Bei Tauschgeschäften erfolgt die Bezahlung anstelle mit Geld grundsätzlich durch die Erbringung einer Gegenleistung bzw. die Verrechnung mit einer Gegenforderung. Solche tauschähnlichen Geschäfte sind in der Praxis ein gängiges Mittel, um gegenseitige Leistungen ohne Geldfluss zu auszugleichen. Aber Vorsicht, auch wenn kein Geld fliesst, ist die Mehrwertsteuer geschuldet und ordnungsgemäss abzuführen.
Im Grundsatz gilt, dass Leistungen, die durch steuerpflichtige Personen im Inland gegen Entgelt erbracht werden, der Schweizer Mehrwertsteuer (MWST) unterliegen, sofern diese Leistungen nicht von der Steuer ausgenommen oder befreit sind.
Als Entgelt versteht sich der Vermögenswert, den der Leistungsempfänger für den Erhalt einer Leistung aufwendet. Begleicht der Leistungsempfänger die Forderung des Leistungserbringers anders als durch Geldzahlung (z.B. durch Erbringung einer Leistung), bemisst sich das Entgelt nach dem Betrag, der dadurch ausgeglichen wird. Dies bedeutet, dass die beiden Vertragspartner den vollen Wert der eigenen Leistung (als Aufwand) und den vollen Wert der als Gegenleistung erhaltenen Leistung (als Ertrag) zu verbuchen haben. Beide Vertragspartner versteuern den Gesamtwert der vom anderen Vertragspartner erbrachten Leistung zum massgebenden Steuersatz. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein IT-Unternehmen für die Einrichtung der IT-Infrastruktur bei einem Treuhänder beauftragt wird und im Gegenzug der Treuhänder für dieses IT-Unternehmen die Buchhaltung erstellt (weitere Erläuterungen zu diesem Beispiel unten im Text).
Besonderheiten bei Verrechnungsgeschäften
Bei Tauschgeschäften sind beide Vertragspartner zugleich Leistungserbringer und -empfänger. Soweit die Steuerpflicht besteht, hat jeder die ihm erbrachte Leistung (als Entgelt für die eigene Leistung) voll zu versteuern.
Die Besonderheit bei Verrechnungsgeschäften ist zudem, dass die Gegenleistung des Abnehmers anders als durch Geldzahlung (z.B. Erbringung einer Gegenleistung) erfolgt (sog. Leistung an Zahlungs statt). Sind Leistung und Gegenleistung von gleichem (Markt-)Wert, führt dies dazu, dass zwischen den beiden Parteien kein Geld fliesst. Unterscheidet sich der Wert zwischen Leistung und Gegenleistung, dann findet trotz Verrechnung ein Geldfluss, jedoch im reduzierten Masse statt (Bezahlung des Differenzbetrags).
Bei Tauschverhältnissen gilt jeweils der Marktwert (z.B. Listenpreis) jeder Leistung als Entgelt für die andere Leistung. Entspricht der Marktwert der Leistungen des IT-Unternehmens beispielsweise CHF 10 000.– (exkl. MWST), so gilt dieser Wert als Entgelt für die vom Treuhänder an das IT-Unternehmen erbrachte Leistung. Der Treuhänder hat dieses Entgelt als Umsatz zu versteuern. Es existieren seitens der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) keine konkreten Ausführungen zum Marktpreis, weshalb sich die Ermittlung des korrekten Marktpreises in der Praxis oftmals als schwierig erweist.
Dem Prinzip der Bruttorechnung folgend sind Verrechnungen, in denen bloss der Differenzbetrag verbucht wird, mehrwertsteuerlich nicht gestattet (Verstoss gegen das Verrechnungsverbot). Die blosse Verbuchung des Differenzbetrags zwischen den gegenseitig erbrachten Leistungen ist auch dann nicht gestattet, wenn es sich beim Vertragspartner um eine nicht steuerpflichtige Person handelt. Dies gilt auch, wenn keine detaillierten Aufzeichnungen der verrechneten Gegenleistungen existieren, d.h. wenn lediglich der zu bezahlende Betrag fakturiert oder überhaupt keine Rechnung erstellt worden ist.
Die korrekte steuerliche Behandlung bei Leistungsverrechnungen lässt sich gemäss Praxis der ESTV am besten erzielen, wenn für Leistung und Entgelt separate Belege erstellt werden (z.B. gegenseitige Fakturierung). Dies ist jedoch keine zwingende Vorschrift aber auch aus buchhalterischen Gründen sinnvoll (keine Buchung ohne Beleg).
Nachfolgend wird die Verrechnung aus Sicht der MWST anhand von zwei Beispielen verdeutlicht.
Beispiel 1: Tauschgeschäft zwischen zwei Steuerpflichtigen
IT-Unternehmen A erbringt an den Treuhänder B diverse IT-Dienstleistungen. Im Gegenzug erstellt Treuhänder B die Buchhaltung für IT-Unternehmen A. Beide Vertragsparteien haben ihren Sitz in der Schweiz, sind im Schweizer MWST-Register eingetragen und rechnen nach der effektiven Abrechnungsmethode ab. Dabei erbringen beide Parteien steuerbare Leistungen, welche zum Normalsatz von 7,7% zu versteuern sind. Der Wert der gegenseitig erbrachten Leistungen inkl. MWST wurde im Vertrag wie folgt festgesetzt:
IT-Dienstleistungen an Treuhänder B CHF 10 770.– (inkl. 7.7% MWST)
Buchhaltungsleistungen an IT-Unternehmen A CHF 10 770.– (inkl. 7.7% MWST)
Zwischen den beiden Parteien kommt es zu keinem Geldfluss, da Leistung und Gegenleistung von gleichem Wert erbracht werden. Sie haben jeweils beide CHF 10 000.– als Erlös zu verbuchen und in der MWST-Abrechnung als Umsatz unter Ziff. 200 zu deklarieren. Zugleich verbuchen beide Parteien den identischen Betrag als Aufwand für den Bezug der Gegenleistung.
