Das Bundesgericht hat einen Kunstsammler unlängst zur Nachzahlung von Einfuhrsteuern in Höhe von rund CHF 11 Mio. plus Verzugszinsen in Höhe von rund 2.5 Mio. verurteilt. Richtig teuer wurde es für den Kunstsammler aber, als die Steuerfahnder des kantonalen Steueramtes die vom Zoll beschlagnahmten Akten eingehend prüften.

Hintergrund

Hintergrund war, dass die Einfuhr in die Schweiz durch eine Galerie erfolgte, die eine Bewilligung zur Nutzung des Verlagerungsverfahrens hatte. Offenbar zu Unrecht, denn wie das Gericht in seinem Urteil 2C_219/2018 vom 27. April 2020 bestätigt, ist nur derjenige berechtigt, als Importeur aufzutreten, der unmittelbar nach der Einfuhr die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Importwaren innehat. Dass die Galerie die Verfügungsmacht an den Werken hatte, wurde vorliegend verneint und in der Folge der Kunstsammler, dem die Verfügungsmacht im fraglichen Zeitpunkt tatsächlich zustand und daher als Importeur hätte auftreten müssen, zur Zahlung der Einfuhrsteuern verpflichtet.

Das Verlagerungsverfahren

Beim Verlagerungsverfahren entrichtet der Importeur die Einfuhrsteuer nicht an das BAZG, sondern deklariert sie im Rahmen der entsprechenden Mehrwertsteuer-Quartalabrechnung auf einem separaten Formular und macht sie zeitgleich als Vorsteuer geltend (weshalb kein Geld fliesst). Die Anwendung des Verlagerungsverfahrens ist an diverse, kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft, u.a. dass der Bewilligungsinhaber in der Schweiz steuerpflichtig ist.

Im hier beurteilten Fall war der Kunstsammler in der Schweiz nicht für die MWST registriert, weshalb er allein schon aus diesem Grund selber über keine Bewilligung zur Anwendung des Verlagerungsverfahrens verfügte und generell auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war.

 

Der „Richtige“ Importeur

Grundsätzlich und unabhängig von der Anwendung des Verlagerungsverfahrens gilt gestützt auf die Zollgesetzgebung, dass rechtmässiger Importeur nur sein kann, wer unmittelbar nach der Einfuhr über den importierten Gegenstand wirtschaftlich verfügen kann. Konkret bedeutet dies, dass der Importeur berechtigt sein muss, den Gegenstand selber zu verbrauchen oder zu nutzen oder ihn im eigenen Namen weiterzuverkaufen (z.B. im Rahmen eines Kommissionsgeschäftes). Oder wie der EuGH es formuliert: wirtschaftliche Verfügungsmacht bedeutet, wie ein Eigentümer über einen Gegenstand verfügen zu können.
 
Im vorliegenden Fall nutzte die Galerie für die Einfuhr der diversen Kunstwerke ihre Bewilligung zur Anwendung des Verlagerungsverfahrens und trat somit als Importeurin auf. Für den Nachweis, dass sie auch die Verfügungsmacht daran hatte, verwies sie auf verschiedene Kommissionsverträge, gemäss derer die Galerie die Werke im eigenen Namen weiterverkaufen sollte. Das Bundesgericht sah es jedoch als erwiesen an, dass diese Kommissionsverträge lediglich simuliert wurden, im Wesentlichen mit dem Ziel, für die Einfuhr der Werke unrechtmässig die Bewilligung zur Anwendung des Verlagerungsverfahrens durch die Galerie nutzen zu können (und damit nicht nur vom Cash-Flow Vorteil zu profitieren, sondern auch davon, dass die Galerie die Einfuhrsteuern wieder als Vorsteuern zurückforderte – und mithin dem Staat im Ergebnis die Mehrwertsteuer vorenthalten wurde).
 

