Seit dem 01.01.2025 ist das teilrevidierte MWSTG in Kraft. Mit diesem Beitrag informieren wir zum aktuellen Stand per Mitte Januar 2025.
Durch eine sog. «Lieferkettenfiktion» (siehe Darstellung unten) wird mehrwertsteuerlich eine Lieferung vom Händler an die Plattform und von der Plattform an den Kunden fingiert, vgl. Art. 20a nMWSTG. Die Plattform hat demnach die MWST auf die Verkäufe an die Kunden gegenüber der ESTV abzurechnen, sofern diese der Inlandsteuer unterliegen. Achtung: Die sog. Versandhandelsregelung für die Lieferung geringwertiger Warensendungen aus dem Ausland gilt weiterhin, Art. 7 Abs. 3 Bst. b MWSTG. Faktisch soll die Neuregelung damit zu einer umfassenden Steuerpflicht ausländischer Handelsplattformen in der Schweiz führen. Betroffen sind aber auch inländische Privatverkäufer, die beispielsweise über eine Handelsplattform gelegentlich Ware verkaufen: Die Handelspattform wird die von ihr geschuldete MWST zweifelsohne an die Verkäufer durchreichen.
In der Praxis stellen sich zahlreiche Fragen im Zusammenhang mit der Plattformbesteuerung. Umso bedauerlicher ist, dass im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar ist.
Während heute bei Auslandreisen die einzelnen Komponenten der Reise für die Zwecke der Mehrwertsteuer aufgeschlüsselt und einzeln nach ihrem Leistungsgehalt beurteilt werden müssen, gilt künftig für alle Dienstleistungen von Reisebüros das sog. Erbringerortsprinzip, d.h. die (eigenen und von Dritten weiterverrechneten) Leistungen des Reisebüros gelten einheitlich am Sitz des Reisebüros erbracht. Die Leistungen von Reisebüros sind von der Steuer befreit, wenn sie im Ausland bewirkt werden oder wenn sie gestützt auf Artikel 23 MWSTG von der Steuer befreit wären, wenn sie von einer Person erbracht würden, die kein Reisebüro ist.
Im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages ist seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar.
Bezeichnet ein Gemeinwesen von ihm ausgerichtete Mittel gegenüber dem Empfänger ausdrücklich als Subvention oder als anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag, so gelten diese Mittel als eine Subvention oder als anderer öffentlich-rechtlicher Beitrag, Art. 18 Abs. 3 nMWSTG. Subventionen gelten als Nicht-Entgelte, die nicht der MWST unterliegen, aber auf Stufe des Subventionsempfängers eine Kürzung des Vorsteuerabzugs erforderlich machen, Art. 18 Abs. 2 Bst. a in Verbindung mit Art. 33 MWSTG. Das Gemeinwesen hat bis zum Ablauf der Finalisierungsfrist die Möglichkeit, Mittel gegenüber dem Empfänger als Subvention oder anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag zu bezeichnen. Steuerpflichtige, die mit der Qualifikation als Subvention nicht einverstanden sind, werden sich hiergegen aktiv wehren müssen.
Die MWST-Info 05 «Subventionen und Spenden» wurde entsprechend überarbeitet, wobei die Anpassungen sich derzeit auf die redaktionelle Ergänzung der neuen Vorschriften beschränkt, ohne weiterführende Praxishinweise zu geben.
Die (von der Lieferung von Energie losgelöste) Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen für Emissionsverminderungen, etc. unterliegen neu generell der Bezugsteuer – unabhängig vom Sitz des Veräusserers. Art. 45 Abs. 1 MWSTG wurde um einen Buchstaben e ergänzt. Die Regelung greift nicht, sofern die Emissionsrechte etc. unter die Steuerausnahme nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 Bst. e MWSTG fallen. Von der Steuer ausgenommen ist insbesondere der Handel mit Derivaten auf solche Rechte, Zertifikate und Bescheinigungen.
Fehlerhaft in Rechnung gestellte Inlandsteuer ist nur dann als Vorsteuer abzugsfähig, wenn der Leistungsempfänger den Nachweis erbringen kann, dass der Leistungserbringer diese Inlandsteuer auch abgerechnet und bezahlt hat.
MWST-Info 14 „Bezugsteuer“ enthält in Ziff. 2.5 eine Auflistung der in den Anwendungsbereich der Neuerung fallenden Rechte, Bescheinigungen und Zertifikate. Hierzu zählen namentlich:
Abrechnungsperiode
Für steuerpflichtige Personen, deren jährlicher Umsatz aus steuerpflichtigen Leistungen 5 005 000 Franken nicht überschreitet, besteht zukünftig die Option, die MWST jährlich abzurechnen. Die Anwendung dieser Methode hat keinen Einfluss auf die Abrechnungsmethode. Die Bewilligung der jährlichen Abrechnung erfolgt auf Antrag und kann verweigert bzw. widerrufen werden, sofern der Steuerpflichtige seinen Abrechnungs- und Zahlungspflichten nicht oder nur ungenügend nachkommt, Art. 35 und 35a nMWSTG.
Die Steuerpflichtigen müssen unterjährig Vorauszahlungen auf ihre Steuerschuld leisten (quartalsweise bzw halbjährlich bei Saldosteuersatzabrechnenden). Die Raten werden von der ESTV festgelegt und in Rechnung gestellt, Art. 86 nMWSTG. Massgebend für die Festlegung der Raten ist die Steuerforderung der letzten Steuerperiode. Ist sie noch nicht bekannt, so wird sie von der ESTV geschätzt. Bei neu steuerpflichtigen Personen ist die bis zum Ende der ersten Steuerperiode erwartete Steuerforderung massgebend. Erachtet die steuerpflichtige Person die Raten als zu hoch oder zu niedrig, so kann sie bei der ESTV eine Anpassung der Raten beantragen.
Im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages ist seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar.
Fiskalvertretung
Steuerpflichtige Personen ohne Wohn- oder Geschäftssitz im Inland benötigen grundsätzlich eine Steuervertretung im Inland („Fiskalvertreter“). Hier sollen administrative Vereinfachungen und Kostenersparnisse geschaffen werden, indem das Erfordernis einer Steuervertretung unter bestimmten Voraussetzungen entfällt. Die ESTV kann darauf verzichten, die Bestimmung einer Vertretung nach Absatz 1 zu verlangen, sofern die Erfüllung der Verfahrenspflichten durch die steuerpflichtige Person und der rasche Vollzug dieses Gesetzes auf andere Weise gewährleistet sind, vgl. Art. 67 Abs. 1 bis nMWSTG.
