Seit dem 01.01.2025 ist das teilrevidierte MWSTG in Kraft. Mit diesem Beitrag informieren wir zum aktuellen Stand per Mitte Januar 2025.
1. Elektronische Plattformen („Plattformbesteuerung“)
Durch eine sog. «Lieferkettenfiktion» (siehe Darstellung unten) wird mehrwertsteuerlich eine Lieferung vom Händler an die Plattform und von der Plattform an den Kunden fingiert, vgl. Art. 20a nMWSTG. Die Plattform hat demnach die MWST auf die Verkäufe an die Kunden gegenüber der ESTV abzurechnen, sofern diese der Inlandsteuer unterliegen. Achtung: Die sog. Versandhandelsregelung für die Lieferung geringwertiger Warensendungen aus dem Ausland gilt weiterhin, Art. 7 Abs. 3 Bst. b MWSTG. Faktisch soll die Neuregelung damit zu einer umfassenden Steuerpflicht ausländischer Handelsplattformen in der Schweiz führen. Betroffen sind aber auch inländische Privatverkäufer, die beispielsweise über eine Handelsplattform gelegentlich Ware verkaufen: Die Handelspattform wird die von ihr geschuldete MWST zweifelsohne an die Verkäufer durchreichen.
In der Praxis stellen sich zahlreiche Fragen im Zusammenhang mit der Plattformbesteuerung. Umso bedauerlicher ist, dass im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar ist.

2. Leistungen von reisebüros
Während heute bei Auslandreisen die einzelnen Komponenten der Reise für die Zwecke der Mehrwertsteuer aufgeschlüsselt und einzeln nach ihrem Leistungsgehalt beurteilt werden müssen, gilt künftig für alle Dienstleistungen von Reisebüros das sog. Erbringerortsprinzip, d.h. die (eigenen und von Dritten weiterverrechneten) Leistungen des Reisebüros gelten einheitlich am Sitz des Reisebüros erbracht. Die Leistungen von Reisebüros sind von der Steuer befreit, wenn sie im Ausland bewirkt werden oder wenn sie gestützt auf Artikel 23 MWSTG von der Steuer befreit wären, wenn sie von einer Person erbracht würden, die kein Reisebüro ist.
Im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages ist seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar.
3. subventionen
Bezeichnet ein Gemeinwesen von ihm ausgerichtete Mittel gegenüber dem Empfänger ausdrücklich als Subvention oder als anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag, so gelten diese Mittel als eine Subvention oder als anderer öffentlich-rechtlicher Beitrag, Art. 18 Abs. 3 nMWSTG. Subventionen gelten als Nicht-Entgelte, die nicht der MWST unterliegen, aber auf Stufe des Subventionsempfängers eine Kürzung des Vorsteuerabzugs erforderlich machen, Art. 18 Abs. 2 Bst. a in Verbindung mit Art. 33 MWSTG. Das Gemeinwesen hat bis zum Ablauf der Finalisierungsfrist die Möglichkeit, Mittel gegenüber dem Empfänger als Subvention oder anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag zu bezeichnen. Steuerpflichtige, die mit der Qualifikation als Subvention nicht einverstanden sind, werden sich hiergegen aktiv wehren müssen.
Die MWST-Info 05 «Subventionen und Spenden» wurde entsprechend überarbeitet, wobei die Anpassungen sich derzeit auf die redaktionelle Ergänzung der neuen Vorschriften beschränkt, ohne weiterführende Praxishinweise zu geben.
4. Handel mit emissions- und vergleichbaren rechten
Die (von der Lieferung von Energie losgelöste) Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen für Emissionsverminderungen, etc. unterliegen neu generell der Bezugsteuer – unabhängig vom Sitz des Veräusserers. Art. 45 Abs. 1 MWSTG wurde um einen Buchstaben e ergänzt. Die Regelung greift nicht, sofern die Emissionsrechte etc. unter die Steuerausnahme nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 Bst. e MWSTG fallen. Von der Steuer ausgenommen ist insbesondere der Handel mit Derivaten auf solche Rechte, Zertifikate und Bescheinigungen.
Fehlerhaft in Rechnung gestellte Inlandsteuer ist nur dann als Vorsteuer abzugsfähig, wenn der Leistungsempfänger den Nachweis erbringen kann, dass der Leistungserbringer diese Inlandsteuer auch abgerechnet und bezahlt hat.