Der Stein kommt ins Rollen

 Nachdem die eidgenössische Zollverwaltung den Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Einfuhr dieser besagten Kunstgegenstände befragte, beschlagnahmte sie dabei auch gleich umfangreiche Akten. Aufgrund eines Gesuchs um Erteilung von Amtshilfe gelangten diese Dokumente schlussendlich in die Hände des kantonalen Steueramtes. Dieses stellte später im Rahmen von deren Auswertung fest, dass die Aktivität des Steuerpflichtigen gar als gewerbsmässiger Kunsthandel zu qualifizieren ist und dessen Gewinne aus der Veräusserung von Kunstgegenständen als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit der Einkommenssteuer unterlegen hätten. Aufgrund dessen eröffnete das kantonale Steueramt gegenüber dem Steuerpflichtigen ein Nach- und Strafsteuerverfahren in der Höhe von ca. CHF 270 Mio., was schliesslich vom Bundesgericht entsprechend bestätigt wurde (2C_799/2017, 2C_800/2017).
 
Der Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit wird trotz seiner zentralen Bedeutung weder im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer noch im Bundesgesetz über die Steuerharmonisierung geregelt. Vielmehr ist diesbezüglich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts abzustellen. Im Unterschied zur Liebhaberei wird eine selbständige Erwerbstätigkeit grundsätzlich vor allem in jenen Situationen angenommen, wenn eine Gewinnerzielungsabsicht besteht, sprich das Ziel, durch Erbringung von entgeltlichen Leistungen an Dritte einen Gewinn zu erzielen. Weitere Faktoren, welche von Seiten der Steuerbehörden im Hinblick auf eine selbständige Erwerbstätigkeit geprüft werden, sind sodann der Einsatz von Arbeit und Kapital, die Tätigkeit auf eigenes Risiko, die Ausübung der Tätigkeit in einer frei gewählten Organisation, die Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr sowie die planmässige und dauerhafte Tätigkeit. Von Seiten der Steuerpflichtigen ist es ratsam, die verschiedenen ausschlaggebenden Faktoren im Auge zu behalten und regelmässig auf deren Erfüllung hin zu prüfen. Im vorliegenden Fall nun für die Annahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit als ausschlaggebend gilt einerseits die Beschäftigung von Personal und andererseits das Vorliegen von umfassender Büroinfrastruktur, sowie das Beherrschen und Verwalten von ausländischen, teils substanzlosen Gesellschaften.
 

Fazit

Dieser Fall zeigt zum einen, wie wichtig eine sorgfältige (und in diesem Fall auch wahrheitsgemässe) Dokumentation und interne Organisation bestimmter Abläufe mit Bezug auf die MWST ist. Mit den erforderlichen Compliance-Strukturen und einem IKS (Internes Kontrollsystem) für MWST könnten die Risiken einer nicht korrekten Anwendung eines rechtlichen Verfahrens oder systematischer Fehlentscheidungen verringert werden. Denn es muss nicht immer kriminelle Energie sein, die zu beträchtlichen Aufrechnungen bei der MWST führt. Es reicht z.B. schon aus, dass versehentlich nicht der rechtmässige Importeur erfasst wird, um schwerwiegende Konsequenzen nach sich zu ziehen. In diesem Zusammenhang wird an diesem Fall deutlich, welch zentrale Bedeutung der konstanten Überwachung der Faktoren zukommt, welche für Zwecke der direkten Steuern die Liebhaberei von der selbständigen Erwerbstätigkeit unterscheiden.

Zum anderen verdeutlicht dieser Fall eindringlich, dass Behörden nicht nur ihren eigenen Aufgaben nachkommen. So hatte vorliegend die bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Zollverwaltung, MWST-Behörden und kantonalem Steueramt weitreichende Folgen. Auf dem Wege der Amtshilfe kann die Wirksamkeit einzelner Steuerprüfungen auf weitere Steuerbereiche eines Steuersubjekts ausgeweitet werden. Eine isolierte Betrachtung einzelner Steuerarten ohne Blick auf die gesamte steuerliche Situation, wie dies mit einem umfassenden IKS bewerkstelligt werden könnte – sei es auf Stufe einer natürlichen Person oder eines Unternehmens – kann daher wie im vorliegenden Fall zu einer Spirale steuerlicher Konsequenzen resp. Umqualifizierungen und Aufrechnungen führen. Umso wichtiger ist es, relevante Vorgänge ganzheitlich zu beurteilen.

