HINTERGRUND
Subvention und Spende stellen aus Sicht der Mehrwertsteuer sogenannte „Nicht-Entgelte“ dar. Das heisst, sie gelten als Mittelflüsse, denen keine Gegenleistung gegenübersteht. Als Nicht-Entgelte unterliegen Subvention und Spende gleichermassen nicht der Mehrwertsteuer. Dagegen unterscheiden sich Subvention und Spende auf Stufe des Vorsteuerabzugs. Während Spenden zu keiner Vorsteuerkürzung führen, lösen Subventionen das Erfordernis einer entsprechenden Vorsteuerkürzung aus. Die Abgrenzung zwischen Spende und Subvention erfolgt einerseits danach, ob es sich beim Zuwendenden um ein „Subjekt des öffentlichen Rechts“ (nachfolgend „Gemeinwesen“) handelt. So gelten entsprechende Zuwendungen, die nicht von einem Gemeinwesen entrichtet werden, grundsätzlich als Spenden. Erfolgt die Zuwendung hingegen durch ein Gemeinwesen, kann daraus nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich um eine Subvention handelt, da auch Gemeinwesen in der Lage sein sollen, im Sinne der Mehrwertsteuer zu „spenden“. Jüngst hatte sich das Bundesgericht erneut mit der Frage der Abgrenzung von Spende und Subvention auseinanderzusetzen.
BG ENTSCHEID 9C_609/2022
Sachverhalt
Im vorliegenden Bundesgerichtsfall 9C_609/2022 beabsichtigte die privatrechtlich organisierte Steuerpflichtige, deren statutarischer Zweck in der Bereitstellung von Lehr-, Forschungs- und Dienstleistungsinfrastrukturen für die Schulmedizin besteht, auf einem Grundstück im Eigentum des Kanton ZH einen Campus zu errichten. Für dieses Bauvorhaben erhielt die Steuerpflichtige vom Lotteriefonds des Kantons Zürich einen Investitionsbetrag von CHF 9‘000‘000.

Im Rahmen einer Kontrolle stellte sich die ESTV auf den Standpunkt, dass die Steuerpflichtige den Investitionsbeitrag des Lotteriefonds zu Unrecht als Spende und nicht als Subvention qualifiziert und deshalb zu Unrecht keine Kürzung des Vorsteuerabzugs vorgenommen habe. Insbesondere machte die ESTV geltend, der Betrag beruhe auf einer gesetzlichen Grundlage und sei zudem zweckgebunden, nämlich als Investitionsbeitrag für den Bau des muskuloskelettalen Forschungs- und Entwicklungszentrums, dessen Tätigkeit als im öffentlichen Interesse liegend betrachtet werden könne. Die Steuerpflichtige argumentierte, dass die Mittel als Spende zu würdigen seien und nicht als öffentlich-rechtlicher Beitrag im Sinne einer Subvention.

Dementsprechend war im vorliegenden Fall streitig, ob der Lotteriefonds einen vorsteuerwirksamen öffentlich-rechtlichen Beitrag (Subvention) oder eine vorsteuerneutrale Spende erbracht hatte.

Entscheid des Bundesgerichts
Generell hält das Bundesgericht fest, dass eine (steuerneutrale) Spende dann vorliege, wenn eine freiwillige Zuwendung mit der Absicht erfolgt, die empfangende Person zu bereichern, ohne dass damit die Erwartung einer Gegenleistung im mehrwertsteuerlichen Sinne einhergeht. Die spendenempfangende Person kann weitgehend nach Gutdünken über die Mittel verfügen, was nicht ausschliesst, dass Spenden im Hinblick auf ein bestimmtes Projekt getätigt werden. Die begünstigte Person unterliegt grundsätzlich keiner gesetzlich normierten Verhaltenspflicht. Demnach können grundsätzlich auch Gemeinwesen Spenden tätigen.

Das Bundesgericht prüft drei wesentliche Abgrenzungskriterien von der Subvention zur Spende:

    1. Werden die Mittel von einem Gemeinwesen zur Verfügung gestellt?
    2. Beruht die Zuwendung der Mittel auf einer gesetzlichen Grundlage?
    3. Werden die Mittel ohne Erwartung einer konkreten Gegenleistung zugesprochen?
Die ersten beiden Kriterien seien nach Ansicht des Gerichts vorliegend relativ unproblematisch erfüllt. Der Lotteriefonds stelle sich als verlängerter Arm des Kantons ZH dar und auch an der gesetzlichen Grundlage für die Zuwendung fehlte es vorliegend nicht. Massgeblich für die Abgrenzung zwischen Spende und Subvention war nach Ansicht des Gerichts vorliegend, ob die Zuwendung in Erwartung einer individuell-konkreten Gegenleistung erfolgte. Konkret beurteilte das Gericht die Frage, ob die Empfängerin der Zuwendung über diese „frei und nach Gutdünken“ verfügen konnte. Im Ergebnis verneint es dies, da „die Erwartungen seitens des Kantons Zürich zwangsläufig weiter reichen [mussten], indem beträchtliche öffentliche Mittel auf dem Spiel stehen, die haushälterisch zu verwenden und zielgerichtet einzusetzen sind». Es könne „dem Kanton Zürich nicht unterstellt werden, die Mittel gesprochen und deren Verwendung weitgehend der Steuerpflichtigen überlassen zu haben.“ Damit aber sei eine Spende ausgeschlossen, da „im Fall einer Spende […] zu erwarten [sei], dass sie frei von einer rechtlich durchsetzbaren Verhaltensbindung erfolgt, abgesehen davon, dass die Mittel sachgemäss eingesetzt werden.“
FAZIT
Das Urteil des Bundesgerichts wirft Fragen auf. An den entscheidenden Stellen stützt sich das Gericht eher auf Mutmassungen, als dass es seine entscheiderheblichen Erwägungen belegt. Unscharf ist im Vorliegenden insbesondere die Abgrenzung von der „projektbezogenen Spende“ zur Subvention (wobei das Gericht ausdrücklich anerkennt, dass es projektbezogene Spenden geben kann). Steuerpflichtige, die Zuwendungen erhalten, die im weitesten Sinne als durch ein Gemeinwesen bewirkt gelten könnten, sollten ihre Position aus Sicht der Mehrwertsteuer überprüfen. Werden solche Mittel neu gesprochen, sollten entsprechende Verträge dahingehend geprüft werden, ob sie hinreichend klar formuliert sind, um trennscharf von Spende oder Subvention ausgehen zu können. Subventionen sollen auch Bestandteil der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes sein. Ob dadurch mehr Klarheit geschaffen wird, bleibt abzuwarten.
Die ESTV hat aufgrund der Beurteilung neuer Sachverhalte sowie infolge, des Entscheids des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. August 2021 (A 2587/2020) eine erstmalige Praxisfestle-gung zu Gutscheinen veröffentlicht. Noch handelt es sich bei der Praxisfestlegung und den daraus folgenden Anpassungen in den MWST-Infos 04, Steuerobjekt, 07, Steuerbemessung und Steuersätze sowie MWST-Branchen Info 06, Detailhandel und 10, Transportunternehmen des öffentlichen und des touristischen Verkehrs um einen Entwurf. Allerdings ist die Frist zur Stellungnahme abgeschlossen, sodass keine grossen Änderungen mehr zu erwarten sind. Im Wesentlichen führt die Praxisfestlegung eine Unterscheidung zwischen Leistungs- und Wert-gutscheinen ein, die jeweils eine andere MWST-liche Behandlung erfahren. Neben der Be-kanntgabe einer Definition der Gutscheinkategorien hat die ESTV bei der Überarbeitung insbe-sondere der MWST-Info 04, Steuerobjekt, diverse Beispiele eingefügt, die dem Steuerpflichti-gen helfen sollen, zwischen Leistungs- und Wertgutschein zu unterscheiden.
  • URTEIL DES BUNDESVERWALTUNGSGERICHTES VOM 10. AUGUST 2023 (A-2587/2020)

