Mit Urteil 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024 hat sich das Bundesgericht in Fünferbesetzung zur Bindungswirkung der von der ESTV jährlich publizierten Safe-Harbour-Zinssätze geäussert. Nach Auffassung des höchsten Gerichts sind die Steuerbehörden nicht an die publizierten Zinssätze gebunden, wenn zwischen verbundenen Unternehmen Zinssätze vereinbart werden, die unter oder über den publizierten Mindest- oder Höchstzinssätzen liegen. In diesem Fall – so das Bundesgericht – sind die Steuerbehörden vielmehr gehalten, den konkreten marktüblichen Zinssatz zu ermitteln.

Sachverhalt und Prozessgeschichte

Die beschwerdeführende Gesellschaft (A. AG), eine Tochter einer spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft (B. AG), ist aufgrund von Betriebstätten im Kanton Zürich beschränkt steuerpflichtig.[1] Im Jahr 2013 schloss die A. AG mit ihrer Mutter einen Rahmenkreditvertrag mit einer Kreditlimite von maximal CHF 1 Mrd. ab. Gestützt auf diesen Vertag vereinbarten die beiden Gesellschaften ein Darlehen mit fester Laufzeit (61 Monate) über CHF 500 Mio., welches mit 2.5% p.a. zu verzinsen war. In der Differenz zwischen der Kreditlimite und dem festen Darlehen wurde ein Kontokorrent mit einem Zinssatz von 3% p.a. vereinbart.

Das Kantonale Steueramt des Kantons Zürich («KStA ZH») vertrat die Meinung, dass die vereinbarten Zinssätze dem Drittvergleich nicht standhielten, da bei der Festlegung der strittigen Zinssätze insbesondere die bestehende Staatsgarantie der Muttergesellschaft nicht berücksichtigt worden sei. In der Folge machte das KStA ZH für die betroffenen Steuerperioden 2014 und 2015 geldwerte Leistungen geltend, wobei es den seiner Ansicht nach marktüblichen Zinssatz zunächst nach pflichtgemässem Ermessen ermittelte und auf 1 % p.a. festlegte. Die dagegen erhobene Einsprache hiess das Steueramt teilweise gut und setzte den angemessenen Zinssatz neu auf 1,08% fest. Diesen Zinssatz ermittelte die Veranlagungsbehörde aus dem durchschnittlichen Zinssatz für die Refinanzierung der B. AG mit Anleihensobligationen von 0.83% und addierte eine Marge von 0.25%. Dieser Ansatz wurde vom Steuerrekursgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 10. März 2021 bestätigt.

Die gegen das Urteil des Steuerrekursgerichts erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht des Kanton Zürich teilweise gutgeheissen und zur Neuberechnung und zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hielt im Wesentlichen fest, dass die von der ESTV jährlich publizierten Zinssätze auch zu beachten seien, wenn die Steuerpflichtige von diesen abweicht, und dass diese den Bandbreitenrand der drittvergleichskonformen Verzinsung definierten. Eine Korrektur einer nicht marktüblichen Verzinsung sei mithin nur auf die Höhe der jeweiligen Mindest- bzw. Höchstzinssätze möglich. Hiergegen führte das KStA ZH vor Bundesgericht Beschwerde, welches die Position des Verwaltungsgerichts verwarf und die Auffassung des Steueramtes im Ergebnis schützte.

Begründungsansatz und kernaussagen des bundesgerichts

In materieller Hinsicht setzte sich das Bundesgericht zunächst kurz mit dem Einwand des KStA ZH auseinander, die von der ESTV publizierten Zinsrundschreiben seien für die Staats- und Gemeindesteuern nicht anwendbar und nur für die direkte Bundessteuer und die Verrechnungssteuer verbindlich. Diesbezüglich erinnerte das höchste Gericht daran, dass es sich beim Gewinnsteuerrecht um eine harmonisierte Materie handle, weshalb die Zinssätze der ESTV auch für die Staats- und Gemeindesteuern anwendbar seien.[2]

In Bezug auf den Charakter der ESTV-Zinsrundschreiben betreffend die zulässigen Zinssätze führte das Bundesgericht zunächst aus, dass diese der Vereinfachung bei der Anwendung des Prinzips der Marktüblichkeit dienen würden. Die Vereinfachung liege darin, dass die publizierten Zinssätze als «safe harbour rules» die Annahme begründen, es läge keine geldwerte Leistung vor, wenn sich die steuerpflichtige Person an die Regeln hält.[3] Umgekehrt bzw. wenn die steuerpflichtige Person von den publizierten Zinsätzen abweiche, gelte hingegen die widerlegbare Vermutung einer geldwerten Leistung. Diesfalls obliege es der Steuerpflichtigen, nachzuweisen, dass die Zinszahlungen dem Drittvergleich standhalten. Gleichzeitig hielt das Bundesgericht fest, von den Zinsrundschreiben der ESTV sei nur abzuweichen, dann die anwendbaren Gesetzesbestimmungen nicht überzeugend konkretisieren würden.[4]