 

Das Schweizer Mehrwertsteuersystem stimmt in vielen Bereichen mit den Leitlinien des europäischen Mehrwertsteuerrechts überein – nicht ohne im Einzelfall zu gänzlich abweichenden Ergebnissen zu kommen. Entsprechend werden zahlreiche Diskussionen, die auf europäischer Ebene und in den Mitgliedstaaten geführt werden, auch auf Schweizer Ebene geführt. Dies trifft beispielsweise auch auf die Leistungsbeziehungen bei der Verwendung von Tankkarten zu. Nachdem die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) vor einem Jahr ihren ersten Entwurf veröffentlicht hat, wie sie diese Leistungsbeziehungen mehrwertsteuerlich beurteilt wissen will, hat sie nunmehr am 20. Januar 2023 ihre definitive Publikation zu diesem Thema veröffentlicht.

Hintergrund: Tankkarten

Als Tankkarte im Sinne ihrer Verwaltungspraxis definiert die ESTV solche Karten, die es dem Tankkarteninhaber (Kunden) ermöglichen, an Tankstellen gegen Vorweisen der Karte bestimmte Leistungen zu beziehen.

Der Tankkartenherausgeber legt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend: AGB) und/oder Verträgen fest, an welchen Tankstellen die Tankkarte gültig ist und welche Leistungen dort mit der Karte bezogen werden können. Die Tankkarteninhaber können an einer Tankstelle z.B. Treibstoff, Betriebsmittel für das Fahrzeug (Schmiermittel, Frostschutzmittel, usw.), Waren oder andere Leistungen beziehen.

Steuerliche Behandlung

Grundfall

Gemäss ihrer nun publizierten Praxis scheint die ESTV davon auszugehen, dass es sich bei der Leistung des Tankkartenherausgebers an den Tankkarteninhaber um eine von der MWST ausgenommene Finanzdienstleistung ohne Recht auf Vorsteuerabzug handelt. Während diese Vermutung im ersten Entwurf noch ausdrücklich so festgehalten war, fehlt es nunmehr an einer eindeutigen Formulierung («ist zu prüfen, ob die Karte steuerlich wie eine Kreditkarte behandelt werden kann»). Aus Kreisen der Verwaltung ist zu vernehmen, dass die abgeschwächte Formulierung in der finalen Publikation nichts an der grundsätzlichen Auffassung der ESTV geändert hat, dass prinzipiell von einer Finanzdienstleistung des Herausgebers an den Inhaber auszugehen sei.

Ausnahme

Abweichend hiervon haben Tankkartenherausgeber die Möglichkeit, die über die Tankkarte abgewickelten Leistungen als Reihengeschäfte abzuwickeln (d.h. die Tankstelle leistet nicht an den Tankkarteninhaber, sondern an den Herausgeber und dieser seinerseits an den Inhaber der Tankkarte). Diese abweichende Behandlung ist nur möglich, wenn bestimmte von der ESTV definierte und kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen eingehalten werden:

  1. Der Tankkarteninhaber weist seine Tankkarte vor, bezahlt aber die vom Tankstellenshop erhaltenen Leistungen nicht. Der Tankstellenshop händigt ihm lediglich einen Lieferschein aus, auf dem kein Vermerk auf die MWST enthalten ist;
  2. jeder Leistungserbringer (Tankstelle, Tankkartenherausgeber) erbringt und fakturiert seinem Leistungsempfänger die diesem erbrachten Leistungen mit Vermerk auf die Mehrwertsteuer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung;
  3. jeder Leistungserbringer übernimmt selbst das vollständige Delkredererisiko der eigenen Kunden sowie die Gewährleistung für Mängel der im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbrachten Leistungen; und jeder Leistungserbringer muss sicherstellen, dass seine Vertragspartner (ausser der Tankkarteninhaber) in allen Verträgen sowie in den AGB auf diese Bedingungen hinweisen.
 

Lieferung von Elektrizität in Leitungen

Die vorstehenden Grundsätze finden sowohl auf fossile Brennstoffe wie auch auf Elektrizität in Leitungen Anwendung. Dabei ist zu beachten, dass für die Lieferung von Elektrizität besondere Regelungen hinsichtlich des mehrwertsteuerlichen Leistungsortes gelten:
 
  • Als Ort der Lieferung gilt der Ort, an dem der Empfänger oder die Empfängerin der Lieferung den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebsstätte hat, für welche die Lieferung erbracht wird (B2B);
  • in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Betriebsstätte (B2C) gilt als Ort der Lieferung der Ort, an dem der Strom verbraucht wird, also dort, wo sich die Ladestation befindet (denn dort findet die Entnahme aus dem Stromnetz und damit der Verbrauch statt).
 