Im zu beurteilenden Fall hatte die Steuerpflichtige Gutscheine für Outdoor-Events verkauft. Be-züglich der MWST war die Steuerpflichtige der bis dahin geltenden Praxis der ESTV gefolgt, wonach der Verkauf eines Gutscheines, weitgehend unabhängig von dessen konkreter Ausge-staltung, mehrwertsteuerlich irrelevant war. Erst die Einlösung desselben führte grundsätzlich zu einem mehrwertsteuerlich relevanten Leistungsaustausch, der entsprechend den üblichen Re-geln zu versteuern ist. Neu machte die ESTV geltend, je nach Ausgestaltung der Gutscheine seien die MWST-Konsequenzen unterschiedlich und es sei zwischen Leistungs- und Wertgut-scheinen zu unterscheiden. Tatsächlich standen dem Kunden die Folgenden Gutscheinarten zur Auswahl:

  • In der ersten Variante erhielt der Kunde nach Bezahlung einen Gutschein, mit dem er zu einem späteren Zeitpunkt im Umfang des auf dem Gutschein genannten Geldbetrages eine beliebige Leistung bei der Beschwerdeführerin beziehen konnte. Diese Art des Gutscheins sei als sog. „Wertgutschein“ im Einklang mit der bekannten Praxis als Zah-lungsmittel zu sehen, dessen Ausgabe für die MWST irrelevant sei und der erst bei sei-ner Einlösung zu einem MWST-relevanten Umsatz führe.
  • In der zweiten Variante erhielt der Kunde einen Gutschein, mit dem er gegen Einlösung desselben zu einem späteren Zeitpunkt die auf dem Gutschein an der genannten Aktivi-tät an einem bereits bestimmten Ort teilnehmen konnte. Diese Art des Gutscheines qualifiziere als sog. „Leistungsgutschein“, bei dem bereits die Ausgaben zu einem MWST-relevanten Umsatz führe. Da die Leistung bereits bestimmt (oder zumindest bestimmbar) sei, handle es sich bei der Bezahlung um eine Vorauszahlung, die gestützt auf das MWSTG bereits anlässlich der Vereinnahmung zu versteuern sei.

    Das Bundesverwaltungsgericht folgte diesbezüglich der Argumentation der ESTV mit der Folge, dass neu für die korrekte Handhabung der MWST zwischen den beiden Gutscheinarten zu unterscheiden ist. Ein Unterscheidungsmerkmal sei insbesondere auch darin zu sehen, welche der Parteien, der Leistungsempfänger oder -erbringer, das Preisrisiko trägt. Wird es vom Leistungserbringer getragen, liegt ein Leistungsgutschein vor. Wird das Preisrisiko hingegen vom Leistungsempfänger getragen, spricht dies für das Vorliegen eines Wertgutscheins.

    DEFINITIONEN, MEHRWERTSTEUERLICHE FOLGEN UND BEISPIELE

    Vor diesem Hintergrund hat die ESTV am 31. August 2023 ihre diesbezügliche Praxis im Entwurf publiziert. Danach gelten folgende Definitionen und mehrwertsteuerlichen Folgen:

    Der Definition der ESTV folgend berechtigen Gutscheine im Allgemeinen zum Bezug von Dienstleistungen und Lieferungen. Dabei können sie in physischer oder elektronischer Form herausgegeben werden. Dabei ist zu beachten, dass die ESTV Rabattgutscheine oder Fahrkar-ten für den öffentlichen Verkehr, Eintrittskarten oder Briefmarken explizit nicht als Gutscheine im vorgenannten Sinne verstanden wissen möchte.

    Im Einklang mit dem oben genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes ist neu zwischen Wert- und Leistungsgutscheinen zu unterscheiden, wobei die ESTV das vom Bundesverwaltungsgericht angeführte Unterscheidungsmerkmal zur Frage, wer das Preisrisiko trägt, nicht weiter aufgreift. Vielmehr gilt dass ein Wertgutschein vorliegt, wenn auf dem Gutschein lediglich ein Wert angegeben oder elektronisch hinterlegt ist und mit dem eine beliebige Leistung in Höhe des Geldbetrages bezogen werden kann. Wertgutscheine sind als Zahlungsmittel zu behandeln, da beim Verkauf keine Leistung erbracht und (technisch) kein Entgelt vereinnahmt wird, es liegen lediglich Mittelflüsse vor. Somit fliessen Zahlungen für Wertgutscheine nicht in die Bemessungsgrundlage für die MWST. Bedingung ist allerdings, dass auf dem Gutschein kein Steuersatz ausgewiesen wird (ansonsten gilt der Grundsatz „Fakturierte Steuer ist geschuldete Steuer“).

    Interessant ist an dieser Stelle, dass im Falle des gewerbsmässigen Handels mit Wertgutscheinen dennoch ein Leistungsaustausch angenommen wird: diesfalls liegt ausgenommener Umsatz im Bereich des Geld- und Kapitalverkehrs vor. Eine Begründung für diese Umqualifizierung der MWST-Folgen je nachdem, ob gewerbsmässig damit gehandelt wird oder nicht, bleibt die ESTV schuldig genauso wie die Antwort auf die Frage, welcher Handel mit Wertgutscheinen durch Unternehmen allenfalls als nicht gewerbsmässig qualifizieren könnte. Fest steht: liegt keine Entgeltlichkeit vor, haben entsprechende Mittelflüsse keinen Einfluss auf die Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Liegen hingegen ausgenommene Umsätze vor, muss der Vorsteuerabzug entsprechend korrigiert werden. Die Frage ist im Einzelfall demnach durchaus relevant und es ist nicht auszuschliessen, dass Gerichte sie werden klären müssen.

    Ein Leistungsgutschein liegt hingegen vor, wenn auf dem Gutschein eine bestimmte oder be-stimmbare Leistung angegeben ist. Der Kunde hat die Wahl, wann der Gutschein eingelöst wer-den kann, nicht aber für welche Leistung. Das Vorhandensein einer Wertangabe auf dem Gut-schein ändert an dieser Qualifikation nichts.

    Eine Leistung gilt als bestimmt oder bestimmbar, wenn der Leistungserbringer bereits beim Ver-kauf des Gutscheins aufgrund der Art der Leistung feststellen kann, wo und in welcher Höhe die Steuer geschuldet und abgerechnet wird. In diesem Fall gilt die Vereinnahmung des Kaufpreises als Vorauszahlung und die Steuer wird zum Zeitpunkt der Vereinnahmung fällig. Wird der Gutschein nicht eingelöst oder verfällt er, ist eine Korrektur als Entgeltminderung möglich, wenn das Entgelt erstattet wird oder der Leistungsempfänger auf die Rückerstattung des Entgelts verzichtet.

