Mit Urteil 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024 hat sich das Bundesgericht in Fünferbesetzung zur Bindungswirkung der von der ESTV jährlich publizierten Safe-Harbour-Zinssätze geäussert. Nach Auffassung des höchsten Gerichts sind die Steuerbehörden nicht an die publizierten Zinssätze gebunden, wenn zwischen verbundenen Unternehmen Zinssätze vereinbart werden, die unter oder über den publizierten Mindest- oder Höchstzinssätzen liegen. In diesem Fall – so das Bundesgericht – sind die Steuerbehörden vielmehr gehalten, den konkreten marktüblichen Zinssatz zu ermitteln.
Die beschwerdeführende Gesellschaft (A. AG), eine Tochter einer spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft (B. AG), ist aufgrund von Betriebstätten im Kanton Zürich beschränkt steuerpflichtig.[1] Im Jahr 2013 schloss die A. AG mit ihrer Mutter einen Rahmenkreditvertrag mit einer Kreditlimite von maximal CHF 1 Mrd. ab. Gestützt auf diesen Vertag vereinbarten die beiden Gesellschaften ein Darlehen mit fester Laufzeit (61 Monate) über CHF 500 Mio., welches mit 2.5% p.a. zu verzinsen war. In der Differenz zwischen der Kreditlimite und dem festen Darlehen wurde ein Kontokorrent mit einem Zinssatz von 3% p.a. vereinbart.
Das Kantonale Steueramt des Kantons Zürich («KStA ZH») vertrat die Meinung, dass die vereinbarten Zinssätze dem Drittvergleich nicht standhielten, da bei der Festlegung der strittigen Zinssätze insbesondere die bestehende Staatsgarantie der Muttergesellschaft nicht berücksichtigt worden sei. In der Folge machte das KStA ZH für die betroffenen Steuerperioden 2014 und 2015 geldwerte Leistungen geltend, wobei es den seiner Ansicht nach marktüblichen Zinssatz zunächst nach pflichtgemässem Ermessen ermittelte und auf 1 % p.a. festlegte. Die dagegen erhobene Einsprache hiess das Steueramt teilweise gut und setzte den angemessenen Zinssatz neu auf 1,08% fest. Diesen Zinssatz ermittelte die Veranlagungsbehörde aus dem durchschnittlichen Zinssatz für die Refinanzierung der B. AG mit Anleihensobligationen von 0.83% und addierte eine Marge von 0.25%. Dieser Ansatz wurde vom Steuerrekursgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 10. März 2021 bestätigt.
Die gegen das Urteil des Steuerrekursgerichts erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht des Kanton Zürich teilweise gutgeheissen und zur Neuberechnung und zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hielt im Wesentlichen fest, dass die von der ESTV jährlich publizierten Zinssätze auch zu beachten seien, wenn die Steuerpflichtige von diesen abweicht, und dass diese den Bandbreitenrand der drittvergleichskonformen Verzinsung definierten. Eine Korrektur einer nicht marktüblichen Verzinsung sei mithin nur auf die Höhe der jeweiligen Mindest- bzw. Höchstzinssätze möglich. Hiergegen führte das KStA ZH vor Bundesgericht Beschwerde, welches die Position des Verwaltungsgerichts verwarf und die Auffassung des Steueramtes im Ergebnis schützte.