Mit Blick auf den zu beurteilenden Sachverhalt führte das Bundesgericht aus, die Bindungswirkungen der Zinsrundschreiben bestehe nur solange, als sich die steuerpflichtige Person selbst an die darin definierten Zinssätze halten würde. Weiche diese davon ab, «[sei] kein Grund ersichtlich, weshalb die Steuerbehörde weiterhin daran gebunden sein soll und nicht ihrerseits den Nachweis einer Drittvergleichskonformität erbringen […] [dürfe]».[5] In diesen Fällen lägen alsdann auch weder eine Verletzung des Vertrauensschutzes noch des Gleichbehandlungsgebots vor, zumal die steuerpflichtige Person selbst von den ESTV-Zinssätzen abgewichen sei. Mit dem Abweichen der genannten Zinssätze würde schliesslich auch der Zweck der «safe harbour rules», d.h. die administrative Vereinfachung, vereitelt, da die Steuerbehörden in diesen Fällen zu überprüfen habe, ob der geltend gemachte Zinssatz marktkonform ist.[6] Vor diesem Hintergrund erkannte das Bundesgericht keine Rechtsverletzung indem das KStA ZH vorliegend den ihres Erachtens marktüblichen Zinssatz – in Abweichung der ESTV-Zinssätze – ermittelt hat.

In Bezug auf die Ermittlung des marktüblichen Zinssatzes durch das KStA ZH stellte das Bundesgericht fest, dass sich das Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich nicht mit der Frag der Zulässigkeit der Berücksichtigung einer Marge von 0.25% gestützt auf die Zinsrundschreiben der ESTV nicht befasst habe. Diesbezüglich hat das Bundesgericht die Sache an die Vorinstanz zur erneuten Beurteilung zurückgewiesen.

Überlegungen zu den bundesgerichtlichen erwägungen und deren tragweiteazit

Das dargestellte Urteil des Bundesgerichts wirft sowohl aufgrund des Begründungsansatzes und der möglichen Konsequenzen für die Praxis verschiedene Fragen auf, auf die im Folgenden einzugehen ist.

Was die verneinte Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes betrifft, ist dem Bundesgericht soweit zuzustimmen, wenn gewährleistet ist, dass die Steuerbehörden in allen Fällen, in welchen eine steuerpflichtige Person von den ESTV-Zinssätzen abweicht, konsequent und lückenlos den ihrerseits als marktüblich geltenden Zinssatz ermittelt. Mit anderen Worten sollte eine einzelfallweise Berufung durch die Steuerbehörden auf die ESTV-Zinssätze ausgeschlossen bleiben, da dies andernfalls zu einer Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen führen würde, die von den ESTV-Zinssätzen abweichen. So verstösse die einzelfallbezogene Geltendmachung der effektiv höheren Verwaltungskosten durch die Steuerbehörden bei der Bemessung des Beteiligungsabzugs – soweit dies überhaupt vom Gesetzgeber gewollt ist[7] – gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.[8]

Nicht – wenn überhaupt – vollends zu überzeugen vermag alsdann die Argumentation des Bundesgerichts, wonach der Zweck der Zinsrundschreiben in der administrativen Vereinfachung nicht mehr erreicht werden könne, wenn die steuerpflichtige Person von den zulässigen Höchstzinsen abweiche. Nach der nun ergangenen Rechtsprechung des Bundesgericht können sich die Steuerbehörden (unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes) nicht mehr auf die Prüfung der zum Nachweis der Drittvergleichskonformität vorgelegten Verrechnungspreisstudien beschränken, sondern müssen nun ihrerseits – sofern sie der Ansicht sind, dass der Nachweis nicht gelungen ist – den effektiv marktüblichen Zinssatz bestimmen. Zwar bringt der (versuchte) Nachweis der drittvergleichskonformen Verzinsung durch die Steuerpflichtigen entsprechenden Aufwand bei der Steuerbehörde mit sich. Dies an sich verhindert den Zweck der administrativen Vereinfachung aber nur teilweise. Vollständig vereitelt wird dieser Zweck erst durch die vom KStA ZH vertretene und vom Bundesgericht geschützte Position, es sei Aufgabe der Steuerbehörde, den konkret anzuwendenden Zinssatz (und nicht bloss einen Zinsrahmen) festzulegen. Ginge es effektiv (bloss) um die administrative Vereinfachung, ist kein Grund ersichtlich, weshalb bei nicht gelungenem Nachweis der at arm’s length Verzinsung (zur Vereinfachung) nicht auf die ESTV-Zinssätze abzustellen ist. Stattdessen müssen die Steuerbehörden nach der nun geltenden Rechtsprechung den tatsächlich drittvergleichskonformen Zinssatz ermitteln.