    Im Falle des Leistungsgutscheines weist die ESTV darauf hin, dass die Steuer in jener Periode abzurechnen und zu entrichten ist, in welcher die Vereinnahmung des Kaufpreises erfolgt. Be-zügilch des anzuwendenden Steuersatzes ist vor dem Hintergrund der zum 1. Januar 2024 in Kraft tretenden Steuersatzänderungen zu beachten, dass derjenige Steuersatz massgebend ist, der im Zeitpunkt der Leistungserbringung gilt (vgl. hierzu auch unseren Blogbeitrag vom 09.08.2023) Im Falle von Leistungsgutscheinen erfolgt die Leistungserbringung erst anlässlich der Einlösung. Da der Kunde gerade bei Gutscheinen mit längerer Gültigkeitsdauer alleine dar-über entscheidet, wann die Einlösung erfolgt, kann der Leistungserbringer im Falle einer jahres-übergreifenden Gültigkeitsdauer nicht wissen, wann er die Leistung letztendlich erbringen wird. In solchen Fällen dürfte ausnahmsweise der Steuersatz im Zeitpunkt des Verkaufs massgebend sein, eine allfällige nachträgliche Korrektur erübrigt sich.

    Im Weiteren führt die ESTV verschiedene Beispiele auf. Hervorzuheben ist dabei, dass die ESTV auch dann von einem Leistungsgutschein ausgeht, sofern der Kunde den Gutschein gemäss den AGB des Leistungserbringers (und ohne weiteren Hinweis auf dem Gutschein) auch für eine andere als die auf dem Gutschein genannte Leistung einlösen kann. Von einem Wertgutschein ist hingegen auszugehen, wenn auf dem Gutschein selbst optional die Einlösung für eine andere Leistung ermöglicht wird. Damit will die ESTV mutmasslich verhindern, dass Leistungserbringer aufgrund von Klauseln in den AGB unkompliziert aus allen von ihnen vertriebenen Gutscheinen Leistungsgutscheine machen können, um so gegebenenfalls die Vorsteuerkorrektur zu umgehen, die notwendig ist, sofern gewerblich Wertgutscheine vertrieben werden (dazu siehe die Ausführungen weiter oben).

    PARALELLEN ZUR REGELUNG IN DER EU

    In der EU wird zwischen Einzweck- und Mehrzweckgutschein unterschieden. Ein Einzweck-Gutschein liegt vor, wenn der anwendbare Steuersatz im Zeitpunkt der Ausgabe bestimmt wer-den kann, weil die bei der Einlösung zu erbringende Leistung bereits bestimmt oder bestimmbar ist. Die Steuerschuld entsteht bei Einzweck-Gutscheinen im Zeitpunkt der Ausgabe. Mehr-zweckgutscheine hingegen sind Gutscheine, bei denen die Gegenleistung noch nicht eindeutig festgelegt ist und darum der letztlich anzuwendende Steuersatz im Zeitpunkt der Ausgabe noch nicht feststeht Folgerichtig entsteht die Steuerschuld erst anlässlich der Einlösung.
    Die Begriffe und Definitionen sind zwar nicht deckungsgleich, dennoch sind die Parallelen zu erkennen. So entspricht der Wertgutschein wohl weitgehend dem Mehrzweck-Gutschein, der Leistungsgutschein dem Einzweck-Gutschein. Inwieweit hier aber in der Praxis bzw. anlässlich der Beurteilung von einzelnen Fällen tatsächlich Deckungsgleichheit besteht, wird sich noch erweisen müssen.

    • FAZIT
  • Es ist erfreulich, dass die ESTV im Nachgang zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nun ihre Neubeurteilung der Praxis zu Gutscheinen publiziert hat und dabei mit Beispielen arbeitet. Dennoch bleiben die ein oder anderen Fragen offen und es bleibt abzuwarten, wie sich die von der ESTV ausgearbeiteten Regeln in der Praxis bewähren werden. Anbietern von Gutscheinen wird empfohlen, sich mit ihnen vertraut zu machen um deren Einhaltung sicherzustellen. Im Einzelfall kann es angezeigt sein, den Rat eines Experten beizuziehen.

    Die italienischen Steuerbehörden haben für den Zeitraum 2015 bis 2021 gegen den US-Konzern Meta einen Umsatzsteuerbescheid in Höhe von 870 Millionen Euro erlassen.  Sie sind der Ansicht, dass zwischen den Nutzern und den vom Meta-Konzern betriebenen Plattformen wie z.B. Facebook eine Tauschvereinbarung besteht, aufgrund derer Meta die Umsatzsteuer auf den Wert des Zugangs zur jeweiligen Plattform schuldet. Demnach bezahlen die Nutzerinnen in Tat und Wahrheit mit ihren Daten für den Zugang und für die Nutzung der Plattformen des Konzerns. Der Fall ist auch für Schweizer Unternehmen interessant, die privaten Nutzen im EU Raum online einen kostenfreien (oder sehr günstigen) Zugang z.B. zu Informationsplattformen gewähren und dabei Kundendaten abfragen/wirtschaftlich nutzen.  

    Hintergrund

    Zum Meta-Konzern gehören diverse Social-Media Plattformen wie z.B. Facebook, WhatsApp oder Instagram. Diese Plattformen werden weltweit von Millionen Menschen aufgerufen und genutzt. Dabei wird der Zugang zu diesen Plattformen aus Sicht des Meta-Konzerns und wohl auch in der Wahrnehmung vieler Nutzer und Nutzerinnen kostenlos gewährt. Insbesondere schulden die Nutzer keine Zahlung einer Zugangsgebühr oder ähnliches.  Vielmehr genügt für die Gewährung des Zugangs das Einverständnis der Nutzerinnen zur Auswertung und zur Vermarktung ihrer persönlichen Daten durch den Meta-Konzern, wobei dies üblicherweise durch die Zustimmung zu den AGB der jeweiligen Plattform geschieht. Wird die Zustimmung zu den AGB abgelehnt, bedeutet dies für die betreffenden Personen in der Regel die Verweigerung des Zugangs zur gewünschten Plattform.

    Konkret nutzt der Meta-Konzern, soweit dies ersichtlich ist, die Daten nicht direkt, sondern indirekt: Indem Nutzerdaten wie Geschlecht, Alter, Standorte, genutzte Geräte, Likes, besuchte Seiten etc. ausgewertet werden, kann Werbung von Drittanbietern gezielt und auf den jeweiligen Nutzer zugeschnitten geschaltet werden. So machen Werbeeinnahmen über 95% des Umsatzes von Facebook aus. Auf diese Weise werden die Nutzerdaten letztlich (indirekt) monetarisiert.

    Was bedeutet dies (möglicherweise) für die MWST?

    Gestützt auf die MWST-Richtlinie der EU unterliegt der MWST das Erbringen von Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt. Zu beachten ist dabei, dass unter dem Begriff „Entgelt“ nicht nur Geld zu verstehen ist. Vielmehr können auch erhaltene Naturalien Entgelt darstellen. Erfolgt das Entgelt für eine Leistung in Naturalien, wird gemeinhin von einem Tauschverhältnis gesprochen, bei dem der Marktwert jeder Leistung als Entgelt für die jeweils andere Leistung gilt.