In materieller Hinsicht setzte sich das Bundesgericht zunächst kurz mit dem Einwand des KStA ZH auseinander, die von der ESTV publizierten Zinsrundschreiben seien für die Staats- und Gemeindesteuern nicht anwendbar und nur für die direkte Bundessteuer und die Verrechnungssteuer verbindlich. Diesbezüglich erinnerte das höchste Gericht daran, dass es sich beim Gewinnsteuerrecht um eine harmonisierte Materie handle, weshalb die Zinssätze der ESTV auch für die Staats- und Gemeindesteuern anwendbar seien.[2]
In Bezug auf den Charakter der ESTV-Zinsrundschreiben betreffend die zulässigen Zinssätze führte das Bundesgericht zunächst aus, dass diese der Vereinfachung bei der Anwendung des Prinzips der Marktüblichkeit dienen würden. Die Vereinfachung liege darin, dass die publizierten Zinssätze als «safe harbour rules» die Annahme begründen, es läge keine geldwerte Leistung vor, wenn sich die steuerpflichtige Person an die Regeln hält.[3] Umgekehrt bzw. wenn die steuerpflichtige Person von den publizierten Zinsätzen abweiche, gelte hingegen die widerlegbare Vermutung einer geldwerten Leistung. Diesfalls obliege es der Steuerpflichtigen, nachzuweisen, dass die Zinszahlungen dem Drittvergleich standhalten. Gleichzeitig hielt das Bundesgericht fest, von den Zinsrundschreiben der ESTV sei nur abzuweichen, dann die anwendbaren Gesetzesbestimmungen nicht überzeugend konkretisieren würden.[4]
Mit Blick auf den zu beurteilenden Sachverhalt führte das Bundesgericht aus, die Bindungswirkungen der Zinsrundschreiben bestehe nur solange, als sich die steuerpflichtige Person selbst an die darin definierten Zinssätze halten würde. Weiche diese davon ab, «[sei] kein Grund ersichtlich, weshalb die Steuerbehörde weiterhin daran gebunden sein soll und nicht ihrerseits den Nachweis einer Drittvergleichskonformität erbringen […] [dürfe]».[5] In diesen Fällen lägen alsdann auch weder eine Verletzung des Vertrauensschutzes noch des Gleichbehandlungsgebots vor, zumal die steuerpflichtige Person selbst von den ESTV-Zinssätzen abgewichen sei. Mit dem Abweichen der genannten Zinssätze würde schliesslich auch der Zweck der «safe harbour rules», d.h. die administrative Vereinfachung, vereitelt, da die Steuerbehörden in diesen Fällen zu überprüfen habe, ob der geltend gemachte Zinssatz marktkonform ist.[6] Vor diesem Hintergrund erkannte das Bundesgericht keine Rechtsverletzung indem das KStA ZH vorliegend den ihres Erachtens marktüblichen Zinssatz – in Abweichung der ESTV-Zinssätze – ermittelt hat.
In Bezug auf die Ermittlung des marktüblichen Zinssatzes durch das KStA ZH stellte das Bundesgericht fest, dass sich das Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich nicht mit der Frag der Zulässigkeit der Berücksichtigung einer Marge von 0.25% gestützt auf die Zinsrundschreiben der ESTV nicht befasst habe. Diesbezüglich hat das Bundesgericht die Sache an die Vorinstanz zur erneuten Beurteilung zurückgewiesen.
Das dargestellte Urteil des Bundesgerichts wirft sowohl aufgrund des Begründungsansatzes und der möglichen Konsequenzen für die Praxis verschiedene Fragen auf, auf die im Folgenden einzugehen ist.