Was die Anforderungen an den von den Steuerbehörden zu erbringenden Nachweis des ihres Erachtens marktüblichen Zinssatzes betrifft, scheint es nahezuliegen, auf dieselben Anforderungen an den Nachweis des Drittvergleichs bzw. die Verrechnungspreisstudie abzustellen, wie sie von der ESTV für die Steuerpflichtigen definiert worden sind. Mithin müsste die vorzulegende Verrechnungspreisstudie folgende Elemente umfassen, wobei für die ersten beiden Punkte die Mitwirkungspflicht des betroffenen Steuerpflichtigen herangezogen werden kann[9]:

  • Eine detaillierte Beschreibung der Hauptmerkmale der relevanten Transaktion, die sich auf den Zinssatz auswirken könnten.
  • Eine Analyse des Kreditratings des Darlehensnehmers.
  • Eine Suche nach vergleichbaren Transaktionen, die unter Berücksichtigung der wichtigsten Vergleichbarkeitsfaktoren erstellt wird.

Hinsichtlich der anwendbaren Verrechnungspreismethoden gilt bei Zinsen die Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method, CUP-Methode) als die primär anzuwendende Verrechnungspreismethode. Daneben ist in der schweizerischen Praxis auch die Geldbeschaffungskostenmethode (Cost of Funds Method) anerkannt, an der sich das KStA ZH offensichtlich orientiert hat. Bei diesem Ansatz wird der Zinssatz auf Basis der Kosten für die Beschaffung der finanziellen Mittel durch den Kreditgeber zuzüglich einer Risikoprämie sowie einer Gewinnmarge ermittelt. Bei der Margenbestimmung ist eine Einzelfallbeurteilung unter Berücksichtigung des Kreditratings des Kreditnehmers erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist der Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts in Bezug auf die vom KStA ZH angewendete Zinsmarge von 0.25%, welche sich wiederum auf das Zinsrundschreiben der ESTV abstützt, im Lichte der übrigen Erwägungen nur konsequent.

Schliesslich wirft auch die bundesgerichtliche Feststellung Fragen auf, wonach es Aufgabe der Steuerbehörde sei, einen konkret anzuwendenden Zinssatz und nicht (bloss) einen Zinsrahmen festzulegen habe. Diese Aussage kann mit der state of the art Verrechnungspreismethodik nicht in Übereinstimmung gebracht werden. Das Bundesgericht verkennt, dass für die marktübliche Verzinsung grundsätzlich nur eine Bandbreite ermittelt werden kann bzw. dass es wenig wahrscheinlich ist, dass es nur einen Marktzins für eine bestimmte Transaktion gibt.[10] Dabei gilt der Grundsatz, dass eine Korrektur der effektiv vereinbarten Konditionen zwischen verbundenen Unternehmen nur auf den oberen oder unteren Rand der Bandbreite zulässig ist. Dieser Grundsatz wird nun vom Bundesgericht – zumindest in Bezug auf Zinsen – unnötig in Frage gestellt. Ebenfalls in Frage gestellt wird, inwiefern die von der ESTV publizierten Zinssätze dem Drittvergleich entsprechen, wenn diese in bestimmten Fällen nicht als Grundlage zur Festsetzung geldwerter Leistungen herangezogen werden können sollen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich gewisse Steuerverwaltungen auf den Standpunkt stellen, die Bandbreite der marktkonformer Zinssätze sei relativ eng, womit ein Abweichen von den ESTV-Zinssätzen von mehr als 25% per se nicht drittvergleichskonform und das Erbringen des Gegenbeweises durch die Steuerpflichtige (faktisch) ausgeschlossen sei.[11] Diese Position kann bei konsequenter Berücksichtigung der nun ergangenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr aufrecht erhalten werden.

Fazit

Mit Blick auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt kann festgehalten werden, dass das Abweichen durch das KStA ZH von den ESTV-Zinssätzen durchaus als einzelfall- und sachgerecht betrachtet werden kann. Die vom Bundesgericht gewählte Begründung zur Rechtfertigung des Abweichens von den ESTV Zinssätzen vermag aber nicht zu überzeugen und führt zu unnötigen Unsicherheiten. Es wäre sachgerechter gewesen, die Spezialität des Einzelfalls herauszustreichen und damit eine sachverhaltsbezogene Begründungslinie zu fahren. Diesbezüglich hätte das Bundesgericht auf den Grundsatz abstellen können, dass von den Zinsrundschreiben der ESTV (nur) abgewichen werden kann, wenn sie die anwendbaren Gesetzesbestimmungen nicht überzeugend konkretisieren, was vorliegend durchaus hätte argumentiert werden können.

Wünschenswert wäre nun, wenn die ESTV das nun vorliegende Urteil des Bundesgerichts als Impuls zur Ausdifferenzierung ihres Zinsrundschreibens verstehen und namentlich den Anwendungsbereich der «safe harbour-rules» genauer abstecken würde.[12] Damit würde die Rechtssicherheit der Steuerpflichtigen erhöht und es könnte der zu erwartende Mehraufwand für die Steuerbehörden abgefedert werden. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu beachten, dass das Kreditrating des Darlehensnehmers und die konkrete Ausgestaltung der Finanzierung für die einzelfallbezogene Ermittlung eines drittvergleichskonformen Zinssatzes von erheblicher Bedeutung sind. So ist z.B. zu beurteilen, welchen Einfluss Sicherheiten, Laufzeit und Rückzahlungsprivilegien (oder das Fehlen von solchen) haben und ob bzw. wie ein impliziter Konzernrückhalt oder ein Konzernrating zu berücksichtigen sind bzw.