    Bezogen auf den konkreten Fall stellen sich die italienischen Steuerbehörden denn auch auf den Standpunkt, dass der Zugang zur Plattform nur vermeintlich gratis ist. Denn die Nutzer zahlen mit dem Wert ihrer Daten. Dies bedeutet, dass die italienischen Behörden den Nutzerdaten einen Marktwert zusprechen, wohl mit dem Gedanken, dass diese ein essenzielles Element für den finanziellen Erfolg des Meta-Konzerns darstellen: Ohne die Daten wäre eine zielgenaue Platzierung der Werbung nicht möglich und damit die Werbung auf den Plattformen für Drittanbieter nicht so interessant, sodass die Werbeumsätze ohne Nutzung der Daten wenn nicht einbrechen, so doch signifikant geringer ausfallen würden.

    Bei der Leistung „Zugangsgewährung zu Plattformen/digitalen Inhalten“ dürfte es sich den üblichen MWST-Regeln zufolge um elektronisch erbrachte Dienstleistungen handeln (es ist seitens Meta keine nennenswerte von Menschen durchgeführte Handlung notwendig, um den Zugang zu ermöglichen). Der Ort der Leistung bestimmt sich nach Art. 58 der EU MWST-Richtlinie. Demnach gilt in all jenen Fällen, in denen die Nutzer und Nutzerinnen in Italien ansässig sind, Italien als Leistungsort. Und da es sich bei den Nutzern in den überwiegenden Fällen um Privatpersonen handeln dürfte, ist vorliegend Meta (bzw. die die Plattform betreibende Konzerngesellschaft) für die Abrechnung der MWST mit den italienischen Behörden zuständig (dazu wird entweder eine direkte MWST-Registrierung in Italien oder eine Registrierung über den One Stop Shop benötigt).  Bemessungsgrundlage für die von Meta erbrachte Leistung „Zugangsgewährung zu Plattformen/digitalen Inhalten“ wäre demnach der Marktwert der erhaltenen Daten.

    Fragestellungen und mögliche Konsequenzen

    Der Fall ist in diverser Hinsicht nicht ganz einfach und wirft viele Fragen auf, die die Gerichte werden beantworten müssen. Die wichtigste Frage ist dabei, wie genau der Marktwert der individuellen Daten zu bemessen ist (sind z.B. alle Daten gleich viel wert oder sind die Daten bestimmter Personengruppen, z.B. von Daten von Prominenten / Influencern wertvoller als Daten von „normalen“ Nutzern?). Wird den Daten ein Marktwert zugesprochen, muss jedes Unternehmen, welches privaten Nutzern grenzüberschreitend einen kostenfreien Onlinezugang zu Informationen gewährt und dabei Daten der Kunden wirtschaftlich nutzt, prüfen, ob und inwieweit mehrwertsteuerliche Registrierungen in den Staaten, in denen die Nutzer ansässig sind, notwendig sind. Möglicherweise empfiehlt es sich zudem, für den Onlinezugang ein Entgelt zu verlangen (welches dann mit dem Wert der Daten verrechnet wird) und/oder sofern möglich in den relevanten Staaten mit den jeweiligen Steuerbehörden ein Ruling anzustreben, um hier Rechtssicherheit zur Bemessungsgrundlage zu erlangen.

    Letztlich stellen sich auch Fragen aus Sicht der Nutzer: werden sie nun selber möglicherweise zu steuerpflichtigen Unternehmern, wenn sie umgekehrt als Entgelt für ihre Zustimmung zur Datensammlung und Verwertung den Zugang zu digitalen Inhalten/Plattformen erhalten?

    Fazit

    Der Fall ist von herausragender Bedeutung, nicht nur für Meta und wegen des horrend hohen Betrages, der auf dem Spiel steht. Denn wenn das Gericht der Argumentation der italienischen Behörden folgt, ist abzusehen, dass andere EU-Mitgliedstaaten wahrscheinlich nicht zögern werden, den gleichen Weg gegenüber Meta einzuschlagen, was enorme zusätzliche finanzielle Folgen für das Unternehmen haben dürfte. Auch die Schweiz könnte diesem Vorgehen folgen, und das nicht nur gegenüber Meta: jedes Unternehmen, das den Zugang privater Konsumenten zu bestimmten Leistungen and die Zustimmung zur Verwertung der persönlichen Daten knüpft, von Google bis hin zum lokalen Supermarkt, der eine Treuekarte herausgibt, ist potenziell betroffen.

    Rechnungen kommt in der MWST bekannterweise eine herausragende Bedeutung zu: einerseits wird mit ihnen die MWST (sofern anwendbar) auf den Kunden überwälzt, andererseits bildet sie für Unternehmen eine wesentliche Grundlage für die Rückforderung der mit ihr belasteten Mehrwertsteuer (sog. Vorsteuer). Bisher kennt die Schweiz zwei Rechnungsformate: die Rechnung in Papierform und die elektronische Rechnung (oder auch E-Rechnung). Letztere wird von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) aktuell definiert als ein elektronisch generiertes Dokument, welches die gleichen Inhalte und Rechtsfolgen hat wie Papierrechnungen. Mit der Überarbeitung der MWST-Info 16, Buchführung und Rechnungsstellung, Entwurf vom 3. Mai 2023, wird scheinbar ein weiteres Format eingeführt: neben der Papierrechnung und der E-Rechnung soll es neu auch die digitale Rechnung geben. Doch wie unterscheiden sich diese beiden letztgenannten Kategorien genau voneinander? Und wie relevant ist dies für in der Schweiz tätige Unternehmen in der Praxis, welche möglichen Konsequenzen ergeben sich daraus?

    Hintergrund

    Noch vor wenigen Jahrzehnten wurden Rechnungsdokumente (mangels besserer Alternativen) immer in Papierform erstellt, doch im Zuge der Digitalisierung eröffneten sich schnell neue billigere und zeitsparendere Möglichkeiten: so erfreute sich die via E-Mail verschickte Rechnung im PDF-Format zunehmender Beliebtheit. Die früher geltenden mehrwertsteuerlichen Regeln zur Rechnung waren starr, die Anforderungen an Formerfordernisse hoch und letztlich auf Papierrechnungen zugeschnitten. Neue Regeln wurden notwendig, um für Unternehmen Rechtssicherheit im Umgang mit Rechnungen, die nicht in Papierform erstellt und versendet werden oder die zwar in Papierform übermittelt, aber elektronisch archiviert werden, zu schaffen. Dies gilt nicht nur für die Schweiz, sondern Weltweit.