Was die verneinte Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes betrifft, ist dem Bundesgericht soweit zuzustimmen, wenn gewährleistet ist, dass die Steuerbehörden in allen Fällen, in welchen eine steuerpflichtige Person von den ESTV-Zinssätzen abweicht, konsequent und lückenlos den ihrerseits als marktüblich geltenden Zinssatz ermittelt. Mit anderen Worten sollte eine einzelfallweise Berufung durch die Steuerbehörden auf die ESTV-Zinssätze ausgeschlossen bleiben, da dies andernfalls zu einer Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen führen würde, die von den ESTV-Zinssätzen abweichen. So verstösse die einzelfallbezogene Geltendmachung der effektiv höheren Verwaltungskosten durch die Steuerbehörden bei der Bemessung des Beteiligungsabzugs – soweit dies überhaupt vom Gesetzgeber gewollt ist[7] – gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.[8]
Nicht – wenn überhaupt – vollends zu überzeugen vermag alsdann die Argumentation des Bundesgerichts, wonach der Zweck der Zinsrundschreiben in der administrativen Vereinfachung nicht mehr erreicht werden könne, wenn die steuerpflichtige Person von den zulässigen Höchstzinsen abweiche. Nach der nun ergangenen Rechtsprechung des Bundesgericht können sich die Steuerbehörden (unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes) nicht mehr auf die Prüfung der zum Nachweis der Drittvergleichskonformität vorgelegten Verrechnungspreisstudien beschränken, sondern müssen nun ihrerseits – sofern sie der Ansicht sind, dass der Nachweis nicht gelungen ist – den effektiv marktüblichen Zinssatz bestimmen. Zwar bringt der (versuchte) Nachweis der drittvergleichskonformen Verzinsung durch die Steuerpflichtigen entsprechenden Aufwand bei der Steuerbehörde mit sich. Dies an sich verhindert den Zweck der administrativen Vereinfachung aber nur teilweise. Vollständig vereitelt wird dieser Zweck erst durch die vom KStA ZH vertretene und vom Bundesgericht geschützte Position, es sei Aufgabe der Steuerbehörde, den konkret anzuwendenden Zinssatz (und nicht bloss einen Zinsrahmen) festzulegen. Ginge es effektiv (bloss) um die administrative Vereinfachung, ist kein Grund ersichtlich, weshalb bei nicht gelungenem Nachweis der at arm’s length Verzinsung (zur Vereinfachung) nicht auf die ESTV-Zinssätze abzustellen ist. Stattdessen müssen die Steuerbehörden nach der nun geltenden Rechtsprechung den tatsächlich drittvergleichskonformen Zinssatz ermitteln.
Was die Anforderungen an den von den Steuerbehörden zu erbringenden Nachweis des ihres Erachtens marktüblichen Zinssatzes betrifft, scheint es nahezuliegen, auf dieselben Anforderungen an den Nachweis des Drittvergleichs bzw. die Verrechnungspreisstudie abzustellen, wie sie von der ESTV für die Steuerpflichtigen definiert worden sind. Mithin müsste die vorzulegende Verrechnungspreisstudie folgende Elemente umfassen, wobei für die ersten beiden Punkte die Mitwirkungspflicht des betroffenen Steuerpflichtigen herangezogen werden kann[9]:
Hinsichtlich der anwendbaren Verrechnungspreismethoden gilt bei Zinsen die Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method, CUP-Methode) als die primär anzuwendende Verrechnungspreismethode. Daneben ist in der schweizerischen Praxis auch die Geldbeschaffungskostenmethode (Cost of Funds Method) anerkannt, an der sich das KStA ZH offensichtlich orientiert hat. Bei diesem Ansatz wird der Zinssatz auf Basis der Kosten für die Beschaffung der finanziellen Mittel durch den Kreditgeber zuzüglich einer Risikoprämie sowie einer Gewinnmarge ermittelt. Bei der Margenbestimmung ist eine Einzelfallbeurteilung unter Berücksichtigung des Kreditratings des Kreditnehmers erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist der Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts in Bezug auf die vom KStA ZH angewendete Zinsmarge von 0.25%, welche sich wiederum auf das Zinsrundschreiben der ESTV abstützt, im Lichte der übrigen Erwägungen nur konsequent.