In Gesetz, Verordnung und den entsprechenden Botschaften finden sich keine Hinweise, wie «die Erfüllung der Verfahrenspflichten durch die steuerpflichtige Person und der rasche Vollzug dieses Gesetzes auf andere Weise gewährleistet» werden können. Insofern bleibt abzuwarten, ob sich die Verwaltung konkretisierend äussert. Im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages ist seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar.
Auch nach Inkrafttreten des teilrevidierten Mehrwertsteuergesetzes bleiben Fragen zu dessen Umsetzung durch die Steuerpflichtigen offen. Wir verfolgen die Entwicklung der Verwaltungspraxis und informieren Sie an dieser Stelle über allfällige Entwicklungen.
A AG ist tätig im Bereich Beschaffung, Halten, Finanzierung, Betrieb, Vermietung und Leasing von Luftfahrzeugen. A AG wird von der Unternehmung B gehalten. Eigentümerin der B ist die Familie C.
Im Jahr 2012 erwarb die A AG ein Luftfahrzeug und schloss einen „Aircraft Management- und Charter“-Vertrag mit der Firma D. A AG übertrug in dem Vertrag das ausschließliche Recht, das Luftfahrzeug zu verwalten und es gegenüber Dritten zu betreiben auf D.
Alle mit dem Luftfahrzeug durchgeführten Flüge wurden von der Firma D. in Rechnung gestellt. Von den vereinnahmten Entgelten behielt D einen bestimmten Betrag als Provision zurück. Den Restbetrag rückvergütete D an A AG als Mietzahlung. Im Einzelnen sah die Vereinbarung Folgendes vor:
Der Vertrag sah ausserdem vor, dass D für jeden Charterflug die vorherige Zustimmung der A AG einholen müsse. Darüber hinaus würde sie die A AG auf deren Wunsch über alle Fluganfragen potenzieller Charterkunden informieren. A AG behielt sich das Recht vor, nach eigenem Ermessen jeden von der D angebotenen Charterflug zu genehmigen oder abzulehnen.
Im Jahr 2012 bestätigte die ESTV der A AG den Vorsteuerabzug hinsichtlich Einfuhrsteuer auf das Flugzeug und von D in Rechnung gestellter Inlandsteuer. Dem Entscheid lag eine Rulinganfrage zugrunde, die von folgender Nutzungsprognose ausging:
Wie sich später herausstellte erfolgte die tatsächliche Nutzung zu über 50% für private Bedürfnisse der A AG und ihre nahestehender Personen. In der Folge versagte die ESTV den Vorsteuerabzug im Umfang der Nutzung für nicht-gewerbliche Zwecke und qualifizierte die Struktur in Bezug auf das Flugzeug als missbräuchlich.
Streitgegenständlich ist insbesondere die Frage, ob der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, soweit das Flugzeug für den privaten Gebrauch der wirtschaftlich Berechtigten (A AG und ihre nahestehende Personen) genutzt wird.
9C_775/2023
Das Bundesgericht hat sich in seinem früheren Urteil (BGE 149 II 53) bei der Festlegung der Schwelle, ab der eine private Nutzung eines Flugzeugs nicht mehr als Teil einer unternehmerischen Tätigkeit gilt, an der Praxis der ESTV orientiert. Demnach ist eine private Nutzung von bis zu 20 % nicht schädlich. Wenn dieser Wert überschritten wird, fällt die gesamte private Nutzung des Flugzeugs durch den wirtschaftlich Berechtigten und die ihm nahestehenden Personen aus dem Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer heraus und berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug.
Sowohl die Vorinstanz als auch die Beschwerdeführerin gehen zu Recht davon aus, dass die A AG eine unternehmerisch tätige Einheit bildet (nach dem Grundsatz der Einheit des Unternehmens in BGE 142 II 488), was vorliegend auch vom Bundesgericht bestätigt wird. Aber auch bei Vorliegen einer Unternehmenseinheit ist der Vorsteuerabzug nur im Umfang der unternehmerischen Tätigkeit möglich.
Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin wirft die Frage auf, ob eine Vorsteuerkorrektur nötig ist, obschon das Konstrukt eine ausschliesslich unternehmerische Nutzung des Flugzeugs vorsieht. Dies bejaht das Bundesgericht, da die private Nutzung mehr als 20 % der Gesamtnutzung ausmacht und insofern nicht in den Anwendungsbereich der MWST fällt. Insofern bestand nach Ansicht des Gerichts nie das Recht, die Vorsteuer geltend zu machen.
Flugzeughaltestrukturen sind regelmässig im Fokus der MWST-Revisoren. Das Urteil bestätigt im Wesentlichen die Praxis der ESTV und deren restriktiven Ansatz. Das Urteil geht über Flugzeughaltestrukturen hinaus und Steuerpflichtige sollten in einschlägigen Konstellationen (z.B. Ferienhäuser, Fahrzeuge, Boote) stets den Anteil der «faktisch» privaten Nutzung dieser Gegenstände im Auge behalten.
Die Erledigung der Zollformalitäten löst bei den wenigsten Begeisterungsstürme aus. Zu formalistisch, zu aufwändig- und gerade, wenn man die Ware nur kurz in das jeweilige Lang bringt (z.B. im Rahmen einer Messe), ist die Versuchung gross, auf die lästigen Formalitäten zu verzichten. Dabei zeigt sich immer wieder, dass die ordnungsgemässe Erledigung der zollrechtlichen Formalitäten den Anmeldepflichtigen viel Ärger ersparen kann – und Geld. So, wie in dem Fall, den das Bundesverwaltungsgericht jüngst zu entscheiden hatte (Urteil vom 19. November 2024, A-4028/2022). Gegenstand dieses Urteils war die unterlassene Eröffnung des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung für Ausstellungsstücke an einer Messe in der Schweiz.
Die Zollanmeldung bildet dem Selbstdeklarationsprinzip folgend die Grundlage der Zollveranlagung. An die Sorgfalt der anmeldepflichtigen Person werden dabei hohe Anforderungen gestellt. Zollpflichtige haben sich vorab über die Zollpflicht und die jeweiligen Abfertigungsverfahren zu informieren. Sie sind für die rechtmässige und richtige Deklaration ihrer Warenbewegungen verantwortlich und müssen die Veranlagung anmelden.