Da ein Abweichen von den Zinsrundschreiben der ESTV schon immer zu einer faktischen Nachweispflicht der Drittvergleichskonformität der verwendeten Zinssätze geführt hat, ist – auch im Lichte dieses Entscheids – Unternehmensgruppen weiterhin zu empfehlen, eine entsprechende Verrechnungspreisanalyse und -dokumentation zu erstellen.

Zürich, 23. August 2024

[1]    Vgl. zur detaillierteren Sachverhaltsbeschreiben das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich SB.2021.00056 vom 25. Mai 2022.
[2]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 6.1.
[3]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 4.1.
[4]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 4.2.
[5]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 6.2.
[6]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 6.2 in fine.
[7]    Vgl. Attenhofer, in: Klöti-Weber/Schudel/Schwarb, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 5. Aufl., Bern 2023, Rz. 35 zu § 27b; Vitali, ibid., Rz. 86 zu § 76.
[8]    Vgl. Greter, Der Beteiligungsabzug im harmonisierten Gewinnsteuerrecht, Diss., Zürich 2000, S. 142.
[9]    Vgl. https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/internationales-steuerrecht/verrechnungspreise.html, Frage 23.
[10]    Vgl. https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/internationales-steuerrecht/verrechnungspreise.html, Frage 32.
[11]    Vgl. Harbeke/Hug/Scherrer, Verrechnungspreisrecht der Schweiz, Grundlagen und Praxis, Zürich, 2022, Rz. 1188.
[12]    Vgl. hierzu auch die Kritik an den ESTV-Zinsrundschreiben bei Harbeke/Hug/Scherrer, a.a.O., Rz. 1226.

sachverhalt

A AG ist tätig im Bereich Beschaffung, Halten, Finanzierung, Betrieb, Vermietung und Leasing von Luftfahrzeugen. A AG wird von der Unternehmung B gehalten. Eigentümerin der B ist die Familie C.

Im Jahr 2012 erwarb die A AG ein Luftfahrzeug und schloss einen „Aircraft Management- und Charter“-Vertrag mit der Firma D. A AG übertrug in dem Vertrag das ausschließliche Recht, das Luftfahrzeug zu verwalten und es gegenüber Dritten zu betreiben auf D.

Alle mit dem Luftfahrzeug durchgeführten Flüge wurden von der Firma D. in Rechnung gestellt. Von den vereinnahmten Entgelten behielt D einen bestimmten Betrag als Provision zurück. Den Restbetrag rückvergütete D an A AG als Mietzahlung. Im Einzelnen sah die Vereinbarung Folgendes vor:

  • Flüge durch Dritte («Charter»): A AG erhält 85% abzüglich Provision.
  • Flüge durch Nahestehende der A AG, Führungskräfte der Familie C etc. («Key Charter»): A AG erhält 100% der durch D vereinnahmten Entgelte abzüglich CHF 100 pro Flugstunde.

Der Vertrag sah ausserdem vor, dass D für jeden Charterflug die vorherige Zustimmung der A AG einholen müsse. Darüber hinaus würde sie die A AG auf deren Wunsch über alle Fluganfragen potenzieller Charterkunden informieren. A AG behielt sich das Recht vor, nach eigenem Ermessen jeden von der D angebotenen Charterflug zu genehmigen oder abzulehnen.

Im Jahr 2012 bestätigte die ESTV der A AG den Vorsteuerabzug hinsichtlich Einfuhrsteuer auf das Flugzeug und von D in Rechnung gestellter Inlandsteuer. Dem Entscheid lag eine Rulinganfrage zugrunde, die von folgender Nutzungsprognose ausging:

  • 52 % Nutzung durch Dritte
  • 28 % Nutzung für den privaten Gebrauch nahestehender Personen der A AG und
  • 20 % Nutzung für die Angehörige der C

Wie sich später herausstellte erfolgte die tatsächliche Nutzung zu über 50% für private Bedürfnisse der A AG und ihre nahestehender Personen. In der Folge versagte die ESTV den Vorsteuerabzug im Umfang der Nutzung für nicht-gewerbliche Zwecke und qualifizierte die Struktur in Bezug auf das Flugzeug als missbräuchlich.

fragestellung bzw. problematik

Streitgegenständlich ist insbesondere die Frage, ob der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, soweit das Flugzeug für den privaten Gebrauch der wirtschaftlich Berechtigten (A AG und ihre nahestehende Personen) genutzt wird.

entscheid des Bundesgerichts

9C_775/2023
Das Bundesgericht hat sich in seinem früheren Urteil (BGE 149 II 53) bei der Festlegung der Schwelle, ab der eine private Nutzung eines Flugzeugs nicht mehr als Teil einer unternehmerischen Tätigkeit gilt, an der Praxis der ESTV orientiert. Demnach ist eine private Nutzung von bis zu 20 % nicht schädlich. Wenn dieser Wert überschritten wird, fällt die gesamte private Nutzung des Flugzeugs durch den wirtschaftlich Berechtigten und die ihm nahestehenden Personen aus dem Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer heraus und berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug.