Schliesslich wirft auch die bundesgerichtliche Feststellung Fragen auf, wonach es Aufgabe der Steuerbehörde sei, einen konkret anzuwendenden Zinssatz und nicht (bloss) einen Zinsrahmen festzulegen habe. Diese Aussage kann mit der state of the art Verrechnungspreismethodik nicht in Übereinstimmung gebracht werden. Das Bundesgericht verkennt, dass für die marktübliche Verzinsung grundsätzlich nur eine Bandbreite ermittelt werden kann bzw. dass es wenig wahrscheinlich ist, dass es nur einen Marktzins für eine bestimmte Transaktion gibt.[10] Dabei gilt der Grundsatz, dass eine Korrektur der effektiv vereinbarten Konditionen zwischen verbundenen Unternehmen nur auf den oberen oder unteren Rand der Bandbreite zulässig ist. Dieser Grundsatz wird nun vom Bundesgericht – zumindest in Bezug auf Zinsen – unnötig in Frage gestellt. Ebenfalls in Frage gestellt wird, inwiefern die von der ESTV publizierten Zinssätze dem Drittvergleich entsprechen, wenn diese in bestimmten Fällen nicht als Grundlage zur Festsetzung geldwerter Leistungen herangezogen werden können sollen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich gewisse Steuerverwaltungen auf den Standpunkt stellen, die Bandbreite der marktkonformer Zinssätze sei relativ eng, womit ein Abweichen von den ESTV-Zinssätzen von mehr als 25% per se nicht drittvergleichskonform und das Erbringen des Gegenbeweises durch die Steuerpflichtige (faktisch) ausgeschlossen sei.[11] Diese Position kann bei konsequenter Berücksichtigung der nun ergangenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr aufrecht erhalten werden.
Mit Blick auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt kann festgehalten werden, dass das Abweichen durch das KStA ZH von den ESTV-Zinssätzen durchaus als einzelfall- und sachgerecht betrachtet werden kann. Die vom Bundesgericht gewählte Begründung zur Rechtfertigung des Abweichens von den ESTV Zinssätzen vermag aber nicht zu überzeugen und führt zu unnötigen Unsicherheiten. Es wäre sachgerechter gewesen, die Spezialität des Einzelfalls herauszustreichen und damit eine sachverhaltsbezogene Begründungslinie zu fahren. Diesbezüglich hätte das Bundesgericht auf den Grundsatz abstellen können, dass von den Zinsrundschreiben der ESTV (nur) abgewichen werden kann, wenn sie die anwendbaren Gesetzesbestimmungen nicht überzeugend konkretisieren, was vorliegend durchaus hätte argumentiert werden können.
Wünschenswert wäre nun, wenn die ESTV das nun vorliegende Urteil des Bundesgerichts als Impuls zur Ausdifferenzierung ihres Zinsrundschreibens verstehen und namentlich den Anwendungsbereich der «safe harbour-rules» genauer abstecken würde.[12] Damit würde die Rechtssicherheit der Steuerpflichtigen erhöht und es könnte der zu erwartende Mehraufwand für die Steuerbehörden abgefedert werden. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu beachten, dass das Kreditrating des Darlehensnehmers und die konkrete Ausgestaltung der Finanzierung für die einzelfallbezogene Ermittlung eines drittvergleichskonformen Zinssatzes von erheblicher Bedeutung sind. So ist z.B. zu beurteilen, welchen Einfluss Sicherheiten, Laufzeit und Rückzahlungsprivilegien (oder das Fehlen von solchen) haben und ob bzw. wie ein impliziter Konzernrückhalt oder ein Konzernrating zu berücksichtigen sind bzw.
Da ein Abweichen von den Zinsrundschreiben der ESTV schon immer zu einer faktischen Nachweispflicht der Drittvergleichskonformität der verwendeten Zinssätze geführt hat, ist – auch im Lichte dieses Entscheids – Unternehmensgruppen weiterhin zu empfehlen, eine entsprechende Verrechnungspreisanalyse und -dokumentation zu erstellen.
Zürich, 23. August 2024
[1] Vgl. zur detaillierteren Sachverhaltsbeschreiben das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich SB.2021.00056 vom 25. Mai 2022.
[2] Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 6.1.
[3] Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 4.1.
[4] Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 4.2.
[5] Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 6.2.
[6] Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 6.2 in fine.
[7] Vgl. Attenhofer, in: Klöti-Weber/Schudel/Schwarb, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 5. Aufl., Bern 2023, Rz. 35 zu § 27b; Vitali, ibid., Rz. 86 zu § 76.