    e-Rechnungen in der Schweiz

    AKTUELL GÜLTIGE REGELUNGEN

    Das Schweizer MWST-Gesetz (MWSTG) definiert eine Rechnung als Dokument, mit dem über das Entgelt für eine Leistung abgerechnet wird. Die Bezeichnung des Dokuments ist irrelevant (Substance over Form). Damit gelten auch Verträge, Quittungen, Kassenzettel und dergleichen als Rechnung im Sinne des MWSTG. Zur Frage der Trägerart schweigt das Gesetz. Die ESTV definiert in der von ihr publizierten und aktuell gültigen Praxis elektronische Rechnungen als elektronische Dokumente, die die gleichen Inhalte und Rechtsfolgen haben wie Papierrechnungen. Damit anerkennt die ESTV E-Rechnungen ausdrücklich als Rechnungen an und hält fest, dass für E-Rechnungen die gleichen Regeln gelten wie für Papierrechnungen. So haben Rechnungen in elektronischer Form grundsätzlich die gleiche Beweiskraft wie Papierrechnungen, sofern die Grundsätze einer ordnungsgemässen Buchführung und sämtliche Anforderungen der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) eingehalten sind (d.h. die Belege werden so aufbewahrt, dass sie nicht geändert werden können und während der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit überprüfbar sind). Dies steht im Einklang mit der im MWSTG verankerten Beweismittelfreiheit. Mit dieser Praxis wurde für Unternehmen der Weg freigemacht, Rechnungen im PDF-Format via E-Mail oder in einem anderen digitalen Format zu verschicken und dabei auf Druck und Versand zu verzichten, ohne nachteilige MWST-Konsequenzen fürchten zu müssen. Dies gilt unabhängig von der allfälligen Nutzung einer elektronischen Signatur. 

    JÜNGSTE PUBLIKATIONEN DER ESTV UND GEPLANTE PRAXISANPASSUNGEN

    Anfang Mai 2023 publizierte die ESTV den Entwurf der überarbeiteten MWST-Info 16, Buchführung und Rechnungsstellung (die Frist zur Vernehmlassung ist seit dem 7. Juni 2023 abgelaufen). Aus dem vorliegenden Entwurf ergibt sich, dass elektronische Belege auch weiterhin den Papierbelegen gleichgestellt sind und grundsätzlich als Nachweise akzeptiert werden. Interessant ist jedoch, dass gemäss Entwurf der Passus zur Definition einer elektronischen Rechnung ersatzlos gestrichen werden soll. Stattdessen findet sich in einer scheinbar nebensächlichen Anmerkung folgender Satz:

    «Die Papierrechnung, die elektronische und digitale Rechnung (z.B. PDF-Rechnung oder gescannte Papierrechnung) sind für die Belange der MWST gleichgestellt.»

    Hiermit führt die ESTV neben der Papierrechnung und der E-Rechnung offenbar eine dritte Kategorie, nämlich die digitale Rechnung, ein. Heisst das, eine Rechnung im PDF-Format gilt nicht mehr als elektronische Rechnung? Und was genau ist dann unter einer elektronischen Rechnung im Unterschied zur digitalen Rechnung zu verstehen? Hat dies für Unternehmen eine Praxisrelevanz? Dem Entwurf der Praxispublikation ist dazu nichts weiter zu entnehmen.

    EIN BLICK ÜBER DIE GRENZE

    Einen Hinweis darauf, wie eine digitale Rechnung von einer E-Rechnung möglicherweise abzugrenzen ist, könnte ein Blick auf die in der EU gültigen Regelungen geben:

    Bereits im Jahr 2010 wurde die MWST-Richtlinie der EU dahingehend angepasst, dass auch Dokumente, die in einem elektronischen Format gesendet und empfangen werden und denselben Inhalt wie eine Papierrechnung enthält, grundsätzlich als Rechnungen anzusehen sind. Damit wollte die EU die Nutzung von E-Rechnungen bewusst fördern. Jedoch wie so oft wird diese Bestimmung von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich interpretiert und angewendet, insbesondere dazu, was die Voraussetzungen sind, um eine solche Rechnung als für die Zwecke der MWST gültig ansehen zu können. Manche Länder akzeptieren demnach wie die Schweiz einfache PDF Rechnungen, andere verlangen zusätzlich eine elektronische Signatur oder sind noch strenger. Im Rahmen von Peppol (Pan-European Public Procurement On-Line), einem Projekt, das den Prozess der elektronisch unterstützten öffentlichen Vergabe von Aufträgen innerhalb der EU harmonisieren soll, wurde dann 2014 die EU Richtlinie über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen in Kraft gesetzt. Diese definiert die elektronische Rechnung sehr eng als eine Rechnung, die in einem bestimmten strukturierten elektronischen Format (CEN/TC 434 EN16931) ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und das ihre automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht. Rechnungen im PDF-Format werden von dieser Definition nicht erfasst (selbst wenn sie unbestritten digital übermittelt werden). Zwischenzeitlich gilt für alle EU-Mitgliedsstaaten, dass Rechnungen an Staatliche Behörden (sog. B2G, Business to Government) nur noch in diesem speziellen strukturiere Format eingereicht werden dürfen. Die aktuell viel diskutierte MWST-Initiative der EU, ViDA (VAT in the Digital Age), baut nun auf diese Definition der elektronischen Rechnung auf und sieht für Unternehmen, die in der EU grenzüberschreitend Leistungen erbringen, eine Verpflichtung zur Ausstellung von elektronischen Rechnungen im Format CEN/TC 434EN16931 auch bei Transaktionen zwischen Unternehmen (B2B) vor.

    BEDEUTUNG FÜR DIE SCHWEIZER PRAXIS

    Es ist nicht klar, ob die Schweiz bzw. die ESTV sich darauf vorbereitet, in absehbarer Zeit ebenfalls entsprechende Regelungen einzuführen und eventuell sogar inskünftig E-Rechnungen nur noch als Rechnungen zu definieren, die in einem bestimmten strukturierten Format übermittelt und empfangen werden. Zwar ist die Schweiz kein Mitglied der EU und damit auch nicht verpflichtet, sich den in der EU geltenden Vorgaben zur Rechnungsstellung zu unterwerfen. Im Interesse der Wirtschaft ist aber eine gewisse Orientierung des Schweizer MWST-Rechts and dasjenige der EU sinnvoll, selbst wenn es sich dabei zunächst nur um die Frage von Definitionen handeln sollte. Denn aktuell ist nicht zu sehen, dass die von der ESTV geplante sprachliche Einführung einer dritten Form von Rechnungen in der Schweiz praktische Relevanz haben wird: die Rechnungskategorien «Papierrechnung», «E-Rechnung» und «digitale Rechnung» sind einander gleichgestellt, für eine Einführung einer obligatorischen Rechnungsstellung in einem bestimmten strukturierten elektronischen Format gibt es aktuell keine Anhaltspunkte. Aber sie wird wohl möglich gemacht, was sich daran zeigen dürfte, dass die Eidgenössische Finanzverwaltung in einer Medienmitteilung vom 17. März 2023 die Rechnungsstellung in Form der E-Rechnung bewirbt (https://www.efv.admin.ch/efv/de/home/efv/erechnung/e-rechnung-zustellen.html): denn gemäss Medienmitteilung qualifizieren als E-Rechnungen die Fakturierung im PDF-Format ebenso wie die Fakturierung mittels integriertem System (ERP; mit oder ohne Involvierung eines Service Providers) und die Erfassung der Rechnung im Internet (via Service Provider).   