Sowohl die Vorinstanz als auch die Beschwerdeführerin gehen zu Recht davon aus, dass die A AG eine unternehmerisch tätige Einheit bildet (nach dem Grundsatz der Einheit des Unternehmens in BGE 142 II 488), was vorliegend auch vom Bundesgericht bestätigt wird. Aber auch bei Vorliegen einer Unternehmenseinheit ist der Vorsteuerabzug nur im Umfang der unternehmerischen Tätigkeit möglich.

Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin wirft die Frage auf, ob eine Vorsteuerkorrektur nötig ist, obschon das Konstrukt eine ausschliesslich unternehmerische Nutzung des Flugzeugs vorsieht. Dies bejaht das Bundesgericht, da die private Nutzung mehr als 20 % der Gesamtnutzung ausmacht und insofern nicht in den Anwendungsbereich der MWST fällt. Insofern bestand nach Ansicht des Gerichts nie das Recht, die Vorsteuer geltend zu machen.

fazit

Flugzeughaltestrukturen sind regelmässig im Fokus der MWST-Revisoren. Das Urteil bestätigt im Wesentlichen die Praxis der ESTV und deren restriktiven Ansatz. Das Urteil geht über Flugzeughaltestrukturen hinaus und Steuerpflichtige sollten in einschlägigen Konstellationen (z.B. Ferienhäuser, Fahrzeuge, Boote) stets den Anteil der «faktisch» privaten Nutzung dieser Gegenstände im Auge behalten.

Erbringt ein Ausländer sog. elektronische Dienstleistungen an Konsumenten (b2c) im Inland, führt dies schnell dazu, dass sich der Ausländer im Inland mehrwertsteuerlich registrieren und Mehrwertsteuer auf seine Leistungen an Schweizer Kunden abrechnen muss. Leistungen, die nicht als elektronische Leistungen gelten, lösen hingegen regelmässig keine Registrierungspflicht aus, da hier allenfalls der Leistungsempfänger die Bezugsteuer schuldet (auch wenn er Konsument und kein Unternehmer ist). Die Frage dabei bleibt: Wann gilt eine Leistung eigentlich als „elektronische Dienstleistung“?

Hintergrund

Elektronische Dienstleistungen folgen den allgemeinen Regeln zur Leistungsortsbestimmung für Zwecke der Mehrwertsteuer. Das heisst, im Regelfall sind sie dort zu besteuern, wo der Leistungsempfänger ansässig oder wohnhaft ist („Empfängerortsprinzip“). Was elektronische von anderen Dienstleistungen unterscheidet ist in erster Linie, dass sie zu einer Registrierungspflicht des ausländischen Leistungserbringers führen, wenn Kunden inländische Konsumenten sind (b2c). Erbringt ein Ausländer, der in der Schweiz nicht MWST-registriert ist, eine „normale“ Dienstleistung an einen inländischen Leistungsempfänger und unterliegt diese Leistung dem Empfängerortsprinzip, schuldet der Inländer hierauf die Bezugsteuer, wenn er entweder steuerpflichtig ist (b2b) oder für mehr als 10‘000 CHF im Jahr solche Leistungen bezieht (b2c). Der Ausländer wird aufgrund dieses Sachverhaltes nicht in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig.

Etwas anderes gilt, wenn der Ausländer eine sog. elektronische Dienstleistung erbringt. Hier bleibt der Ausländer Steuerschuldner und muss sich in der Schweiz für Zwecke der Mehrwertsteuer registrieren, um die Mehrwertsteuer gegenüber der ESTV abzurechnen.

Nach Praxis der ESTV gilt eine Dienstleistung als elektronische Dienstleistung, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • Sie wird über das Internet oder ein anderes elektronisches Netz erbracht
  • sie wird automatisiert erbracht und die menschliche Beteiligung seitens des Leistungserbringers ist minimal
  • das Erbringen der Dienstleistungen ist ohne Informationstechnologie nicht möglich.

Dabei ergeben sich im Einzelfall Abgrenzungsfragen, ob eine Dienstleistung im konkreten Fall als elektronische Dienstleistung qualifiziert. Mit einer solchen Abgrenzungsfrage hatte sich das Bundesgericht jüngst auseinanderzusetzen (Urteil vom 25. Oktober 2024, 9C_482/2024). Dabei stand vor allem die Frage der „minimalen menschlichen Beteiligung seitens des Leistungserbringers“ im Fokus. 