[8] Vgl. Greter, Der Beteiligungsabzug im harmonisierten Gewinnsteuerrecht, Diss., Zürich 2000, S. 142.
[9] Vgl. https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/internationales-steuerrecht/verrechnungspreise.html, Frage 23.
[10] Vgl. https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/internationales-steuerrecht/verrechnungspreise.html, Frage 32.
[11] Vgl. Harbeke/Hug/Scherrer, Verrechnungspreisrecht der Schweiz, Grundlagen und Praxis, Zürich, 2022, Rz. 1188.
[12] Vgl. hierzu auch die Kritik an den ESTV-Zinsrundschreiben bei Harbeke/Hug/Scherrer, a.a.O., Rz. 1226.
Bei der mehrwertsteuerlichen Einordnung von Vergütungen für Vermittler im Finanzbereich ist Vorsicht geboten, selbst in der Verwaltungspraxis klar definierte Begriffe können je nach Sachverhalt sehr unterschiedlich ausgelegt werden.
Die Beschwerdeführerin war im vorliegenden Streitfall als Vermögensverwalterin tätig. Für ihre Tätigkeit erhielt sie im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrags zwei Arten von Entschädigungen: Einerseits wurden ihr die von den Vermögensverwaltungskunden bezahlten Courtagen zzgl. Courtagen der Bank ausbezahlt, andererseits erhielt sie eine monatliche Management Fee. Im Rahmen der Brokerage-Vereinbarungen mit zwei verschiedenen Banken erhielt die Beschwerdeführerin Vergütungen, bzw. externe Vermögensverwaltungsgebühren, die sich aus den auf den Konten der Kunden verzeichneten Aktivitäten ergaben.
Fraglich ist, wie diese Entgelte umsatzsteuerlich zu qualifizieren sind. Auch wenn nach der Verwaltungspraxis Begriffe schwarz auf weiss aufgelistet und definiert sind, müsste man diese Begriffe (hier Entgelte) genau analysieren und in den richtigen Kontext stellen, sonst kommt man zu ganz anderen Ergebnissen.
Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass die Beschwerdeführerin als Vermögensverwalterin tätig ist und dass die monatliche Management Fee der Steuer zum Normalsatz unterliegt. Strittig ist hingegen, ob es sich bei den Courtagen und externe Vermögensverwaltungsgebühren um ein Entgelt für eine von der Steuer ausgenommene Vermittlungsleistung oder eine steuerbare Vermögensverwaltungsleistung handelt.
In der Rechtsprechung sowie in der Verwaltungspraxis wird die Auffassung vertreten, dass für die Einstufung einer Vermittlertätigkeit das vermittelte Grundgeschäft massgeblich ist. Sofern das vermittelte Grundgeschäft dem von der Steuer ausgenommenen Bereich entstammt, ist das Entgelt für die Vermittlung von der Steuer ausgenommen.
Die Beschwerdeführerin bietet als Vermögensverwalterin sowohl Anlageberatung als auch Execution (Ausführung) für ihre Kunden an und erhält für diese Leistungen auch separate und vertraglich vereinbarte Vergütungen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin (gestützt auf Ziff. 6.1.6 der MBI 14 und auf die frühere Rechtsprechung des BGs) gelten Courtagen für die Execution als von der Steuer ausgenommene Entgelte für den Handeln mit Wertpapieren. Alternativ sei die Vermögensverwaltungsleistung als ausgenommene Nebenleistung zur Vermittlungsleistung anzusehen, wie es der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem ähnlichen Fall (C-453/05, 21.6.2007) bereits entschieden hat.
Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, dass sie Vermittlungsleistungen im Sinne der Verwaltungspraxis erbringt. Eine Nichtanwendung dieser Verwaltungspraxis würde gegen den verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensschutz verstossen.
