sachverhalt
A AG ist tätig im Bereich Beschaffung, Halten, Finanzierung, Betrieb, Vermietung und Leasing von Luftfahrzeugen. A AG wird von der Unternehmung B gehalten. Eigentümerin der B ist die Familie C.
Im Jahr 2012 erwarb die A AG ein Luftfahrzeug und schloss einen „Aircraft Management- und Charter“-Vertrag mit der Firma D. A AG übertrug in dem Vertrag das ausschließliche Recht, das Luftfahrzeug zu verwalten und es gegenüber Dritten zu betreiben auf D.
Alle mit dem Luftfahrzeug durchgeführten Flüge wurden von der Firma D. in Rechnung gestellt. Von den vereinnahmten Entgelten behielt D einen bestimmten Betrag als Provision zurück. Den Restbetrag rückvergütete D an A AG als Mietzahlung. Im Einzelnen sah die Vereinbarung Folgendes vor:
- Flüge durch Dritte («Charter»): A AG erhält 85% abzüglich Provision.
- Flüge durch Nahestehende der A AG, Führungskräfte der Familie C etc. («Key Charter»): A AG erhält 100% der durch D vereinnahmten Entgelte abzüglich CHF 100 pro Flugstunde.
Der Vertrag sah ausserdem vor, dass D für jeden Charterflug die vorherige Zustimmung der A AG einholen müsse. Darüber hinaus würde sie die A AG auf deren Wunsch über alle Fluganfragen potenzieller Charterkunden informieren. A AG behielt sich das Recht vor, nach eigenem Ermessen jeden von der D angebotenen Charterflug zu genehmigen oder abzulehnen.
Im Jahr 2012 bestätigte die ESTV der A AG den Vorsteuerabzug hinsichtlich Einfuhrsteuer auf das Flugzeug und von D in Rechnung gestellter Inlandsteuer. Dem Entscheid lag eine Rulinganfrage zugrunde, die von folgender Nutzungsprognose ausging:
- 52 % Nutzung durch Dritte
- 28 % Nutzung für den privaten Gebrauch nahestehender Personen der A AG und
- 20 % Nutzung für die Angehörige der C
Wie sich später herausstellte erfolgte die tatsächliche Nutzung zu über 50% für private Bedürfnisse der A AG und ihre nahestehender Personen. In der Folge versagte die ESTV den Vorsteuerabzug im Umfang der Nutzung für nicht-gewerbliche Zwecke und qualifizierte die Struktur in Bezug auf das Flugzeug als missbräuchlich.
fragestellung bzw. problematik
Streitgegenständlich ist insbesondere die Frage, ob der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, soweit das Flugzeug für den privaten Gebrauch der wirtschaftlich Berechtigten (A AG und ihre nahestehende Personen) genutzt wird.
entscheid des Bundesgerichts
9C_775/2023
Das Bundesgericht hat sich in seinem früheren Urteil (BGE 149 II 53) bei der Festlegung der Schwelle, ab der eine private Nutzung eines Flugzeugs nicht mehr als Teil einer unternehmerischen Tätigkeit gilt, an der Praxis der ESTV orientiert. Demnach ist eine private Nutzung von bis zu 20 % nicht schädlich. Wenn dieser Wert überschritten wird, fällt die gesamte private Nutzung des Flugzeugs durch den wirtschaftlich Berechtigten und die ihm nahestehenden Personen aus dem Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer heraus und berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug.
Sowohl die Vorinstanz als auch die Beschwerdeführerin gehen zu Recht davon aus, dass die A AG eine unternehmerisch tätige Einheit bildet (nach dem Grundsatz der Einheit des Unternehmens in BGE 142 II 488), was vorliegend auch vom Bundesgericht bestätigt wird. Aber auch bei Vorliegen einer Unternehmenseinheit ist der Vorsteuerabzug nur im Umfang der unternehmerischen Tätigkeit möglich.
Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin wirft die Frage auf, ob eine Vorsteuerkorrektur nötig ist, obschon das Konstrukt eine ausschliesslich unternehmerische Nutzung des Flugzeugs vorsieht. Dies bejaht das Bundesgericht, da die private Nutzung mehr als 20 % der Gesamtnutzung ausmacht und insofern nicht in den Anwendungsbereich der MWST fällt. Insofern bestand nach Ansicht des Gerichts nie das Recht, die Vorsteuer geltend zu machen.
fazit
Flugzeughaltestrukturen sind regelmässig im Fokus der MWST-Revisoren. Das Urteil bestätigt im Wesentlichen die Praxis der ESTV und deren restriktiven Ansatz. Das Urteil geht über Flugzeughaltestrukturen hinaus und Steuerpflichtige sollten in einschlägigen Konstellationen (z.B. Ferienhäuser, Fahrzeuge, Boote) stets den Anteil der «faktisch» privaten Nutzung dieser Gegenstände im Auge behalten.