    Fazit

    Bei der geplanten Unterscheidung zwischen E-Rechnungen und neu auch digitalen Rechnungen handelt es sich wohl lediglich um eine sprachliche Differenzierung, die aktuell in der Schweizer Praxis vermutlich keine Auswirkungen haben wird. Ob dies aber auch für die Zukunft gilt, bleibt abzuwarten. In der Schweiz ansässige Unternehmen, die in der EU tätig sind, sollten die Entwicklungen im Zusammenhang mit der ViDA Initiative im Blick behalten und auch beobachten, wie die Schweizer Behörden darauf reagieren.

    Das Bundesgericht hat einen Kunstsammler unlängst zur Nachzahlung von Einfuhrsteuern in Höhe von rund CHF 11 Mio. plus Verzugszinsen in Höhe von rund 2.5 Mio. verurteilt. Richtig teuer wurde es für den Kunstsammler aber, als die Steuerfahnder des kantonalen Steueramtes die vom Zoll beschlagnahmten Akten eingehend prüften.

    Hintergrund

    Hintergrund war, dass die Einfuhr in die Schweiz durch eine Galerie erfolgte, die eine Bewilligung zur Nutzung des Verlagerungsverfahrens hatte. Offenbar zu Unrecht, denn wie das Gericht in seinem Urteil 2C_219/2018 vom 27. April 2020 bestätigt, ist nur derjenige berechtigt, als Importeur aufzutreten, der unmittelbar nach der Einfuhr die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Importwaren innehat. Dass die Galerie die Verfügungsmacht an den Werken hatte, wurde vorliegend verneint und in der Folge der Kunstsammler, dem die Verfügungsmacht im fraglichen Zeitpunkt tatsächlich zustand und daher als Importeur hätte auftreten müssen, zur Zahlung der Einfuhrsteuern verpflichtet.

    Das Verlagerungsverfahren

    Beim Verlagerungsverfahren entrichtet der Importeur die Einfuhrsteuer nicht an das BAZG, sondern deklariert sie im Rahmen der entsprechenden Mehrwertsteuer-Quartalabrechnung auf einem separaten Formular und macht sie zeitgleich als Vorsteuer geltend (weshalb kein Geld fliesst). Die Anwendung des Verlagerungsverfahrens ist an diverse, kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft, u.a. dass der Bewilligungsinhaber in der Schweiz steuerpflichtig ist.

    Im hier beurteilten Fall war der Kunstsammler in der Schweiz nicht für die MWST registriert, weshalb er allein schon aus diesem Grund selber über keine Bewilligung zur Anwendung des Verlagerungsverfahrens verfügte und generell auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war.

     

    Der „Richtige“ Importeur

    Grundsätzlich und unabhängig von der Anwendung des Verlagerungsverfahrens gilt gestützt auf die Zollgesetzgebung, dass rechtmässiger Importeur nur sein kann, wer unmittelbar nach der Einfuhr über den importierten Gegenstand wirtschaftlich verfügen kann. Konkret bedeutet dies, dass der Importeur berechtigt sein muss, den Gegenstand selber zu verbrauchen oder zu nutzen oder ihn im eigenen Namen weiterzuverkaufen (z.B. im Rahmen eines Kommissionsgeschäftes). Oder wie der EuGH es formuliert: wirtschaftliche Verfügungsmacht bedeutet, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand verfügen zu können.
     
    Im vorliegenden Fall nutzte die Galerie für die Einfuhr der diversen Kunstwerke ihre Bewilligung zur Anwendung des Verlagerungsverfahrens und trat somit als Importeurin auf. Für den Nachweis, dass sie auch die Verfügungsmacht daran hatte, verwies sie auf verschiedene Kommissionsverträge, gemäss derer die Galerie die Werke im eigenen Namen weiterverkaufen sollte. Das Bundesgericht sah es jedoch als erwiesen an, dass diese Kommissionsverträge lediglich simuliert wurden, im Wesentlichen mit dem Ziel, für die Einfuhr der Werke unrechtmässig die Bewilligung zur Anwendung des Verlagerungsverfahrens durch die Galerie nutzen zu können (und damit nicht nur vom Cash-Flow Vorteil zu profitieren, sondern auch davon, dass die Galerie die Einfuhrsteuern wieder als Vorsteuern zurückforderte – und mithin dem Staat im Ergebnis die Mehrwertsteuer vorenthalten wurde).
     

    Der Stein kommt ins Rollen

     Nachdem die eidgenössische Zollverwaltung den Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Einfuhr dieser besagten Kunstgegenstände befragte, beschlagnahmte sie dabei auch gleich umfangreiche Akten. Aufgrund eines Gesuchs um Erteilung von Amtshilfe gelangten diese Dokumente schlussendlich in die Hände des kantonalen Steueramtes. Dieses stellte später im Rahmen von deren Auswertung fest, dass die Aktivität des Steuerpflichtigen gar als gewerbsmässiger Kunsthandel zu qualifizieren ist und dessen Gewinne aus der Veräusserung von Kunstgegenständen als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit der Einkommenssteuer unterlegen hätten. Aufgrund dessen eröffnete das kantonale Steueramt gegenüber dem Steuerpflichtigen ein Nach- und Strafsteuerverfahren in der Höhe von ca. CHF 270 Mio., was schliesslich vom Bundesgericht entsprechend bestätigt wurde (2C_799/2017, 2C_800/2017).
     
    Der Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit wird trotz seiner zentralen Bedeutung weder im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer noch im Bundesgesetz über die Steuerharmonisierung geregelt. Vielmehr ist diesbezüglich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts abzustellen. Im Unterschied zur Liebhaberei wird eine selbständige Erwerbstätigkeit grundsätzlich vor allem in jenen Situationen angenommen, wenn eine Gewinnerzielungsabsicht besteht, sprich das Ziel, durch Erbringung von entgeltlichen Leistungen an Dritte einen Gewinn zu erzielen. Weitere Faktoren, welche von Seiten der Steuerbehörden im Hinblick auf eine selbständige Erwerbstätigkeit geprüft werden, sind sodann der Einsatz von Arbeit und Kapital, die Tätigkeit auf eigenes Risiko, die Ausübung der Tätigkeit in einer frei gewählten Organisation, die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr sowie die planmässige und dauerhafte Tätigkeit. Von Seiten der Steuerpflichtigen ist es ratsam, die verschiedenen ausschlaggebenden Faktoren im Auge zu behalten und regelmässig auf deren Erfüllung hin zu prüfen. Im vorliegenden Fall nun für die Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit als ausschlaggebend gilt einerseits die Beschäftigung von Personal und andererseits das Vorliegen von umfassender Büroinfrastruktur, sowie das Beherrschen und Verwalten von ausländischen, teils substanzlosen Gesellschaften.
     

    Fazit

    Dieser Fall zeigt zum einen, wie wichtig eine sorgfältige (und in diesem Fall auch wahrheitsgemässe) Dokumentation und interne Organisation bestimmter Abläufe mit Bezug auf die MWST ist. Mit den erforderlichen Compliance-Strukturen und einem IKS (Internes Kontrollsystem) für MWST könnten die Risiken einer nicht korrekten Anwendung eines rechtlichen Verfahrens oder systematischer Fehlentscheidungen verringert werden. Denn es muss nicht immer kriminelle Energie sein, die zu beträchtlichen Aufrechnungen bei der MWST führt. Es reicht z.B. schon aus, dass versehentlich nicht der rechtmässige Importeur erfasst wird, um schwerwiegende Konsequenzen nach sich zu ziehen. In diesem Zusammenhang wird an diesem Fall deutlich, welch zentrale Bedeutung der konstanten Überwachung der Faktoren zukommt, welche für Zwecke der direkten Steuern die Liebhaberei von der selbständigen Erwerbstätigkeit unterscheiden.