Die Vermittlungstätigkeit ist unter Ziff. 5.10.1 der MBI 14 klar definiert und bezeichnet die Tätigkeit einer in dieser Funktion auftretenden Mittelperson, die darin besteht, auf den Abschluss eines Vertrages im Bereich des Geld- und Kapitalverkehrs zwischen zwei Parteien hinzuwirken, ohne selber Partei des vermittelten Vertrages zu sein und ohne ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrages zu haben. Die Vermittlung ist als eigenständige Mittlertätigkeit auszuüben.
Die ESTV hielt die Leistung der Beschwerdeführerin hingegen für eine steuerbare Vermögensverwaltung gestützt auf Ziff. 5.10.3 der MBI 14 und meint weiter, dass die finanziellen Zuwendungen (Retrozessionen) aufgrund der Ablieferungspflicht eine Eigeninteresse darstellen, was wiederum einer ausgenommenen Vermittlung entgegenstünde.
Das Bundesgericht vertritt die Auffassung, dass die Execution-Leistung der Beschwerdeführerin als akzessorisch zur Hauptleistung der Anlageberatung bzw. Vermögensverwaltung zu betrachten ist, da diese Leistung für sich alleine keinen Sinn ergäbe. Sie dient lediglich als Instrument, um die Hauptleistung der Beschwerdeführerin unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Für die Kunden hat diese Art von Leistung keinen eigenständigen Zweck. Gäbe es keine Vermögensverwaltungsmandate, würde kein Kunde die Execution-Leistungen allein in Anspruch nehmen, sondern eine Bank damit beauftragen.
Obgleich die Beschwerdeführerin der Überzeugung ist, dass Courtage in der Verwaltungspraxis als Nebenleistung nicht separat aufgeführt werden könnten, befindet das Bundesgericht, dass unter Umständen dieselbe Leistung je nach Kontext anders zu beurteilen sei. In diesem Fall erfüllt die Execution-Leistung (Nebenleistung) lediglich im Kontext eines Vermögensverwaltungsmandats (Hauptleistung) einen Zweck.
In Bezug auf den Vertrauensschutz macht das Bundesgericht darauf aufmerksam, dass sich das von der Beschwerdeführerin zitierte Kapitel 6.1 der MBI 14 unter dem Titel „Allgemeine Bankdienstleistungen“ spezifisch auf von Banken angebotene Dienstleistungen bezieht. Daher kann der Vertrauensschutz in diesem Zusammenhang nicht geltend gemacht werden.
Das vorliegende Urteil verdeutlicht die Relevanz einer präzisen Ermittlung der zugrunde liegenden Leistung im Rahmen einer Vermittlungstätigkeit. Diesbezüglich ist zu beachten, dass selbst die Ausführungen und Begrifflichkeiten in der Verwaltungspraxis lediglich in ihrem jeweiligen Kontext Gültigkeit besitzen.
Mehrwertsteuer und Immobilien zählt zu den Dauerbrennern in der Beratung. Die Regelungen sind im Detail komplex und die Beträge für einzelne Transaktionen vergleichsweise hoch. In loser Folge stellen wir in unserem Blog relevante Problemfelder vor und erörtern, worauf zu achten ist. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit mehrwertsteuerlichen Fragen im Zusammenhang mit Rückbau- und Abbruchkosten (nachfolgend «Rückbaukosten») und Vorsteuerabzug.
Aus Sicht der Mehrwertsteuer durchläuft die gewerbliche Nutzung einer Immobilie regelmässig drei «Lebensphasen»:
Dabei stellen sich in jeder Lebensphase aus mehrwertsteuerlicher Sicht unterschiedliche und teils kontroverse Fragen. In jüngerer Vergangenheit wurden von den Gerichten Fragen insbesondere im Zusammenhang mit Rückbau von Immobilien und dem damit verbundenen Recht auf Vorsteuerabzug entschieden.