Wird die Ware zur vorübergehenden Verwendung ins Zollgebiet verbracht, ist die Zollanmeldung für die vorübergehende Verwendung (ZAVV) auszustellen. Hierbei handelt es sich um ein schweizerisches Zolldokument, das keine Auswirkungen auf die Zollformalitäten im Ausland hat. Für das Verfahren mit der ZAVV verlangt die Zollstelle eine Sicherheitsleistung. Das ist der Betrag, der bei der definitiven Verzollung zu bezahlen wäre.
Damit das Verfahren der vorübergehenden Verwendung in Anspruch genommen werden kann, müssen die folgenden Grundvoraussetzungen erfüllt sein:
Der Verwendungszweck der Waren bestimmt die Zulässigkeit des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung und die erforderlichen Formalitäten. Häufige Verwendungszwecke sind beispielsweise Ausstellungen, Tests, Erprobungen, Sportveranstaltungen oder Unternehmermaterial. Sollte sich der Verwendungszweck, der Verwender oder der Eigentümer der Waren während der vorübergehenden Verwendung ändern, ist eine neue Zollanmeldung erforderlich.
Im Rahmen dieses Verfahrens werden die Einfuhr- und Ausfuhrzollabgaben mit bedingter Zahlungspflicht veranlagt. Bei einem nicht ordnungsgemässen Abschluss des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung werden die veranlagten Abgaben fällig, es sei denn, die Waren wurden innerhalb der festgesetzten Frist wieder aus dem Zollgebiet verbracht und ihre Identität kann nachgewiesen werden.
Die Beschwerdeführerin hatte zwei selbst entworfene und montierte Wohnfahrzeuge ohne Zollanmeldung in die Schweiz gebracht, um sie auf einer Messe ausstellen zu lassen. Die Eidgenössische Zollverwaltung (heute und im Folgenden als Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit, BAZG, bezeichnet) beschlagnahmte die Fahrzeuge und leitete in der Folge eine Zollstrafuntersuchung aufgrund unterlassener Zollanmeldung gegen die Beschwerdeführerin ein. Die Beschwerdeführerin argumentierte u.a., dass die Wohnwagen unter das Istanbuler Übereinkommen fielen und daher formlos abgabenfrei vorübergehend eingeführt werden konnten. Jedenfalls seien aber die Voraussetzungen einer Abgabenbefreiung im Sinne des Art. 56 Abs. 3 ZG erfüllt, da die nämlichen Wohnfahrzeuge das Inland wieder verlassen hätten.
Das Gericht verweist zunächst darauf, dass die einschlägigen Vorschriften des Istanbuler Übereinkommens nicht nur auf den Gegenstand der Einfuhr selbst („Beförderungsmittel“), sondern auch auf dessen Verwendungszweck im konkreten Fall abstellen („zur gewerblichen Verwendung oder zum eigenen Gebrauch“). Dabei umfasse die „gewerbliche Verwendung“ ausschliesslich Mittel zur «Beförderung von Personen gegen Entgelt oder zur gewerblichen Beförderung von Waren gegen oder ohne Entgelt». Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, wenn der Verwendungszweck in der Ausstellung an einer Messe bestünde. Die Wohnaufbauten fielen damit unter eine andere Regelung des Istanbuler Übereinkommens – die aber gerade keine formlose Anmeldung vorsähe.
Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Eröffnung des Anwendungsbereichs der Vorschriften der Abgabenbefreiung sei ebenfalls nicht erfüllt. Voraussetzung hierfür sei zunächst, dass ein Zollverfahren ordnungsgemäss eröffnet worden ist. Dies sei vorliegend gerade nicht der Fall.
Im Ergebnis stellt das Bundesverwaltungsgericht damit fest, dass die Zoll- und Einfuhrsteuerschuld rechtmässig gegen die Steuerpflichtige festgesetzt wurde.
Das Unterlassen der Zollanmeldung kam die Beschwerdeführerin im Ergebnis teuer zu stehen. Die Voraussetzungen der vorübergehenden Verwendung lagen im entschiedenen Fall wohl vor. Mit wenig Aufwand hätte der Messebesuch in der Schweiz zollrechtlich abgewickelt werden können, ohne dass es zu einer effektiven Belastung mit Mehrwertsteuer und Zollabgaben gekommen wäre.
Die Mehrwertsteuer (MWST) ist als allgemeine Konsumsteuer darauf ausgelegt, den nicht-unternehmerischen, sprich privaten, Konsum zu belasten. Innerhalb der unternehmerischen Sphäre hingegen besteht grundsätzlich ein Recht auf den Vorsteuerabzug, um eine steuerliche Mehrfachbelastung zu vermeiden. Dieser Grundsatz stösst jedoch an seine Grenzen, wenn Gestaltungen einzig dazu dienen, sich einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen, der vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist. Solche missbräuchlichen Strukturen sind häufig Gegenstand der Rechtsprechung, insbesondere im Zusammenhang mit Luxusgütern wie Privatjets, Yachten oder Ferienimmobilien.
Ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) vom 8. Januar 2025 (A-1146/2023) behandelt eine solche Thematik. Es befasst sich mit der missbräuchlichen Nutzung der MWST-Regelungen im Zusammenhang mit einer Ferienliegenschaft.
A-1146/2023
Die A._______ AG wurde im Jahr 2017 von ihrem Alleinaktionär erworben und hielt eine einzige Ferienliegenschaft. Die Gesellschaft wurde als mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen registriert, wodurch sie berechtigt war, den Vorsteuerabzug für umfangreiche Renovationskosten geltend zu machen. Gleichzeitig vermietete sie die Liegenschaft exklusiv an den Alleinaktionär, wobei diese Vermietung als Beherbergungsdienstleistung der MWST zum Sondersatz für Beherbergungsleistungen unterliegt.
Nach einer MWST-Kontrolle durch die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) im Jahr 2021 wurde die Gesellschaft rückwirkend aus dem Register der MWST-pflichtigen Personen gelöscht. Die ESTV begründete dies mit dem Vorliegen einer Steuerumgehung, da die gewählte Struktur einzig darauf abzielte, einen Vorsteuerabzug zu generieren, den der Alleinaktionär privat nicht hätte geltend machen können. Das BVGer bestätigte diese Einschätzung.