Sachverhalt

9C_482/2024 BG
A mit Sitz in Ausland betreibt Online-Sportwetten. Die ESTV hat A rückwirkend in das MWST-Register eingetragen und eine Steuernachforderung festgesetzt, da A in der Schweiz elektronische Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringe, die Umsatzlimite erreiche und daher steuerpflichtig sei. A hat sowohl die Erbringung elektronischer Dienstleistungen als auch die Steuerpflicht bestritten.

Entscheid 

Die strittige Frage in diesem Fall war, ob die von A erbrachte Dienstleistung automatisiert und nur mit einem Minimum an menschlicher Beteiligung erbracht wird.

ESTV und Bundesverwaltungsgericht gingen davon aus, dass die streitige Dienstleistung in der Einräumung einer bedingten Möglichkeit zur Erzielung eines vereinbarten Gewinns bestehe. Die menschliche Einflussnahme beschränke sich beim Angebot von A auf die Ermittlung der Wettquoten und andere Vorbereitungshandlungen, die auf den Abschluss künftiger Wetten abzielten, sei selbst aber nicht Teil der mehrwertsteuerlich relevanten Dienstleistung. Dem hielt A entgegen, dass im Rahmen der Leistungserbringung durchaus erhebliche Tätigkeiten der Mitarbeiter stattfänden: Bei Live-Wetten müssten die Wettquoten ständig manuell bearbeitet werden. Auch stehe den Kunden ein Support-Team zur Verfügung, das sie bei Fragen und Problemen kontaktieren können.

Das Bundesgericht verwies in seinem Entscheid auf den wesentlichen Kern des Leistungsverhältnisses und folgte darin der Argumentation der Vorinstanz. Die von A geltend gemachten menschlichen Interventionen seien zwar von erheblicher Bedeutung, beschränkten sich jedoch auf die Ausgestaltung eines Produkts, das Gegenstand des Angebots bilde (und nicht der Dienstleistung selbst). Menschliches Wirken im Rahmen von Vorbereitungs-, Entwicklungs- und Wartungsarbeiten bleiben nach der Verwaltungspraxis der ESTV unberücksichtigt

Im Rahmen der Erbringung der Dienstleistung selbst sei menschliche Intervention stets dann als „minimal“ zu erachten, wenn sie nicht dazu dient, auf individuelle Kundenwünsche einzugehen. Das Gericht verweist auf den menschlichen Croupier im Online-Casino oder den Dozenten bei einem Online-Kurs, der den Teilnehmenden nicht die Möglichkeit zur Interaktion vor, während oder nach dem Seminar bietet. Obgleich Service und Support für das Angebot von A unverzichtbar seien, stellten sie keinen integralen Bestandteil der eigentlichen elektronischen Dienstleistung dar. Vielmehr handelte es sich dabei um Leistungen, die lediglich eine zugeordnete Funktion erfüllten. Dies unterscheide sie von Tätigkeiten mit nicht nur minimaler menschlicher Beteiligung, zu denen beispielsweise das Beraten, Bewerten, Abgeben von individuellem Feedback oder das Beantworten von Fragen zählten.

Fazit

Das Urteil macht deutlich, dass Dienstleistungen aus Schweizer Sicht schneller als elektronische Dienstleistungen zu beurteilen sein können, als mancher Unternehmer wahrhaben mag. Dass eine reale Person vor während oder nach der Leistungserbringung involviert ist, hilft hier bisweilen wenig. Zu beachten ist dabei auch, dass elektronische Dienstleistungen im b2c Bereich auch im (europäischen) Ausland Sonderregelungen unterliegen, die es für Schweizer Unternehmen erforderlich machen können, ausländische Mehrwertsteuer abzurechnen. Wer seine Dienstleistungen daher nicht mehr nur mittels Brief seinen ausländischen Kunden zugänglich macht, ist daher gut beraten, seine Leistungen vom MWST-Experten qualifizieren zu lassen. Andernfalls können erheblich MWST-Risiken drohen.

Am 1. Januar 2025 traten diverse steuerliche Bestimmungen in Kraft. Diese reichen von der Einführung der internationalen Ergänzungssteuer (IIR) über die Teilrevision der Mehrwertsteuer zur Plattformbesteuerung hin zur Reduktion der Einfuhrgrenze im Reiseverkehr auf CHF 150. Im Folgenden werden die wesentlichsten Punkte der neu in Kraft tretenden Änderungen im Sinne eines Überblicks zusammengefasst.

Einführung der Income Inclusion Rule (IRR)

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 4. September 2024 beschlossen, die internationale Ergänzungssteuer, d.h. die sog Income Inclusion Rule (IRR) per 1. Januar 2025 in Kraft zu setzen. Die IIR soll sicherstellen, dass Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften von Schweizer Unternehmensgruppen und von Zwischenholdings ausländischer Unternehmensgruppen mit mindestens 15 Prozent besteuert werden. Dies gilt für Unternehmensgruppen, die weltweit einen Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro erzielen.

