diese Art von Leistung keinen eigenständigen Zweck. Gäbe es keine Vermögensverwaltungsmandate, würde kein Kunde die Execution-Leistungen allein in Anspruch nehmen, sondern eine Bank damit beauftragen.
Obgleich die Beschwerdeführerin der Überzeugung ist, dass Courtage in der Verwaltungspraxis als Nebenleistung nicht separat aufgeführt werden könnten, befindet das Bundesgericht, dass unter Umständen dieselbe Leistung je nach Kontext anders zu beurteilen sei. In diesem Fall erfüllt die Execution-Leistung (Nebenleistung) lediglich im Kontext eines Vermögensverwaltungsmandats (Hauptleistung) einen Zweck.
In Bezug auf den Vertrauensschutz macht das Bundesgericht darauf aufmerksam, dass sich das von der Beschwerdeführerin zitierte Kapitel 6.1 der MBI 14 unter dem Titel „Allgemeine Bankdienstleistungen“ spezifisch auf von Banken angebotene Dienstleistungen bezieht. Daher kann der Vertrauensschutz in diesem Zusammenhang nicht geltend gemacht werden.
Fazit
Das vorliegende Urteil verdeutlicht die Relevanz einer präzisen Ermittlung der zugrunde liegenden Leistung im Rahmen einer Vermittlungstätigkeit. Diesbezüglich ist zu beachten, dass selbst die Ausführungen und Begrifflichkeiten in der Verwaltungspraxis lediglich in ihrem jeweiligen Kontext Gültigkeit besitzen.