Nach der gefestigten Praxis des BVGer und des Bundesgerichts sind drei Elemente entscheidend für die Bejahung einer Steuerumgehung:
Da alle drei Kriterien erfüllt waren, wurde die Steuerumgehung bejaht und die Steuerpflicht der Gesellschaft rückwirkend aufgehoben.
Interessant ist der Vergleich mit den Urteilen A-4190/2020 und A-4195/2020 vom 15. Dezember 2021. In diesen Fällen wurde keine Steuerumgehung angenommen, wobei nach Auffassung des Gerichts insbesondere die Tatsache eine Rolle spielte, dass dort keine Vorsteuerabzüge geltend gemacht wurden. Die Unternehmen rechneten stattdessen nach der Saldosteuersatzmethode ab, weshalb keine erhebliche Steuerersparnis erfolgt. Es fehlte somit an der dritten Voraussetzung, dem effektiven Element, das eine erhebliche Steuerersparnis voraussetzt. Im aktuellen Fall hingegen führte die gewählte Struktur zu einem signifikanten Vorsteuerüberhang, der sich aus den hohen Renovationskosten ergab, für die die Gesellschaft den Vorsteuerabzug geltend machte. Gleichzeitig wurden die Mieteinnahmen aus der exklusiven Vermietung an den Alleinaktionär nur mit dem reduzierten Sondersatz für Beherbergungsleistungen besteuert. Dies führte dazu, dass die geltend gemachten Vorsteuern die geschuldete Mehrwertsteuer deutlich überstiegen, was das Gericht als steuerlich missbräuchlich einstufte, sodass eine Steuerumgehung bejaht wurde.
Ein bemerkenswerter Punkt des Urteils ist die Beweislastverteilung. Grundsätzlich obliegt es der Steuerbehörde, das Vorliegen einer missbräuchlichen Gestaltung zu beweisen. Das BVGer hält jedoch fest, dass eine natürliche Vermutung für eine absonderliche Gestaltung besteht, sobald wesentliche Elemente für eine steuerliche Optimierung sprechen. Dies führt in der Praxis zu einer faktischen Beweislastumkehr, da die Steuerpflichtigen die natürliche Vermutung der Steuerumgehung entkräften müssen.
Im aktuellen Fall konnte die A._______ AG keine hinreichenden geschäftlichen Gründe für ihre Struktur darlegen. Das Gericht betonte, dass wirtschaftliche oder geschäftliche Motive der Gesellschaft selbst massgeblich sind – nicht etwa die unternehmerischen Aktivitäten des Alleinaktionärs. Damit wurde die natürliche Vermutung nicht entkräftet. Diese Handhabung zeigt, dass Steuerpflichtige, die ähnliche Strukturen nutzen, gut dokumentierte wirtschaftliche Gründe für ihre Wahl darlegen müssen, um einer steuerlichen Korrektur zu entgehen.
Das Urteil unterstreicht erneut, dass das Halten von Ferienimmobilien über Gesellschaften zwar nicht per se unzulässig ist, jedoch ein wirtschaftlicher Zweck nachgewiesen werden muss, der über die reine Steuerersparnis hinausgeht. Dabei scheinen Verwaltung und Bundesverwaltungsgericht strenge Massstäbe anzulegen.
Unternehmen und Steuerpflichtige sollten daher in entsprechenden Konstellationen genau prüfen, ob sich der unternehmerische Grund für die gewählte Struktur hinreichend begründen lässt. Falls dies nicht der Fall ist, droht eine steuerliche Korrektur mit erheblichen finanziellen Folgen. Der Entscheid wurde ans Bundesgericht weitergezogen, es bleibt abzuwarten, ob er Bestand haben wird.
Erbringt ein Ausländer sog. elektronische Dienstleistungen an Konsumenten (b2c) im Inland, führt dies schnell dazu, dass sich der Ausländer im Inland mehrwertsteuerlich registrieren und Mehrwertsteuer auf seine Leistungen an Schweizer Kunden abrechnen muss. Leistungen, die nicht als elektronische Leistungen gelten, lösen hingegen regelmässig keine Registrierungspflicht aus, da hier allenfalls der Leistungsempfänger die Bezugsteuer schuldet (auch wenn er Konsument und kein Unternehmer ist). Die Frage dabei bleibt: Wann gilt eine Leistung eigentlich als „elektronische Dienstleistung“?
Elektronische Dienstleistungen folgen den allgemeinen Regeln zur Leistungsortsbestimmung für Zwecke der Mehrwertsteuer. Das heisst, im Regelfall sind sie dort zu besteuern, wo der Leistungsempfänger ansässig oder wohnhaft ist („Empfängerortsprinzip“). Was elektronische von anderen Dienstleistungen unterscheidet ist in erster Linie, dass sie zu einer Registrierungspflicht des ausländischen Leistungserbringers führen, wenn Kunden inländische Konsumenten sind (b2c). Erbringt ein Ausländer, der in der Schweiz nicht MWST-registriert ist, eine „normale“ Dienstleistung an einen inländischen Leistungsempfänger und unterliegt diese Leistung dem Empfängerortsprinzip, schuldet der Inländer hierauf die Bezugsteuer, wenn er entweder steuerpflichtig ist (b2b) oder für mehr als 10‘000 CHF im Jahr solche Leistungen bezieht (b2c). Der Ausländer wird aufgrund dieses Sachverhaltes nicht in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig.
Etwas anderes gilt, wenn der Ausländer eine sog. elektronische Dienstleistung erbringt. Hier bleibt der Ausländer Steuerschuldner und muss sich in der Schweiz für Zwecke der Mehrwertsteuer registrieren, um die Mehrwertsteuer gegenüber der ESTV abzurechnen.
Nach Praxis der ESTV gilt eine Dienstleistung als elektronische Dienstleistung, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
Dabei ergeben sich im Einzelfall Abgrenzungsfragen, ob eine Dienstleistung im konkreten Fall als elektronische Dienstleistung qualifiziert. Mit einer solchen Abgrenzungsfrage hatte sich das Bundesgericht jüngst auseinanderzusetzen (Urteil vom 25. Oktober 2024, 9C_482/2024). Dabei stand vor allem die Frage der „minimalen menschlichen Beteiligung seitens des Leistungserbringers“ im Fokus.