Ohne die Einführung der IRR hätten andere Staaten gemäss den OECD/G20-Regeln zur Mindestbesteuerung das Recht, diese ausländischen Gewinne im Rahmen der sogenannten Undertaxed Profits Rule (UTPR) zu besteuern. Die Schweiz verzichtet bis auf Weiteres darauf, die UTPR in Kraft zu setzen.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar.

Teilrevision Mehrwertsteuer

Ab dem 1. Januar 2025 treten ebenfalls das teilrevidierte Mehrwertsteuergesetz und die teilrevidierte Mehrwertsteuerverordnung in Kraft. Hervorzuheben sind dabei namentlich die Änderungen im Zusammenhang mit der Plattformbesteuerung. Betreiber von elektronischen Plattformen, die eine Lieferung als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer und einen diesbezüglichen Vertragsabschluss auf ihrer Plattform ermöglichen, gelten gegenüber dem Käufer neu ausdrücklich als Leistungserbringer. Konkret wird die Lieferung in zwei fiktive Lieferungen aufgeteilt wobei die erste Lieferung zwischen dem Verkäufer und dem Plattformbetreiber steuerbefreit ist und die zweite Lieferung zwischen dem Plattformbetreiber und dem Käufer besteuert wird.

Weitere Informationen hierzu und zu den weiteren mehrwertsteuerlichen Änderungen sind unter diesem LINK abrufbar.

Meldepflicht der Steuerverwaltungen bei nicht fristgerechtem Einreichen der Jahresrechnung

Mit der Einführung des Bundesgesetzes über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses, geht unter anderem die Einführung von Art. 112 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) einher. Nach dieser Bestimmung werden die Steuerbehörden verpflichtet, dem Handelsregisteramt Meldung zu erstatten, falls innert drei Monaten nach Ablauf der entsprechenden Fristen keine unterzeichnete Jahresrechnung durch die Gesellschaft eingereicht wird. Zudem müssen öffentlich-rechtliche Gläubiger, wie z.B. die Steuerverwaltungen, zwingend auf Konkurs betreiben, wenn der Schuldner im Handelsregister eingetragen ist.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar

Leibrenten werden ab 2025 flexibel besteuert

Ab 2025 wird die Besteuerung von Leibrenten in der Säule 3b in Erfüllung der Motion „Stopp der Steuerstrafe in der Säule 3b» flexibel an die jeweiligen Anlagebedingungen angepasst. Damit wird die bisherige systematische Überbesteuerung bei Rentenleistungen beseitigt und bei Rückgewähr und bei Rückkauf von Leibrentenversicherungen deutlich gemildert. Bis anhin wurde ein pauschaler Ertragsanteil von 40 Prozent der Rentenleistungen besteuert und die übrigen 60 Prozent als steuerfreie Kapitalrückzahlung behandelt. Ab 1. Januar 2025 richtet sich der steuerbare Ertragsanteil der garantierten Rentenleistung bei Leibrentenversicherungen im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes nach dem Höchstzinssatz der FINMA. Überschussleistungen, die über die garantierten Renten hinausgehen, werden zu 70 Prozent besteuert. Der steuerbare Ertragsanteil von laufenden Leibrenten unterliegt der Verrechnungssteuer und ist von den Versicherungsgesellschaften jährlich an die ESTV zu melden. Diese Meldungen werden zu Kontrollzwecken an die kantonalen Steuerverwaltungen weitergeleitet.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar

Nachträgliche Einkäufe in die Säule 3a

Ab dem 1. Januar 2025 wird es zudem möglich sein, versäumte Beiträge in die Säule 3a steuerbegünstigt nachträglich einzuzahlen. Wer ab dem 1. Januar 2025 keine oder nur teilweise Einzahlungen in die gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a) geleistet hat, kann diese künftig bis zu zehn Jahre rückwirkend nachholen und vollständig vom steuerbaren Einkommen abziehen. Konkret wird zusätzlich zu den regulären Beiträgen pro Jahr ein Einkauf maximal in Höhe des sogenannten «kleinen Beitrags» möglich sein. Für einen nachträglichen Einkauf gelten folgende Voraussetzungen:

  • Die berechtigte Person muss im Jahr des Einkaufs sowie im Jahr, für das nachträglich eingezahlt wird, über ein AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen in der Schweiz verfügen.
  • Der ordentliche Jahresbeitrag für das betreffende Jahr muss vollständig eingezahlt sein, bevor ein Einkauf vorgenommen werden kann.

Anzumerken ist, dass die vorgenannten Änderungen nur für Beitragslücken ab dem Jahr 2025 gelten, womit Einkäufe erstmals im Steuerjahr 2026 rückwirkend für das Jahr 2025 getätigt werden können. Einzahlungen für versäumte Einkäufe vor 2025 sind daher nicht möglich.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar

Grundlage zur Besteuerung der Telearbeit von Grenzgängerinnen und Grenzgängern

Das Besteuerungsrecht von Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit richtet sich in Doppelbesteuerungsabkommen grundsätzlich danach, wo die Arbeit physisch ausgeübt wird. Im Falle von Telearbeit würde das Besteuerungsrecht daher vom Sitzstaat der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers in den Wohnsitzstaat der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wechseln.

