In unserem Blogbeitrag im Juli 2024 zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2024(Aktenzeichen A-5793/2022) haben wir uns mit der mehrwertsteuerlichen Einordnung von Vergütungen für Vermittler im Finanzbereich befasst. Der Fall wurde an das Bundesgericht (BG) weitergezogen. In seiner Entscheidung folgt das Bundesgericht der Vorinstanz und bestätigt, dass die strittigen Transaktionsgebühren („Courtagen“) für die „Execution“ Entgelt für eine Nebenleistung darstellten. Hauptleistung sei die steuerpflichtige Vermögensverwaltung. Das Entgelt für die Execution unterliegt demnach im entschiedenen Fall ebenfalls der Mehrwertsteuer.
Hintergrund
Refresher: Die Steuerpflichtige erhielt als Vermögensverwalterin für ihre Tätigkeit im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrags zwei Arten von Entschädigungen. Einerseits wurden ihr von Kunden bezahlte Courtagen der Banken ausbezahlt, andererseits erhielt sie eine monatliche Management Fee. Strittig war, ob es sich bei den Courtagen und den externen Vermögensverwaltungsgebühren um Entgelt für eine von der Steuer ausgenommene Vermittlungsleistung oder eine steuerbare Vermögensverwaltungsleistung handelte.
Die Steuerpflichtige war der Auffassung, dass sie mit der Execution Vermittlungsleistungen im Sinne der Verwaltungspraxis erbrachte. Eine Nichtanwendung dieser Verwaltungspraxis würde einen Verstoss gegen den verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensschutz darstellen.
Das Bundesverwaltungsgericht vertrat die Auffassung, dass die Execution-Leistung der Steuerpflichtige als akzessorisch zur Hauptleistung der Anlageberatung bzw. Vermögensverwaltung zu betrachten sei, da diese Leistung für sich allein keinen Sinn ergäbe.
Urteil des Bundesgerichts
9C_439/2024 vom 7. März 2025
Das Bundesgericht bestätigt die Auffassung der Vorinstanzen: Die Steuerpflichtige verwende zwar den Begriff „Courtage“ für ihre Tätigkeit als Vermögensverwalterin, doch würden „Courtagen“ üblicherweise im Zusammenhang mit Wertschriftentransaktionen verwendet und nicht als Entgelt für ausgenommene Vermittlungsleistungen entrichtet. Die blosse Bezeichnung als „Courtage“ im Vermögensverwaltungsvertrag sei nicht massgebend.
Die Steuerpflichtige ist zwar kausal am Kauf oder Verkauf von Wertpapieren beteiligt, sie führt die Wertpapiertransaktion am Markt jedoch nicht selbst aus, sondern beauftragt die Banken dies für sie zu tun. Somit liegen keine separaten Leistungen oder eine Mehrheit von Leistungen vor. Die „Execution-Leistung“ geht Hand in Hand mit der Vermögensverwaltung und ist dermassen eng mit der Hauptleistung verknüpft, sodass sie auch deren mehrwertsteuerliches Schicksal teilt.
Im Rahmen der Vermögensverwaltungsmandate erbrachte Execution-Leistungen sind als mehrwertsteuerpflichtige Nebenleistungen zu betrachten. Eine Nebenleistung erfüllt für den Kunden keinen eigenen Zweck, sondern muss ihm ermöglichen, die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen zu nutzen. Das für die Nebenleistung ausgerichtete Entgelt, die sogenannte Transaktionsgebühr, ist somit steuerpflichtig.
Fazit
Bei Vermittlungsgeschäften ist es entscheidend, genau zu klären, welche Leistung welcher Partei zuzuordnen ist. Im vorliegenden Fall ist die regulatorische Tätigkeit, die mit der Courtage verbunden ist, nicht der Vermittlerin, sondern der ausführenden Bank zuzurechnen. Das Bundesgericht stellt klar, dass die in Verwaltungsverordnungen enthaltenen Empfehlungen nicht ungeprüft auf jeden Einzelfall übertragen werden können. Die verwendeten Begriffe sind dabei nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist vielmehr eine sorgfältige Analyse, um zu erkennen, welche konkrete Leistung sich hinter einem Begriff wie „Courtage“ verbirgt und wie deren Charakter einzuordnen ist. Gleichzeitig kann die Überschrift oder der allgemeine Begriff einer Verwaltungsvorschrift deren Anwendbarkeit einschränken. Damit stellt sich die Frage, inwieweit solche Praxisanweisungen den Steuerpflichtigen tatsächlich Orientierung bieten können.