MWST-Info 14 „Bezugsteuer“ enthält in Ziff. 2.5 eine Auflistung der in den Anwendungsbereich der Neuerung fallenden Rechte, Bescheinigungen und Zertifikate. Hierzu zählen namentlich:
- Emissionsrechte nach Artikel 2 Buchstabe c CO2-Gesetz;
- nationale Bescheinigungen nach Artikel 2 Buchstabe d CO2-Gesetz;
- Emissionsminderungszertifikate nach Artikel 2 Buchstabe e CO2-Gesetz;
- internationale Bescheinigungen nach Artikel 2 Buchstabe f CO2-Gesetz;
- Herkunftsnachweise für Elektrizität nach Artikel 9 EnG;
- andere Bescheinigungen für die Herkunft von Energie (z. B. Herkunftsnachweise für erneuerbare Treib- und Brennstoffe [sog. eTS/eBS-System]);
- ausländische Rechte, Bescheinigungen und Zertifikate, welche den voranstehend genannten Rechten, Bescheinigungen und Zertifikaten entsprechen (z. B. europäische Emissionsberechtigungen oder Herkunftsnachweise für ausländische Elektrizität);
- im sog. freiwilligen Markt für Treibhausgaskompensationen übertragene in- oder ausländische Rechte, Bescheinigungen und Zertifikate, welche den vorstehend genannten Rechten, Bescheinigungen und Zertifikaten entsprechen (z. B. «Voluntary Emission Reductions» [VER])
5. Administrative massnahmen
Abrechnungsperiode
Für steuerpflichtige Personen, deren jährlicher Umsatz aus steuerpflichtigen Leistungen 5 005 000 Franken nicht überschreitet, besteht zukünftig die Option, die MWST jährlich abzurechnen. Die Anwendung dieser Methode hat keinen Einfluss auf die Abrechnungsmethode. Die Bewilligung der jährlichen Abrechnung erfolgt auf Antrag und kann verweigert bzw. widerrufen werden, sofern der Steuerpflichtige seinen Abrechnungs- und Zahlungspflichten nicht oder nur ungenügend nachkommt, Art. 35 und 35a nMWSTG.
Die Steuerpflichtigen müssen unterjährig Vorauszahlungen auf ihre Steuerschuld leisten (quartalsweise bzw halbjährlich bei Saldosteuersatzabrechnenden). Die Raten werden von der ESTV festgelegt und in Rechnung gestellt, Art. 86 nMWSTG. Massgebend für die Festlegung der Raten ist die Steuerforderung der letzten Steuerperiode. Ist sie noch nicht bekannt, so wird sie von der ESTV geschätzt. Bei neu steuerpflichtigen Personen ist die bis zum Ende der ersten Steuerperiode erwartete Steuerforderung massgebend. Erachtet die steuerpflichtige Person die Raten als zu hoch oder zu niedrig, so kann sie bei der ESTV eine Anpassung der Raten beantragen.
Im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages ist seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar.
Fiskalvertretung
Steuerpflichtige Personen ohne Wohn- oder Geschäftssitz im Inland benötigen grundsätzlich eine Steuervertretung im Inland („Fiskalvertreter“). Hier sollen administrative Vereinfachungen und Kostenersparnisse geschaffen werden, indem das Erfordernis einer Steuervertretung unter bestimmten Voraussetzungen entfällt. Die ESTV kann darauf verzichten, die Bestimmung einer Vertretung nach Absatz 1 zu verlangen, sofern die Erfüllung der Verfahrenspflichten durch die steuerpflichtige Person und der rasche Vollzug dieses Gesetzes auf andere Weise gewährleistet sind, vgl. Art. 67 Abs. 1 bis nMWSTG.
In Gesetz, Verordnung und den entsprechenden Botschaften finden sich keine Hinweise, wie «die Erfüllung der Verfahrenspflichten durch die steuerpflichtige Person und der rasche Vollzug dieses Gesetzes auf andere Weise gewährleistet» werden können. Insofern bleibt abzuwarten, ob sich die Verwaltung konkretisierend äussert. Im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages ist seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar.
fazit
Auch nach Inkrafttreten des teilrevidierten Mehrwertsteuergesetzes bleiben Fragen zu dessen Umsetzung durch die Steuerpflichtigen offen. Wir verfolgen die Entwicklung der Verwaltungspraxis und informieren Sie an dieser Stelle über allfällige Entwicklungen.