9C_482/2024 BG
A mit Sitz in Ausland betreibt Online-Sportwetten. Die ESTV hat A rückwirkend in das MWST-Register eingetragen und eine Steuernachforderung festgesetzt, da A in der Schweiz elektronische Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringe, die Umsatzlimite erreiche und daher steuerpflichtig sei. A hat sowohl die Erbringung elektronischer Dienstleistungen als auch die Steuerpflicht bestritten.
Die strittige Frage in diesem Fall war, ob die von A erbrachte Dienstleistung automatisiert und nur mit einem Minimum an menschlicher Beteiligung erbracht wird.
ESTV und Bundesverwaltungsgericht gingen davon aus, dass die streitige Dienstleistung in der Einräumung einer bedingten Möglichkeit zur Erzielung eines vereinbarten Gewinns bestehe. Die menschliche Einflussnahme beschränke sich beim Angebot von A auf die Ermittlung der Wettquoten und andere Vorbereitungshandlungen, die auf den Abschluss künftiger Wetten abzielten, sei selbst aber nicht Teil der mehrwertsteuerlich relevanten Dienstleistung. Dem hielt A entgegen, dass im Rahmen der Leistungserbringung durchaus erhebliche Tätigkeiten der Mitarbeiter stattfänden: Bei Live-Wetten müssten die Wettquoten ständig manuell bearbeitet werden. Auch stehe den Kunden ein Support-Team zur Verfügung, das sie bei Fragen und Problemen kontaktieren können.
Das Bundesgericht verwies in seinem Entscheid auf den wesentlichen Kern des Leistungsverhältnisses und folgte darin der Argumentation der Vorinstanz. Die von A geltend gemachten menschlichen Interventionen seien zwar von erheblicher Bedeutung, beschränkten sich jedoch auf die Ausgestaltung eines Produkts, das Gegenstand des Angebots bilde (und nicht der Dienstleistung selbst). Menschliches Wirken im Rahmen von Vorbereitungs-, Entwicklungs- und Wartungsarbeiten bleiben nach der Verwaltungspraxis der ESTV unberücksichtigt
Im Rahmen der Erbringung der Dienstleistung selbst sei menschliche Intervention stets dann als „minimal“ zu erachten, wenn sie nicht dazu dient, auf individuelle Kundenwünsche einzugehen. Das Gericht verweist auf den menschlichen Croupier im Online-Casino oder den Dozenten bei einem Online-Kurs, der den Teilnehmenden nicht die Möglichkeit zur Interaktion vor, während oder nach dem Seminar bietet. Obgleich Service und Support für das Angebot von A unverzichtbar seien, stellten sie keinen integralen Bestandteil der eigentlichen elektronischen Dienstleistung dar. Vielmehr handelte es sich dabei um Leistungen, die lediglich eine zugeordnete Funktion erfüllten. Dies unterscheide sie von Tätigkeiten mit nicht nur minimaler menschlicher Beteiligung, zu denen beispielsweise das Beraten, Bewerten, Abgeben von individuellem Feedback oder das Beantworten von Fragen zählten.
Das Urteil macht deutlich, dass Dienstleistungen aus Schweizer Sicht schneller als elektronische Dienstleistungen zu beurteilen sein können, als mancher Unternehmer wahrhaben mag. Dass eine reale Person vor während oder nach der Leistungserbringung involviert ist, hilft hier bisweilen wenig. Zu beachten ist dabei auch, dass elektronische Dienstleistungen im b2c Bereich auch im (europäischen) Ausland Sonderregelungen unterliegen, die es für Schweizer Unternehmen erforderlich machen können, ausländische Mehrwertsteuer abzurechnen. Wer seine Dienstleistungen daher nicht mehr nur mittels Brief seinen ausländischen Kunden zugänglich macht, ist daher gut beraten, seine Leistungen vom MWST-Experten qualifizieren zu lassen. Andernfalls können erheblich MWST-Risiken drohen.
Am 1. Januar 2025 traten diverse steuerliche Bestimmungen in Kraft. Diese reichen von der Einführung der internationalen Ergänzungssteuer (IIR) über die Teilrevision der Mehrwertsteuer zur Plattformbesteuerung hin zur Reduktion der Einfuhrgrenze im Reiseverkehr auf CHF 150. Im Folgenden werden die wesentlichsten Punkte der neu in Kraft tretenden Änderungen im Sinne eines Überblicks zusammengefasst.
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 4. September 2024 beschlossen, die internationale Ergänzungssteuer, d.h. die sog Income Inclusion Rule (IRR) per 1. Januar 2025 in Kraft zu setzen. Die IIR soll sicherstellen, dass Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften von Schweizer Unternehmensgruppen und von Zwischenholdings ausländischer Unternehmensgruppen mit mindestens 15 Prozent besteuert werden. Dies gilt für Unternehmensgruppen, die weltweit einen Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro erzielen.
Ohne die Einführung der IRR hätten andere Staaten gemäss den OECD/G20-Regeln zur Mindestbesteuerung das Recht, diese ausländischen Gewinne im Rahmen der sogenannten Undertaxed Profits Rule (UTPR) zu besteuern. Die Schweiz verzichtet bis auf Weiteres darauf, die UTPR in Kraft zu setzen.
Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar.
Ab dem 1. Januar 2025 treten ebenfalls das teilrevidierte Mehrwertsteuergesetz und die teilrevidierte Mehrwertsteuerverordnung in Kraft. Hervorzuheben sind dabei namentlich die Änderungen im Zusammenhang mit der Plattformbesteuerung. Betreiber von elektronischen Plattformen, die eine Lieferung als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer und einen diesbezüglichen Vertragsabschluss auf ihrer Plattform ermöglichen, gelten gegenüber dem Käufer neu ausdrücklich als Leistungserbringer. Konkret wird die Lieferung in zwei fiktive Lieferungen aufgeteilt wobei die erste Lieferung zwischen dem Verkäufer und dem Plattformbetreiber steuerbefreit ist und die zweite Lieferung zwischen dem Plattformbetreiber und dem Käufer besteuert wird.
Weitere Informationen hierzu und zu den weiteren mehrwertsteuerlichen Änderungen sind unter diesem LINK abrufbar.