Die steuerpflichtige Person kann im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit grundsätzlich die ihr in Rechnung gestellte und bezahlte Mehrwertsteuer, die Bezugsteuer und die Einfuhrsteuer als Vorsteuer abziehen.
Kein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht bei Leistungen und bei der Einfuhr von Gegenständen, die für die Erbringung von Leistungen, die von der Steuer ausgenommen sind und für deren Versteuerung nicht optiert wurde, verwendet werden.
Dieser Vorbehalt ist im Zusammenhang mit Immobilien von besonderer Relevanz, da die Übertragung und die Bestellung von dinglichen Rechten an Grundstücken, die Leistungen von Stockwerkeigentümergemeinschaften an die Stockwerkeigentümer sowie die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zum Gebrauch oder zur Nutzung grundsätzlich von der Steuer ausgenommen sind.
Dabei gelten Rückausnahmen für bestimmte Nutzungen (z.B. die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur Beherbergung von Gästen sowie die Vermietung von Sälen im Hotel- und Gastgewerbe oder die Vermietung von nicht im Gemeingebrauch stehenden Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen).
Zudem besteht die Möglichkeit, die entsprechenden Leistungen freiwillig der Mehrwertsteuer zu unterstellen (sog. Option). Die Möglichkeit der Option steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass der Gegenstand vom Leistungsempfänger nicht ausschliesslich für Wohnzwecke genutzt wird oder genutzt werden soll.
Beim Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Rückbaukosten ist zunächst danach zu unterscheiden, ob den Rückbaukosten ein Eigentümerwechsel vorausgegangen ist (der Rückbau erfolgt also durch den Erwerber der Immobilie) oder nicht (der Rückbau erfolgt also durch den bisherigen Eigentümer der Immobilie).
Der Rückbau stellt die letzte Phase der bisherigen unternehmerischen Nutzung dar. Die Beurteilung, ob die Vorsteuer im Zusammenhang mit dem Rückbau abzugsfähig ist, richtet sich nach der bisherigen Nutzung für zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistungen oder solche, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen. Die beabsichtigte zukünftige Nutzung und eine damit allenfalls einhergehende Nutzungsänderung ist nicht von Belang.
Hier ist nach Ansicht des Bundesgerichts weiter zu differenzieren:
Veranlasst der Erwerber «unmittelbar» nach Erwerb den Rückbau der Immobilie, so tritt er mehrwertsteuerlich in die erste mehrwertsteuerliche Lebensphase der zukünftigen Immobilie («Erstellung»). Dementsprechend richtet sich das Recht zum Vorsteuerabzug nach der zukünftigen Nutzung der (zu errichtenden) Immobilie.
Veranlasst der Erwerber nicht «unmittelbar» nach Erwerb den Rückbau der Immobilie, sondern führt diese einer Zwischennutzung zu, ist zu prüfen, ob diese Zwischennutzung als eigenständige Betriebsphase oder als «unselbständige Zwischennutzung» anzusehen ist.
Im Falle einer eigenständigen Betriebsphase zählen die Rückbaukosten zur letzten Lebensphase der aktuellen Nutzung der Immobilie und das Recht auf Vorsteuerabzug richtet sich nach der bisherigen Nutzung. Im Falle einer unselbständigen Zwischennutzung zählen die Abbruchkosten hingegen zur ersten Lebensphase der «Erstellung» der neu zu errichtenden Immobilie.
Insbesondere im Zusammenhang mit einer Zwischennutzung ist genau zu prüfen, ob diese als eigenständige Betriebsphase angesehen werden muss oder ob sie lediglich eine unselbständige Zwischennutzung darstellt. Die Abgrenzungskriterien sind dabei allerdings wenig trennscharf und weder die Verwaltung noch die dazu ergangene Rechtsprechung bieten hier Hilfestellung.
Andererseits zeigt sich, dass eine vorausschauende Planung im Zusammenhang mit Immobilientransaktionen erhebliches Optimierungspotential bietet.
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