Unter der Voraussetzung, dass sowohl IT-Unternehmen A als auch Treuhänder B zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, können beide jeweils die in Rechnung gestellte MWST in Höhe von CHF 770.– vollständig in Ziff. 400 ihrer MWST-Abrechnung in Abzug bringen.
Verbuchung bei IT-Unternehmen A:
1. Erbringung von IT-Dienstleistungen an Treuhänder B |
Betrag |
|
Forderungen aus L&L |
/ |
CHF 10 770.00 |
/ Dienstleistungsertrag |
CHF 10 000.00 |
|
/ Verbindlichkeiten MWST |
CHF 770.00 |
|
2. Bezug von Buchhaltungsleistungen von Treuhänder B |
Betrag |
|
/ Verbindlichkeiten aus L&L |
CHF 10 770.00 |
|
Dienstleistungsaufwand |
/ |
CHF 10 000.00 |
Forderungen MWST |
/ |
CHF 770.00 |
3. Verrechnung MWST |
Betrag |
|
Verbindlichkeiten aus L&L |
/ Forderungen aus L&L |
CHF 10 000.00 |
Verbindlichkeiten MWST |
/ Forderungen MWST |
CHF 770.00 |
Steuerschuld/-guthaben |
CHF 0.00 |
In diesem Beispiel ergibt sich ein Nullsummenspiel für beide Vertragsparteien, da Leistungen in gleichem Wert und zum gleichen Steuersatz gegenseitig verrechnet werden. Aus diesem Grund gleichen sich Steuerschuld und -guthaben aus. Dies kann jedoch unter anderen Voraussetzungen auch zu einem anderen Resultat führen, wie das nächste Beispiel zeigt.
Beispiel 2: Tauschgeschäft mit nur einem Steuerpflichtigen
Influencer A fragt beim Hotel B an, ob dieser kostenlos für zwei Nächte bei diesem übernachten könne. Der Preis für die zwei Nächte liegt gemäss Buchungsseite des Hotels bei CHF 1’000 inkl. 3.7% MWST. Im Gegenzug bietet der Influencer an, auf seinen Online-Kanälen für das Hotel B zu werben. Beide Parteien haben ihren (Wohn-)Sitz in der Schweiz. Da Influencer A einen weltweiten Umsatz von CHF 80 000.– pro Jahr erzielt, ist dieser von der Steuerpflicht befreit. Hotel B hingegen ist als steuerpflichtige Person im Schweizer MWST-Register eingetragen.
Das Hotel B hat den Marktwert der Leistung des Influencers als Entgelt für die eigene Leistung zu versteuern. Da sich die Parteien geeinigt haben, dass sich die gegenseitig erbrachten Leistungen «aufheben» sollen (und es keines zusätzlichen Zahlungsflusses bedarf), sind sie augenscheinlich davon ausgegangen, dass sich Leistung und Gegenleistung im Ergebnis gleichwertig gegenüberstehen. Das Hotel hat die beiden Übernachtungen zum anwendbaren Steuersatz zu versteuern. Bei Beherbergungsleistungen findet der Sondersatz von 3,7% Anwendung.
Somit verbucht das Hotel B CHF 964.30 als Ertrag und deklariert diesen als Umsatz in Ziff. 200 der MWST-Abrechnung. Daraus resultiert eine Steuerschuld über CHF 35.70, welche das Hotel B an die ESTV abzuführen hat.
Im Gegenzug verbucht das Hotel B die von Influencer A bezogene Werbeleistung im Wert von CHF 1’000 als Aufwand. Da Influencer A mehrwertsteuerlich nicht registriert ist, enthält dieses Entgelt keine MWST und berechtigt daher auch nicht zum Vorsteuerabzug.
Verbuchung beim Hotel B:
1. Erbringung von Beherbergungsleistungen an Influencer A |
Betrag |
|
Forderungen aus L&L |
/ |
CHF 1 000.00 |
/ Beherbergungsertrag |
CHF 964.30 |
|
/ Verbindlichkeiten MWST |
CHF 35.70 |
|
2. Bezug von Webeleistungen von Influencer A |
Betrag |
|
Dienstleistungsaufwand |
/ Verbindlichkeiten aus L&L |
CHF 1 000.00 |
Forderungen MWST |
/ |
CHF 0.00 |
3. Verrechnung |
Betrag |
|
Verbindlichkeiten aus L&L |
/ Forderungen aus L&L |
CHF 1 000.00 |
Verbindlichkeiten MWST |
/ Bank (Überweisung an ESTV) |
CHF 35.70 |
Steuerschuld |
CHF 35.70 |
Auch in diesem Beispiel kommt es zu keinem Geldfluss zwischen den Parteien, da sich die Forderungen und Verbindlichkeiten (Gegenforderung) im Ergebnis ausgleichen.
Fazit
Bei Tauschgeschäften ist jeweils Vorsicht geboten. Beide Parteien haben über ihre vollen Leistungen die MWST abzurechnen (Verrechnungsverbot). Es ist empfehlenswert die jeweilige Ausgangslage (anwendbarer Steuersatz, Abrechnungsmethode etc.) beider Parteien im Detail zu klären, um die mehrwertsteuerlichen Konsequenzen aus dem Tauschgeschäft korrekt einschätzen zu können. Gewisse Fallkonstellationen können durchaus dazu führen, dass die MWST die Marge der Vertragsparteien negativ beeinflussen kann.