Online-Plattformen und Mehrwertsteuer Update

In unserem Blogbeitrag vom Mai (zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2023, A-1573/2022) haben wir uns mit der Funktion einer Online-Plattform im Bereich der Lieferdienste beschäftigt. Der Fall wurde vor das Bundesgericht (BG) weitergezogen. In seiner Entscheidung folgt das Bundesgericht der Vorinstanz nicht und qualifiziert die Plattform als reine Vermittlerin der Essenslieferungen. 

HINTERGRUND

Refresher: Die Steuerpflichtige betrieb eine Online-Plattform, über die Kunden Essen bestellen und zu sich liefern lassen konnten. Auf der Plattform boten verschiedene Restaurants ihre Gerichte an. Die Plattform vertrat die Auffassung, sie selbst sei Lieferantin der Gerichte (und vermittle nicht lediglich zwischen Kunden und Restaurants). Entsprechend stellte sie „ihre“ Leistungen (Lieferung der Gerichte inkl. Lieferservicegebühren) den Kunden zum reduzierten Steuersatz in Rechnung. Die ESTV vertrat dagegen die Auffassung, die Plattform sei lediglich Vermittlerin zwischen Restaurants und Kunden. Entsprechend dürften nur die Restaurants ihre Leistungen zum reduzierten Satz abrechnen. Die Leistung der Plattform selbst sei zum Normalsatz zu versteuern.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) schloss sich der Auffassung der Steuerpflichtigen an.  Es stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die mutmassliche Wahrnehmung der Kunden bei Nutzung der Plattform (Auswahl der Speisen, Bestellung, Bezahlung und Lieferung). Dass z.B. die AGB die Plattform ausdrücklich als Vermittlerin identifizierten, erachtete das BVG hingegen als nicht derart gewichtig, um die Gesamtwahrnehmung im Übrigen zu überlagern.

URTEIL DES BUNDESGERICHTS

Vom 8. August (9C_67/2024)

Das BG rückt bei seiner Entscheidung objektive Kriterien wie AGB und Rechnungsdokumente in den Fokus bei der Analyse der mutmasslichen Kundenwahrnehmung. Insbesondere hatte die Plattform die Partnerrestaurants stets benannt und waren diese den Kunden bei Nutzung der Plattform stets bekannt und war sich aus Sicht des BG für die Nutzer stets erkennbar, dass sie die Speisen unmittelbar von den Partnerrestaurants und nicht der Plattform bezogen (durch entsprechende Hinweise während des Bestellprozesses sowie in den AGB). 

Fazit

Das Urteil des Bundesgerichts dürfte bei den Steuerpflichtigen für mehr Rechtssicherheit sorgen, da es die schriftliche Dokumentation in Form von beispielsweise AGB höher gewichtet. Da im Ergebnis eine Gesamtschau der Umstände im konkreten Fall massgeblich ist, bleibt die bedachte Gestaltung des Aussenauftritts insgesamt von entscheidender Bedeutung.