Mit der Gesetzesänderung wird nun eine binnenrechtliche Grundlage für die Quellenbesteuerung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ohne steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz geschaffen, die für einen Schweizer Arbeitgeber aus einem Nachbarstaat im Homeoffice tätig sind.

Diese Regelung steht im engen Zusammenhang mit den internationalen Abkommen zur Zuteilung des Besteuerungsrechts zwischen der Schweiz und ihren Nachbarstaaten. Die Zusatzvereinbarungen mit Frankreich und Italien schaffen die Möglichkeit, dass Telearbeit für einen Schweizer Arbeitgeber bis zu einem bestimmten Umfang weiterhin in der Schweiz besteuert wird, auch wenn die Arbeit nicht vor Ort erfolgt. Konkret erlaubt das Zusatzabkommen mit Frankreich eine Besteuerung durch die Schweiz, wenn bis zu 40 Prozent der Arbeitszeit ausserhalb der Schweiz geleistet wird. Beim Protokoll mit Italien gilt eine Obergrenze von 25 Prozent der Arbeitszeit.

Die neue Besteuerungsgrundlage dient der Umsetzung dieser staatsvertraglichen Regelungen und gewährleistet, dass die Schweiz ihr Besteuerungsrecht entsprechend ausüben kann.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar

Senkung der Wertfreigrenze im Reiseverkehr auf CHF 150 pro Person

Mit der Anpassung der Verordnung des EFD über die steuerbefreite Einfuhr von Gegenständen in kleinen Mengen, von unbedeutendem Wert oder geringfügigem Steuerbetrag dürfen Waren zum privaten Gebrauch von Reisenden nur noch bis zu einem Gesamtwert von CHF 150 (bis anhin: CHF 300) pro Person und Tag steuerfrei eingeführt werden. Überschreitet der Gesamtwert diese Grenze, muss auf den eingeführten Waren die Schweizer Mehrwertsteuer entrichtet werden.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar

In unserem Blogbeitrag vom Mai (zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2023, A-1573/2022) haben wir uns mit der Funktion einer Online-Plattform im Bereich der Lieferdienste beschäftigt. Der Fall wurde vor das Bundesgericht (BG) weitergezogen. In seiner Entscheidung folgt das Bundesgericht der Vorinstanz nicht und qualifiziert die Plattform als reine Vermittlerin der Essenslieferungen. 

HINTERGRUND

Refresher: Die Steuerpflichtige betrieb eine Online-Plattform, über die Kunden Essen bestellen und zu sich liefern lassen konnten. Auf der Plattform boten verschiedene Restaurants ihre Gerichte an. Die Plattform vertrat die Auffassung, sie selbst sei Lieferantin der Gerichte (und vermittle nicht lediglich zwischen Kunden und Restaurants). Entsprechend stellte sie „ihre“ Leistungen (Lieferung der Gerichte inkl. Lieferservicegebühren) den Kunden zum reduzierten Steuersatz in Rechnung. Die ESTV vertrat dagegen die Auffassung, die Plattform sei lediglich Vermittlerin zwischen Restaurants und Kunden. Entsprechend dürften nur die Restaurants ihre Leistungen zum reduzierten Satz abrechnen. Die Leistung der Plattform selbst sei zum Normalsatz zu versteuern.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) schloss sich der Auffassung der Steuerpflichtigen an.  Es stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die mutmassliche Wahrnehmung der Kunden bei Nutzung der Plattform (Auswahl der Speisen, Bestellung, Bezahlung und Lieferung). Dass z.B. die AGB die Plattform ausdrücklich als Vermittlerin identifizierten, erachtete das BVG hingegen als nicht derart gewichtig, um die Gesamtwahrnehmung im Übrigen zu überlagern.

URTEIL DES BUNDESGERICHTS

Vom 8. August (9C_67/2024)

Das BG rückt bei seiner Entscheidung objektive Kriterien wie AGB und Rechnungsdokumente in den Fokus bei der Analyse der mutmasslichen Kundenwahrnehmung. Insbesondere hatte die Plattform die Partnerrestaurants stets benannt und waren diese den Kunden bei Nutzung der Plattform stets bekannt und war sich aus Sicht des BG für die Nutzer stets erkennbar, dass sie die Speisen unmittelbar von den Partnerrestaurants und nicht der Plattform bezogen (durch entsprechende Hinweise während des Bestellprozesses sowie in den AGB). 

Fazit

Das Urteil des Bundesgerichts dürfte bei den Steuerpflichtigen für mehr Rechtssicherheit sorgen, da es die schriftliche Dokumentation in Form von beispielsweise AGB höher gewichtet. Da im Ergebnis eine Gesamtschau der Umstände im konkreten Fall massgeblich ist, bleibt die bedachte Gestaltung des Aussenauftritts insgesamt von entscheidender Bedeutung.