    Zum anderen verdeutlicht dieser Fall eindringlich, dass Behörden nicht nur ihren eigenen Aufgaben nachkommen. So hatte vorliegend die bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Zollverwaltung, MWST-Behörden und kantonalem Steueramt weitreichende Folgen. Auf dem Wege der Amtshilfe kann die Wirksamkeit einzelner Steuerprüfungen auf weitere Steuerbereiche eines Steuersubjekts ausgeweitet werden. Eine isolierte Betrachtung einzelner Steuerarten ohne Blick auf die gesamte steuerliche Situation, wie dies mit einem umfassenden IKS bewerkstelligt werden könnte – sei es auf Stufe einer natürlichen Person oder eines Unternehmens – kann daher wie im vorliegenden Fall zu einer Spirale steuerlicher Konsequenzen resp. Umqualifizierungen und Aufrechnungen führen. Umso wichtiger ist es, relevante Vorgänge ganzheitlich zu beurteilen.

     

    Das Schweizer Mehrwertsteuersystem stimmt in vielen Bereichen mit den Leitlinien des europäischen Mehrwertsteuerrechts überein – nicht ohne im Einzelfall zu gänzlich abweichenden Ergebnissen zu kommen. Entsprechend werden zahlreiche Diskussionen, die auf europäischer Ebene und in den Mitgliedstaaten geführt werden, auch auf Schweizer Ebene geführt. Dies trifft beispielsweise auch auf die Leistungsbeziehungen bei der Verwendung von Tankkarten zu. Nachdem die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) vor einem Jahr ihren ersten Entwurf veröffentlicht hat, wie sie diese Leistungsbeziehungen mehrwertsteuerlich beurteilt wissen will, hat sie nunmehr am 20. Januar 2023 ihre definitive Publikation zu diesem Thema veröffentlicht.

    Hintergrund: Tankkarten

    Als Tankkarte im Sinne ihrer Verwaltungspraxis definiert die ESTV solche Karten, die es dem Tankkarteninhaber (Kunden) ermöglichen, an Tankstellen gegen Vorweisen der Karte bestimmte Leistungen zu beziehen.

    Der Tankkartenherausgeber legt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend: AGB) und/oder Verträgen fest, an welchen Tankstellen die Tankkarte gültig ist und welche Leistungen dort mit der Karte bezogen werden können. Die Tankkarteninhaber können an einer Tankstelle z.B. Treibstoff, Betriebsmittel für das Fahrzeug (Schmiermittel, Frostschutzmittel, usw.), Waren oder andere Leistungen beziehen.

    Steuerliche Behandlung

    Grundfall

    Gemäss ihrer nun publizierten Praxis scheint die ESTV davon auszugehen, dass es sich bei der Leistung des Tankkartenherausgebers an den Tankkarteninhaber um eine von der MWST ausgenommene Finanzdienstleistung ohne Recht auf Vorsteuerabzug handelt. Während diese Vermutung im ersten Entwurf noch ausdrücklich so festgehalten war, fehlt es nunmehr an einer eindeutigen Formulierung («ist zu prüfen, ob die Karte steuerlich wie eine Kreditkarte behandelt werden kann»). Aus Kreisen der Verwaltung ist zu vernehmen, dass die abgeschwächte Formulierung in der finalen Publikation nichts an der grundsätzlichen Auffassung der ESTV geändert hat, dass prinzipiell von einer Finanzdienstleistung des Herausgebers an den Inhaber auszugehen sei.

    Ausnahme

    Abweichend hiervon haben Tankkartenherausgeber die Möglichkeit, die über die Tankkarte abgewickelten Leistungen als Reihengeschäfte abzuwickeln (d.h. die Tankstelle leistet nicht an den Tankkarteninhaber, sondern an den Herausgeber und dieser seinerseits an den Inhaber der Tankkarte). Diese abweichende Behandlung ist nur möglich, wenn bestimmte von der ESTV definierte und kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen eingehalten werden:

    1. Der Tankkarteninhaber weist seine Tankkarte vor, bezahlt aber die vom Tankstellenshop erhaltenen Leistungen nicht. Der Tankstellenshop händigt ihm lediglich einen Lieferschein aus, auf dem kein Vermerk auf die MWST enthalten ist;
    2. jeder Leistungserbringer (Tankstelle, Tankkartenherausgeber) erbringt und fakturiert seinem Leistungsempfänger die diesem erbrachten Leistungen mit Vermerk auf die Mehrwertsteuer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung;
    3. jeder Leistungserbringer übernimmt selbst das vollständige Delkredererisiko der eigenen Kunden sowie die Gewährleistung für Mängel der im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbrachten Leistungen; und jeder Leistungserbringer muss sicherstellen, dass seine Vertragspartner (ausser der Tankkarteninhaber) in allen Verträgen sowie in den AGB auf diese Bedingungen hinweisen.
     

    Lieferung von Elektrizität in Leitungen

    Die vorstehenden Grundsätze finden sowohl auf fossile Brennstoffe wie auch auf Elektrizität in Leitungen Anwendung. Dabei ist zu beachten, dass für die Lieferung von Elektrizität besondere Regelungen hinsichtlich des mehrwertsteuerlichen Leistungsortes gelten:
     
    • Als Ort der Lieferung gilt der Ort, an dem der Empfänger oder die Empfängerin der Lieferung den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte hat, für welche die Lieferung erbracht wird (B2B);
    • in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Betriebsstätte (B2C) gilt als Ort der Lieferung der Ort, an dem der Strom verbraucht wird, also dort, wo sich die Ladestation befindet (denn dort findet die Entnahme aus dem Stromnetz und damit der Verbrauch statt).
     

    Fazit

    Die Praxispublikation der ESTV schafft Rechtsklarheit und erlaubt es den Herausgebern von Tankkarten, ihre Geschäftsmodelle entsprechend zu strukturieren. Vor dem klar formulierten Katalog an Voraussetzungen, die eine Behandlung als Reihengeschäft erfordert, empfehlen wir dringend, bestehende Vereinbarungen zu prüfen und neue Verträge entsprechend anzupassen.

    Die subjektive Steuerpflicht in der Mehrwertsteuer setzt unter anderem eine «nachhaltige» Einnahmenerzielungsabsicht voraus. Nach Ansicht von Verwaltung und Bundesverwaltungsgericht kann dabei auch eine einmalige Transaktion (hier: die Vermittlung einer Immobilien-Transaktion) «nachhaltig» sein und eine subjektive Steuerpflicht begründen, wie ein neueres Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zeigt (A-4115/2021).

     

    Die Voraussetzungen zur Erfüllung der subjektiven Steuerpflicht Art. 10 MWSTG

    Steuerpflichtig ist, wer unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreibt und von der Steuerpflicht nicht befreit ist. Ein Unternehmen betreibt, wer eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausübt und unter eigenem Namen nach aussen auftritt.