Mit der Einführung des Bundesgesetzes über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses, geht unter anderem die Einführung von Art. 112 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) einher. Nach dieser Bestimmung werden die Steuerbehörden verpflichtet, dem Handelsregisteramt Meldung zu erstatten, falls innert drei Monaten nach Ablauf der entsprechenden Fristen keine unterzeichnete Jahresrechnung durch die Gesellschaft eingereicht wird. Zudem müssen öffentlich-rechtliche Gläubiger, wie z.B. die Steuerverwaltungen, zwingend auf Konkurs betreiben, wenn der Schuldner im Handelsregister eingetragen ist.
Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar
Ab 2025 wird die Besteuerung von Leibrenten in der Säule 3b in Erfüllung der Motion „Stopp der Steuerstrafe in der Säule 3b» flexibel an die jeweiligen Anlagebedingungen angepasst. Damit wird die bisherige systematische Überbesteuerung bei Rentenleistungen beseitigt und bei Rückgewähr und bei Rückkauf von Leibrentenversicherungen deutlich gemildert. Bis anhin wurde ein pauschaler Ertragsanteil von 40 Prozent der Rentenleistungen besteuert und die übrigen 60 Prozent als steuerfreie Kapitalrückzahlung behandelt. Ab 1. Januar 2025 richtet sich der steuerbare Ertragsanteil der garantierten Rentenleistung bei Leibrentenversicherungen im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes nach dem Höchstzinssatz der FINMA. Überschussleistungen, die über die garantierten Renten hinausgehen, werden zu 70 Prozent besteuert. Der steuerbare Ertragsanteil von laufenden Leibrenten unterliegt der Verrechnungssteuer und ist von den Versicherungsgesellschaften jährlich an die ESTV zu melden. Diese Meldungen werden zu Kontrollzwecken an die kantonalen Steuerverwaltungen weitergeleitet.
Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar
Ab dem 1. Januar 2025 wird es zudem möglich sein, versäumte Beiträge in die Säule 3a steuerbegünstigt nachträglich einzuzahlen. Wer ab dem 1. Januar 2025 keine oder nur teilweise Einzahlungen in die gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a) geleistet hat, kann diese künftig bis zu zehn Jahre rückwirkend nachholen und vollständig vom steuerbaren Einkommen abziehen. Konkret wird zusätzlich zu den regulären Beiträgen pro Jahr ein Einkauf maximal in Höhe des sogenannten «kleinen Beitrags» möglich sein. Für einen nachträglichen Einkauf gelten folgende Voraussetzungen:
Anzumerken ist, dass die vorgenannten Änderungen nur für Beitragslücken ab dem Jahr 2025 gelten, womit Einkäufe erstmals im Steuerjahr 2026 rückwirkend für das Jahr 2025 getätigt werden können. Einzahlungen für versäumte Einkäufe vor 2025 sind daher nicht möglich.
Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar
Das Besteuerungsrecht von Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit richtet sich in Doppelbesteuerungsabkommen grundsätzlich danach, wo die Arbeit physisch ausgeübt wird. Im Falle von Telearbeit würde das Besteuerungsrecht daher vom Sitzstaat der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers in den Wohnsitzstaat der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wechseln.
Mit der Gesetzesänderung wird nun eine binnenrechtliche Grundlage für die Quellenbesteuerung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ohne steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz geschaffen, die für einen Schweizer Arbeitgeber aus einem Nachbarstaat im Homeoffice tätig sind.
Diese Regelung steht im engen Zusammenhang mit den internationalen Abkommen zur Zuteilung des Besteuerungsrechts zwischen der Schweiz und ihren Nachbarstaaten. Die Zusatzvereinbarungen mit Frankreich und Italien schaffen die Möglichkeit, dass Telearbeit für einen Schweizer Arbeitgeber bis zu einem bestimmten Umfang weiterhin in der Schweiz besteuert wird, auch wenn die Arbeit nicht vor Ort erfolgt. Konkret erlaubt das Zusatzabkommen mit Frankreich eine Besteuerung durch die Schweiz, wenn bis zu 40 Prozent der Arbeitszeit ausserhalb der Schweiz geleistet wird. Beim Protokoll mit Italien gilt eine Obergrenze von 25 Prozent der Arbeitszeit.
Die neue Besteuerungsgrundlage dient der Umsetzung dieser staatsvertraglichen Regelungen und gewährleistet, dass die Schweiz ihr Besteuerungsrecht entsprechend ausüben kann.
Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar
Mit der Anpassung der Verordnung des EFD über die steuerbefreite Einfuhr von Gegenständen in kleinen Mengen, von unbedeutendem Wert oder geringfügigem Steuerbetrag dürfen Waren zum privaten Gebrauch von Reisenden nur noch bis zu einem Gesamtwert von CHF 150 (bis anhin: CHF 300) pro Person und Tag steuerfrei eingeführt werden. Überschreitet der Gesamtwert diese Grenze, muss auf den eingeführten Waren die Schweizer Mehrwertsteuer entrichtet werden.
Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar
In unserem Blogbeitrag vom Mai (zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2023, A-1573/2022) haben wir uns mit der Funktion einer Online-Plattform im Bereich der Lieferdienste beschäftigt. Der Fall wurde vor das Bundesgericht (BG) weitergezogen. In seiner Entscheidung folgt das Bundesgericht der Vorinstanz nicht und qualifiziert die Plattform als reine Vermittlerin der Essenslieferungen.
Refresher: Die Steuerpflichtige betrieb eine Online-Plattform, über die Kunden Essen bestellen und zu sich liefern lassen konnten. Auf der Plattform boten verschiedene Restaurants ihre Gerichte an. Die Plattform vertrat die Auffassung, sie selbst sei Lieferantin der Gerichte (und vermittle nicht lediglich zwischen Kunden und Restaurants). Entsprechend stellte sie „ihre“ Leistungen (Lieferung der Gerichte inkl. Lieferservicegebühren) den Kunden zum reduzierten Steuersatz in Rechnung. Die ESTV vertrat dagegen die Auffassung, die Plattform sei lediglich Vermittlerin zwischen Restaurants und Kunden. Entsprechend dürften nur die Restaurants ihre Leistungen zum reduzierten Satz abrechnen. Die Leistung der Plattform selbst sei zum Normalsatz zu versteuern.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) schloss sich der Auffassung der Steuerpflichtigen an. Es stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die mutmassliche Wahrnehmung der Kunden bei Nutzung der Plattform (Auswahl der Speisen, Bestellung, Bezahlung und Lieferung). Dass z.B. die AGB die Plattform ausdrücklich als Vermittlerin identifizierten, erachtete das BVG hingegen als nicht derart gewichtig, um die Gesamtwahrnehmung im Übrigen zu überlagern.
