Die Erhöhung der Steuersätze per 1. Januar 2024

Hintergrund

Ende 2022 hat das Schweizer Volk einer Erhöhung der Mehrwertsteuersätze per 1. Januar 2024 zugestimmt.

Demzufolge gelten ab 1. Januar 2024 folgende MWST-Sätze:

Wie üblich stellen sich im Falle von Steuersatzerhöhungen auf einen bestimmten Zeitpunkt Abgrenzungsfragen (z.B. bei mehreren Teilleistungen, periodischen Leistungen oder bei Auseinanderfallen von Vertragsschluss- und Leistungszeitpunkt über die Gültigkeitszeiträume der jeweiligen alten bzw. neuen Steuersätze hinaus). In diesem Artikel sollen einige wesentliche Aspekte beleuchtet werden, die Steuerpflichtige vor dem Hintergrund der anstehenden Steuersatzänderung schon vor dem 1. Januar 2024 berücksichtigen sollten.

 

Für die Bestimmung des Steuersatzes massgebliches Ereignis

Dem Grundsatz nach ist für den anzuwendenden Steuersatz allein der Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw. (z.B. bei Dauerleistungen) der Zeitraum der Leistungserbringung massgebend. Dies ist umso relevanter, als in der Schweiz die Entstehung der Steuer grundsätzlich unabhängig ist vom Zeit-punkt der Leistungserbringung. Vielmehr hängt die Steuerentstehung grundsätzlich vom Zeitpunkt der Rechnungstellung bzw. der Vereinnahmung des Entgelts ab. Das Datum der Rechnungsstellung oder der Zahlung sind hingegen nicht relevant für die Bestimmung des anwendbaren Steuersatzes.

 

Teilzahlungen bzw. Teilrechnungen

Bei Teilzahlungen bzw. Teilrechnungen gilt, dass die bis zum 31. Dezember 2023 erbrachten Leistungen mit den bisherigen Steuersätzen, diejenigen, die ab dem 1. Januar 2024 erbracht werden, mit den neuen Steuersätzen in Rechnung zu stellen und mit der ESTV abzurechnen sind.

 

Periodische Leistungen

Bei periodischen Leistungen wie z.B. Zeitschriften-Abonnement, ist der Zeitraum der Leistungserbringung entscheidend.

Im Zusammenhang mit periodischen Leistungen, die teilweise nach der Steuersatzerhöhung erbracht werden (z.B. Zeitschriften-Abonnemente, SaaS für Konsumenten), ist eine Aufteilung des Entgelts pro rata temporis vorzunehmen. Falls der Leistungserbringer im Zeitpunkt des Verkaufs bis zum 31. Dezember 2023 nicht wissen kann, wann genau die Leistung erbracht werden wird (typisches Beispiel wäre hierfür die Mehrfahrtenkarte für Skilifte mit sofortiger Gültigkeit), ist ausnahmsweise der Zeitpunkt des Verkaufs für den anwendbaren Steuersatz massgebend.

 

Vorauszahlungen

Hinsichtlich Vorauszahlungen für zukünftige Leistungen ist zu beachten, dass der auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2024 entfallende Anteil bereits zum neuen Steuersatz fakturiert und abgerechnet werden muss, sofern im Zeitpunkt der Vorauszahlung bereits bekannt ist, dass die Leistung ganz oder teilweise nach dem 31. Dezember 2023 erbracht werden wird.

 

Bezugsteuer (reverse charge)

Was die Bezugsteuer betrifft, ist auch hier einzig der Zeitpunkt bzw. Zeitraum des Leistungsbezugs massgebend.

 

Nebenleistungen

Den allgemein gültigen Regeln folgend sind Nebenleistungen steuerlich den Hauptleistungen gleich-gestellt und teilen deren mehrwertsteuerliches Schicksal. Wenn beispielsweise ein Autosalon einen Personenwagen inklusive Gratisservice für die ersten zwei Jahre am 12. Dezember 2023 verkauft und liefert, wird der Kaufpreis mit dem aktuellen Steuersatz 7,7 % in Rechnung gestellt. Die in den Verkaufs-preis inkludierten Gratisserviceleistungen für 2 Jahre werden als Nebenleistung gleichbehandelt und unterliegen damit ebenso dem Steuersatz von 7.7 %.

 

Umsatzkorrekturen

Umsatzkorrekturen sind zu den im Zeitpunkt (bzw. Zeitraum) der Leistungserbringung geltenden Steuersätzen zu korrigieren.

 

Rechnungstellung

Aus administrativer Sicht gilt, dass für Leistungen, die aufgrund des Zeitraumes ihrer Erbringung sowohl den bisherigen als auch den neuen Steuersätzen unterliegen, und auf der gleichen Rechnung aufgeführt werden, das Datum oder der Zeitraum der Leistungserbringung und der jeweils darauf entfallende Betragsanteil getrennt auszuweisen sind. Ist dies nicht möglich, müssen alle in Rechnung gestellten Leistungen mit den neuen, höheren Sätzen abgerechnet werden.

Letztlich gilt auch im Zusammenhang mit der Steuersatzänderung das Prinzip „fakturierte Steuer ist geschuldete Steuer“ d.h. die in der Rechnung ausgewiesene Steuer ist die mit der ESTV abzurechnende, auch wenn sie überhöht ist. Dies ist der Fall, wenn in einer Rechnung die neuen Steuersätze bezüglich Leistungen ausgewiesen werden, die vor dem 1. Januar 2024 erbracht wurden. Eine nachträgliche Berichtigung der Steuer kann nur erfolgen, wenn eine Korrektur der Rechnung nach Art. 27 Abs. 2 Bst. a MWSTG erfolgt oder der Leistungserbringer glaubhaft machen kann, dass dem Bund dadurch kein Steuerausfall entstanden ist.

Die neuen Steuersätze können erstmals ab dem 1. Juli 2023 in den MWST-Abrechnungs-Formularen deklariert werden.

 

Sonstige

Weitere Besonderheiten und Spezialfälle sind insbesondere bei Miet-, Leasing- und Kommissionsverträgen sowie im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug zu berücksichtigen. Auch die Steuerpflichtigen, die nach der Saldosteuersatzmethode abrechnen, haben Anpassungen bei den anwendbaren Steuersätzen zu berücksichtigen.

Hier, wie auch in bestimmten Branchen mit komplexen Leistungsbeziehungen (z.B. Energiebranche), empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig die konkreten Auswirkungen auf das eigene Geschäft zu prüfen und entsprechende Massnahmen zu implementieren. Steuersatzänderungen sind in der Schweiz keineswegs unüblich und die jüngere Vergangenheit zeigt, dass die richtige Behandlung kritischer Fragen im Fokus z.B. von MWST-Audits durch die ESTV steht.

 

Fazit

Als wichtiges Datum für die anstehende Steuersatzänderung gilt der 1. Juli 2023, da ab diesem Zeit-punkt die Abrechnung mit den neuen, erhöhten Steuersätzen möglich ist. Ganz allgemein gilt, dass vor allem bei den automatisierten Buchungssystemen auf eine rechtzeitige Umstellung der Systeme zu achten ist.

Erfahrung mit Steuersatzänderungen in der Vergangenheit zeigt, dass sich In der Praxis regelmässig Konstellationen ergeben, die einer Einzelfallbetrachtung bedürfen und nicht ohne weiteres zu beantworten sind. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die Fragen soweit möglich mit der ESTV direkt zu klären oder einen Experten hinzu zu ziehen.