Fazit

Die Praxispublikation der ESTV schafft Rechtsklarheit und erlaubt es den Herausgebern von Tankkarten, ihre Geschäftsmodelle entsprechend zu strukturieren. Vor dem klar formulierten Katalog an Voraussetzungen, die eine Behandlung als Reihengeschäft erfordert, empfehlen wir dringend, bestehende Vereinbarungen zu prüfen und neue Verträge entsprechend anzupassen.

Die subjektive Steuerpflicht in der Mehrwertsteuer setzt unter anderem eine «nachhaltige» Einnahmenerzielungsabsicht voraus. Nach Ansicht von Verwaltung und Bundesverwaltungsgericht kann dabei auch eine einmalige Transaktion (hier: die Vermittlung einer Immobilien-Transaktion) «nachhaltig» sein und eine subjektive Steuerpflicht begründen, wie ein neueres Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zeigt (A-4115/2021).

 

Die Voraussetzungen zur Erfüllung der subjektiven Steuerpflicht Art. 10 MWSTG

Steuerpflichtig ist, wer unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreibt und von der Steuerpflicht nicht befreit ist. Ein Unternehmen betreibt, wer eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausübt und unter eigenem Namen nach aussen auftritt.

Was ist nachhaltig im Sinne des Art. 10 MWSTG?

Das Bundesverwaltungsgericht nimmt in seinem Entscheid zunächst Bezug auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum alten Recht, bevor es auf einen in der Lehre zum neuen Recht vertretenen Ansatz eingeht und schliesslich den Bogen zur Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) schlägt.

Bundesgerichtliche Rechtsprechung zur «Nachhaltigkeit»

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten MWSTG (vgl. BGE 138 II 251) bildet die Nachhaltigkeit kein eigenständiges Kriterium, sondern sei Tatbestandselement der gewerblichen/beruflichen Ausübung der selbstständigen Tätigkeit. Demnach sprächen die folgenden Indizien für das Vorliegen einer nachhaltigen Leistungserbringung:

  • ein mehrjähriges Engagement und ein planmässiges Vorgehen
  • eine auf Wiederholung angelegte Tätigkeit
  • die Ausführung von mehreren Umsätzen
  • die Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit
  • die Intensität des Tätigwerdens
  • die Beteiligung am Markt
  • der Unterhalt eines Geschäftsbetriebs
  • die Art und Weise des Auftretens gegenüber Behörden
Bei Grenzfällen ohne stark ausgeprägte andere Indizien seien auch die Gewinnerzielungsabsicht sowie die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr «starke Signale» für die Nachhaltigkeit (vgl. Urteil des BGer 2C_814/2013 vom 3. März 2014 E. 2.3.3).
 
 
Von Teilen der Lehre vertretene Abgrenzungskriterien

Unter dem neuen Recht vertritt ein Teil der Lehre, die Nachhaltigkeit sei gestützt auf quantitative und qualitative Indizien zu beurteilen.

Quantitative Indizien für eine nachhaltige Tätigkeit seien demnach:

  • Handlungen werden mehrmals und immer gleichartig vorgenommen.
  • Eine einmalige Handlung wird mit Wiederholungsabsicht durchgeführt.
  • Durch einmaligen Vertragsschluss wird ein Dauerzustand zwecks Erzielung fortlaufender Einnahmen geschaffen.
  • Zwar wird eine Leistung einmalig erbracht, hierfür ist aber eine gewisse Dauer erforderlich.
 
Qualitative Indizien für eine nachhaltige Tätigkeit seien demnach:
 
  • Die Tätigkeiten werden tatsächlich – unter Ausnützung derselben Gelegenheit und desselben dauernden Verhältnisses – wiederholt.
  • Das Handeln ist planmässig sowie auf Wiederholung angelegt.
  • Eine Beteiligung am Markt kann festgestellt werden, bei welcher der Tätige «wie ein Händler» auftritt.
  • Der Unternehmensträger mietet ein Geschäftslokal an, welches insbesondere auch im Aussenauftritt bekannt gegeben wird.
 