Vom 8. August (9C_67/2024)
Das BG rückt bei seiner Entscheidung objektive Kriterien wie AGB und Rechnungsdokumente in den Fokus bei der Analyse der mutmasslichen Kundenwahrnehmung. Insbesondere hatte die Plattform die Partnerrestaurants stets benannt und waren diese den Kunden bei Nutzung der Plattform stets bekannt und war sich aus Sicht des BG für die Nutzer stets erkennbar, dass sie die Speisen unmittelbar von den Partnerrestaurants und nicht der Plattform bezogen (durch entsprechende Hinweise während des Bestellprozesses sowie in den AGB).
Das Urteil des Bundesgerichts dürfte bei den Steuerpflichtigen für mehr Rechtssicherheit sorgen, da es die schriftliche Dokumentation in Form von beispielsweise AGB höher gewichtet. Da im Ergebnis eine Gesamtschau der Umstände im konkreten Fall massgeblich ist, bleibt die bedachte Gestaltung des Aussenauftritts insgesamt von entscheidender Bedeutung.
Anders als im europäischen Ausland gelten in der Schweiz das Erwerben, Halten und Veräussern von Beteiligungen als unternehmerische Tätigkeit, die grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im Gesetz findet sich in Art. 29 Abs. 3 eine Definition, was als Beteiligung in diesem Sinne gilt (nachfolgend «qualifizierte Beteiligung»): Beteiligungen sind Anteile am Kapital anderer Unternehmen, die mit der Absicht dauernder Anlage gehalten werden und einen massgeblichen Einfluss vermitteln. Anteile von mindestens 10% am Kapital gelten als Beteiligung. Es besteht allerdings Unklarheit, wie die 10%-Grenze zu interpretieren ist: Greift ab 10% eine gesetzliche Vermutung? Oder ist bei weniger als 10% eine Beteiligung ausgeschlossen? Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu Stellung bezogen (Urteil vom 17. Juli 2024, A-903/2023).
Die X AG hält eine Beteiligung von 9% an der A AG. Sie hat der B AG ein Darlehen gewährt. Sie ersuchte die ESTV um Bestätigung, dass ihre Beteiligung von 9% an der A AG und das Darlehen an die B AG als qualifizierte Beteiligungen gelten. Die X AG stellte sich auf den Standpunkt, dass es sich bei der Bestimmung im zweiten Satz der Legaldefinition um eine „safe haven – rule“ handle, bei welcher automatisch vom Vorliegen einer Beteiligung ausgegangen werde. Darunter müsse das Vorliegen einer qualifizierten Beteiligung im Einzelfall geprüft werden. Die ESTV wies darauf hin, dass Beteiligungen von weniger als 10 % des Kapitals nicht als qualifizierte Beteiligung gelten und auch die Gewährung eines Darlehens keine Beteiligung in diesem Sinne darstelle. Die X AG könne daher insoweit diesem Zusammenhang keinen Vorsteuerabzug geltend machen.
Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob die Beschwerdeführerin zum Abzug der von ihr gezahlten Vorsteuer berechtigt ist. Um dies beurteilen zu können, war vorgängig zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin Beteiligungen im Sinne von Art. 29 Abs. 3 MWSTG hält und damit mehrwertsteuerpflichtig ist.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt zu dem Ergebnis, dass die in Art. 29 Abs. 3 MWST festgehaltene Grenze von 10% keine absolute Grösse ist. Die Auslegung deutet eher auf eine „safe haven-rule“ hin, wonach eine Beteiligung von mindestens 10% jedenfalls als Beteiligung im Sinne dieses Artikels gilt. Für Anteile von weniger als 10% kann und muss der Steuerpflichtige hingegen den Nachweis erbringen, dass eine qualifizierte Beteiligung vorliegt, die insbesondere „massgeblichen Einfluss vermittelt“. Nicht abschliessend äussert sich das Gericht dazu, ob bei Beteiligungen von mindestens 10% der Steuerbehörde der Gegenbeweis offensteht, dass die Beteiligung nicht aus betrieblichen Gründen, sondern lediglich als Finanzanlage gehalten wird.
Unbeantwortet bleibt auch die Frage, wie der Nachweis des massgeblichen Einflusses erfolgreich zu führen ist. Die Beschwerdeführerin konnte im vorliegenden Fall den Nachweis des massgeblichen Einflusses aus Sicht des Gerichts nicht erbringen, Es verwarf demzufolge die Ansicht der Beschwerdeführerin, insofern unternehmerisch im Sinne des Art. 10 Abs. 1ter MWSTG tätig zu sein.
Daneben verwarf das Gericht die Auffassung der Beschwerdeführerin, ein Darlehen könne eine qualifizierte Beteiligung begründen. Als «Beteiligungen» werden durchwegs Anteile am Kapital anderer Unternehmen verstanden. Forderungen stellen keine Beteiligungen dar.
Positiv ist, dass auch bei Beteiligungen von weniger als 10 % dem Steuerpflichtigen der Nachweis offensteht, über eine qualifizierte Beteiligung im Sinne des Art. 10 Abs. 1ter MWSTG zu verfügen. Wie der Nachweis konkret gelingt, bleibt unklar. Kritisch zu sehen ist, dass das Gericht offen lässt, ob auch bei Beteiligungen von mehr als 10% der ESTV vorbehalten bleibt, eine qualifizierte Beteiligung zu negieren.
Die Urteilsbegründung ruft auch in Erinnerung, dass MWST-Kontrollen Steuerpflichtige nicht verleiten dürfen, sich in „falscher Sicherheit“ zu wiegen. Eine unterbliebene Beanstandung innerhalb einer MWST Kontrolle gewährt keinen Vertrauensschutz, dass der gleiche Sachverhalt in Zukunft von der ESTV nicht doch beanstandet wird. Ähnlich verhält es sich mit Rulings, in denen sich die ESTV stets nur zu dem geschilderten Lebenssachverhalt und im Rahmen der aufgeworfenen Fragen äussert. Ein unvollständiger oder fehlerhafter Sachverhalt bedingt keinen Vertrauensschutz und der Vertrauensschutz kann nicht über die in Frage gestellte Behandlung hinausgehen.