    Was ist nachhaltig im Sinne des Art. 10 MWSTG?

    Das Bundesverwaltungsgericht nimmt in seinem Entscheid zunächst Bezug auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum alten Recht, bevor es auf einen in der Lehre zum neuen Recht vertretenen Ansatz eingeht und schliesslich den Bogen zur Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) schlägt.

    Bundesgerichtliche Rechtsprechung zur «Nachhaltigkeit»

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten MWSTG (vgl. BGE 138 II 251) bildet die Nachhaltigkeit kein eigenständiges Kriterium, sondern sei Tatbestandselement der gewerblichen/beruflichen Ausübung der selbstständigen Tätigkeit. Demnach sprächen die folgenden Indizien für das Vorliegen einer nachhaltigen Leistungserbringung:

    • ein mehrjähriges Engagement und ein planmässiges Vorgehen
    • eine auf Wiederholung angelegte Tätigkeit
    • die Ausführung von mehreren Umsätzen
    • die Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit
    • die Intensität des Tätigwerdens
    • die Beteiligung am Markt
    • der Unterhalt eines Geschäftsbetriebs
    • die Art und Weise des Auftretens gegenüber Behörden
    Bei Grenzfällen ohne stark ausgeprägte andere Indizien seien auch die Gewinnerzielungsabsicht sowie die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr «starke Signale» für die Nachhaltigkeit (vgl. Urteil des BGer 2C_814/2013 vom 3. März 2014 E. 2.3.3).
     
     
    Von Teilen der Lehre vertretene Abgrenzungskriterien

    Unter dem neuen Recht vertritt ein Teil der Lehre, die Nachhaltigkeit sei gestützt auf quantitative und qualitative Indizien zu beurteilen.

    Quantitative Indizien für eine nachhaltige Tätigkeit seien demnach:

    • Handlungen werden mehrmals und immer gleichartig vorgenommen.
    • Eine einmalige Handlung wird mit Wiederholungsabsicht durchgeführt.
    • Durch einmaligen Vertragsschluss wird ein Dauerzustand zwecks Erzielung fortlaufender Einnahmen geschaffen.
    • Zwar wird eine Leistung einmalig erbracht, hierfür ist aber eine gewisse Dauer erforderlich.
     
    Qualitative Indizien für eine nachhaltige Tätigkeit seien demnach:
     
    • Die Tätigkeiten werden tatsächlich – unter Ausnützung derselben Gelegenheit und desselben dauernden Verhältnisses – wiederholt.
    • Das Handeln ist planmässig sowie auf Wiederholung angelegt.
    • Eine Beteiligung am Markt kann festgestellt werden, bei welcher der Tätige «wie ein Händler» auftritt.
    • Der Unternehmensträger mietet ein Geschäftslokal an, welches insbesondere auch im Aussenauftritt bekannt gegeben wird.
     
    Rechtsprechung des EuGH
    Die in Bezug genommene Rechtsprechung des EuGH befasst sich mit der Abgrenzung zwischen privater und unternehmerischer Tätigkeit. Demnach seien der blosse Erwerb und die Ausübung des Eigentums durch Veräusserung nicht als steuerbare Nutzung eines Gegenstands durch seinen Eigentümer zu betrachten, wenn sie im Rahmen einer Vermögensverwaltung durch private Anleger ausgeführt würden. Entscheidend sei vielmehr, ob die betreffende Person «aktive Schritte zum Vertrieb» unternimmt, indem sie sich «ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender» (Urteil des EuGH vom 15. September 2011 C-180/10 und C-181/10). Die Sichtweise entspreche gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung weitgehend der Schweizer Sichtweise.
     
     

    Die einmalige Vermittlung im Rahmen einer Immobilien-Transaktion als «nachhaltig»

    Der entschiedene Fall betraf eine Immobilienvermietung, die mangels Option der Mietverhältnisse nicht obligatorisch steuerpflichtig war und sich auch nicht freiwillig der Mehrwertsteuer unterstellt hatte (Beschwerdeführerin). Die Beschwerdeführerin erhielt die Gelegenheit, im Rahmen eines Grundstücksdeals einmalig als Vermittlerin tätig zu werden. Hierfür erhielt sie als Entgelt einen Prozentsatz vom Verkaufserlös. Im Rahmen einer MWST-Prüfung kam die ESTV zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Maklertätigkeit einen neuen Betriebszweig eröffnet hätte und daher obligatorisch steuerpflichtig geworden sei. Hiergegen wandte sich die Beschwerdeführerin u.a. mit dem Argument, es habe sich bei der Vermittlung um eine einmalige Gelegenheit ohne Wiederholungsabsicht
    gehandelt.
     
    Dieser Argumentation schliesst sich das Gericht nicht an und weist die Beschwerde im Ergebnis ab. Dabei betont es insbesondere das Kriterium des planmässigen Vorgehens über einen längeren Zeitraum (vorliegend mindestens sechs Monate) und verweist insofern explizit auf die von Teilen der Lehre entwickelten Abgrenzungskriterien, vgl. E 3.2.2.3. In seine Erwägungen bezieht das Gericht zudem ein, «dass das Geschäft für die Beschwerdeführerin äusserst einträglich war», E 3.2.2.4. Zwar dürfe die Einträglichkeit nicht allein als Abgrenzungskriterium herangezogen werden, im Sinne einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls sei die Einträglichkeit aber sehr wohl mit zu berücksichtigen. Dies umso mehr, als es vorliegend nicht so sehr um die Höhe des Entgelts als solche ginge, sondern vielmehr um die Rentabilität der Transaktion: «In Grenzfällen, bei welchen andere Indizien nicht stark ausgeprägt sind, kann nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung diese bzw. die Gewinnerzielungsabsicht durchaus ein Indiz für eine nachhaltige Tätigkeit darstellen (Urteil des BGer 2C_814/2013 vom 3. März 2013 E. 2.3.3)», E 3.2.2.4.
     
     

    Fazit

    Einzeltransaktionen können die Steuerpflicht begründen – sei es aufgrund erstmaligen unternehmerischen Tätigwerdens oder im Sinne einer Eröffnung eines neuen Betriebszweigs wie im hier entschiedenen Fall. Die
    Abgrenzung von der privaten zur nachhaltig unternehmerischen Tätigkeit gestaltet sich dabei schwierig und bedarf einer Gesamtschau aller Umstände des konkreten Einzelfalls. Insbesondere Transaktionen über hochpreisige Gegenstände, bei denen sich der eigentliche Geschäftsabschluss über einen längeren Zeitraum anbahnt und die eine gewisse «Marktinitiative» benötigen (z.B. Immobilien, Kunstwerke, Sammlungsstücke), können als nachhaltig unternehmerisch gelten und damit eine Steuerpflicht auslösen. Die konkreten Folgen sollten gründlich geprüft werden und im Rahmen der Transaktionsverhandlungen entsprechende Berücksichtigung finden (MWST-Klauseln, Optieren als Alternative etc.). Bei der Gesamtschau kann insbesondere auch auf eine mögliche Gewinnerzielungsabsicht abzustellen sein – dies im Gegensatz zum Gesetzeswortlaut, der allein auf die
    Einkünfteerzielungsabsicht abstellt.