Bei der mehrwertsteuerlichen Einordnung von Vergütungen für Vermittler im Finanzbereich ist Vorsicht geboten, selbst in der Verwaltungspraxis klar definierte Begriffe können je nach Sachverhalt sehr unterschiedlich ausgelegt werden.
Die Beschwerdeführerin war im vorliegenden Streitfall als Vermögensverwalterin tätig. Für ihre Tätigkeit erhielt sie im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrags zwei Arten von Entschädigungen: Einerseits wurden ihr die von den Vermögensverwaltungskunden bezahlten Courtagen zzgl. Courtagen der Bank ausbezahlt, andererseits erhielt sie eine monatliche Management Fee. Im Rahmen der Brokerage-Vereinbarungen mit zwei verschiedenen Banken erhielt die Beschwerdeführerin Vergütungen, bzw. externe Vermögensverwaltungsgebühren, die sich aus den auf den Konten der Kunden verzeichneten Aktivitäten ergaben.
Fraglich ist, wie diese Entgelte umsatzsteuerlich zu qualifizieren sind. Auch wenn nach der Verwaltungspraxis Begriffe schwarz auf weiss aufgelistet und definiert sind, müsste man diese Begriffe (hier Entgelte) genau analysieren und in den richtigen Kontext stellen, sonst kommt man zu ganz anderen Ergebnissen.
Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass die Beschwerdeführerin als Vermögensverwalterin tätig ist und dass die monatliche Management Fee der Steuer zum Normalsatz unterliegt. Strittig ist hingegen, ob es sich bei den Courtagen und externe Vermögensverwaltungsgebühren um ein Entgelt für eine von der Steuer ausgenommene Vermittlungsleistung oder eine steuerbare Vermögensverwaltungsleistung handelt.
In der Rechtsprechung sowie in der Verwaltungspraxis wird die Auffassung vertreten, dass für die Einstufung einer Vermittlertätigkeit das vermittelte Grundgeschäft massgeblich ist. Sofern das vermittelte Grundgeschäft dem von der Steuer ausgenommenen Bereich entstammt, ist das Entgelt für die Vermittlung von der Steuer ausgenommen.
Die Beschwerdeführerin bietet als Vermögensverwalterin sowohl Anlageberatung als auch Execution (Ausführung) für ihre Kunden an und erhält für diese Leistungen auch separate und vertraglich vereinbarte Vergütungen. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin (gestützt auf Ziff. 6.1.6 der MBI 14 und auf die frühere Rechtsprechung des BGs) gelten Courtagen für die Execution als von der Steuer ausgenommene Entgelte für den Handeln mit Wertpapieren. Alternativ sei die Vermögensverwaltungsleistung als ausgenommene Nebenleistung zur Vermittlungsleistung anzusehen, wie es der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem ähnlichen Fall (C-453/05, 21.6.2007) bereits entschieden hat.
Die Beschwerdeführerin vertritt den Standpunkt, dass sie Vermittlungsleistungen im Sinne der Verwaltungspraxis erbringt. Eine Nichtanwendung dieser Verwaltungspraxis würde gegen den verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensschutz verstossen.
Die Vermittlungstätigkeit ist unter Ziff. 5.10.1 der MBI 14 klar definiert und bezeichnet die Tätigkeit einer in dieser Funktion auftretenden Mittelperson, die darin besteht, auf den Abschluss eines Vertrages im Bereich des Geld- und Kapitalverkehrs zwischen zwei Parteien hinzuwirken, ohne selber Partei des vermittelten Vertrages zu sein und ohne ein Eigeninteresse am Inhalt des Vertrages zu haben. Die Vermittlung ist als eigenständige Mittlertätigkeit auszuüben.
Die ESTV hielt die Leistung der Beschwerdeführerin hingegen für eine steuerbare Vermögensverwaltung gestützt auf Ziff. 5.10.3 der MBI 14 und meint weiter, dass die finanziellen Zuwendungen (Retrozessionen) aufgrund der Ablieferungspflicht eine Eigeninteresse darstellen, was wiederum einer ausgenommenen Vermittlung entgegenstünde.
Das Bundesgericht vertritt die Auffassung, dass die Execution-Leistung der Beschwerdeführerin als akzessorisch zur Hauptleistung der Anlageberatung bzw. Vermögensverwaltung zu betrachten ist, da diese Leistung für sich alleine keinen Sinn ergäbe. Sie dient lediglich als Instrument, um die Hauptleistung der Beschwerdeführerin unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Für die Kunden hat diese Art von Leistung keinen eigenständigen Zweck. Gäbe es keine Vermögensverwaltungsmandate, würde kein Kunde die Execution-Leistungen allein in Anspruch nehmen, sondern eine Bank damit beauftragen.
Obgleich die Beschwerdeführerin der Überzeugung ist, dass Courtage in der Verwaltungspraxis als Nebenleistung nicht separat aufgeführt werden könnten, befindet das Bundesgericht, dass unter Umständen dieselbe Leistung je nach Kontext anders zu beurteilen sei. In diesem Fall erfüllt die Execution-Leistung (Nebenleistung) lediglich im Kontext eines Vermögensverwaltungsmandats (Hauptleistung) einen Zweck.
In Bezug auf den Vertrauensschutz macht das Bundesgericht darauf aufmerksam, dass sich das von der Beschwerdeführerin zitierte Kapitel 6.1 der MBI 14 unter dem Titel „Allgemeine Bankdienstleistungen“ spezifisch auf von Banken angebotene Dienstleistungen bezieht. Daher kann der Vertrauensschutz in diesem Zusammenhang nicht geltend gemacht werden.
Das vorliegende Urteil verdeutlicht die Relevanz einer präzisen Ermittlung der zugrunde liegenden Leistung im Rahmen einer Vermittlungstätigkeit. Diesbezüglich ist zu beachten, dass selbst die Ausführungen und Begrifflichkeiten in der Verwaltungspraxis lediglich in ihrem jeweiligen Kontext Gültigkeit besitzen.
Kundenportal
Newsletter
T +41 58 252 22 00
info@primetax.ch
Friesenbergstrasse 75
8055 Zürich
www.primetax.ch
T +41 58 252 22 00
info@primetax.ch
Friesenbergstrasse 75
8055 Zürich
www.primetax.ch