Rechtsprechung des EuGH
Die in Bezug genommene Rechtsprechung des EuGH befasst sich mit der Abgrenzung zwischen privater und unternehmerischer Tätigkeit. Demnach seien der blosse Erwerb und die Ausübung des Eigentums durch Veräusserung nicht als steuerbare Nutzung eines Gegenstands durch seinen Eigentümer zu betrachten, wenn sie im Rahmen einer Vermögensverwaltung durch private Anleger ausgeführt würden. Entscheidend sei vielmehr, ob die betreffende Person «aktive Schritte zum Vertrieb» unternimmt, indem sie sich «ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender» (Urteil des EuGH vom 15. September 2011 C-180/10 und C-181/10). Die Sichtweise entspreche gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung weitgehend der Schweizer Sichtweise.
 
 

Die einmalige Vermittlung im Rahmen einer Immobilien-Transaktion als «nachhaltig»

Der entschiedene Fall betraf eine Immobilienvermietung, die mangels Option der Mietverhältnisse nicht obligatorisch steuerpflichtig war und sich auch nicht freiwillig der Mehrwertsteuer unterstellt hatte (Beschwerdeführerin). Die Beschwerdeführerin erhielt die Gelegenheit, im Rahmen eines Grundstücksdeals einmalig als Vermittlerin tätig zu werden. Hierfür erhielt sie als Entgelt einen Prozentsatz vom Verkaufserlös. Im Rahmen einer MWST-Prüfung kam die ESTV zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Maklertätigkeit einen neuen Betriebszweig eröffnet hätte und daher obligatorisch steuerpflichtig geworden sei. Hiergegen wandte sich die Beschwerdeführerin u.a. mit dem Argument, es habe sich bei der Vermittlung um eine einmalige Gelegenheit ohne Wiederholungsabsicht
gehandelt.
 
Dieser Argumentation schliesst sich das Gericht nicht an und weist die Beschwerde im Ergebnis ab. Dabei betont es insbesondere das Kriterium des planmässigen Vorgehens über einen längeren Zeitraum (vorliegend mindestens sechs Monate) und verweist insofern explizit auf die von Teilen der Lehre entwickelten Abgrenzungskriterien, vgl. E 3.2.2.3. In seine Erwägungen bezieht das Gericht zudem ein, «dass das Geschäft für die Beschwerdeführerin äusserst einträglich war», E 3.2.2.4. Zwar dürfe die Einträglichkeit nicht allein als Abgrenzungskriterium herangezogen werden, im Sinne einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls sei die Einträglichkeit aber sehr wohl mit zu berücksichtigen. Dies umso mehr, als es vorliegend nicht so sehr um die Höhe des Entgelts als solche ginge, sondern vielmehr um die Rentabilität der Transaktion: «In Grenzfällen, bei welchen andere Indizien nicht stark ausgeprägt sind, kann nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung diese bzw. die Gewinnerzielungsabsicht durchaus ein Indiz für eine nachhaltige Tätigkeit darstellen (Urteil des BGer 2C_814/2013 vom 3. März 2013 E. 2.3.3)», E 3.2.2.4.
 
 

Fazit

Einzeltransaktionen können die Steuerpflicht begründen – sei es aufgrund erstmaligen unternehmerischen Tätigwerdens oder im Sinne einer Eröffnung eines neuen Betriebszweigs wie im hier entschiedenen Fall. Die
Abgrenzung von der privaten zur nachhaltig unternehmerischen Tätigkeit gestaltet sich dabei schwierig und bedarf einer Gesamtschau aller Umstände des konkreten Einzelfalls. Insbesondere Transaktionen über hochpreisige Gegenstände, bei denen sich der eigentliche Geschäftsabschluss über einen längeren Zeitraum anbahnt und die eine gewisse «Marktinitiative» benötigen (z.B. Immobilien, Kunstwerke, Sammlungsstücke), können als nachhaltig unternehmerisch gelten und damit eine Steuerpflicht auslösen. Die konkreten Folgen sollten gründlich geprüft werden und im Rahmen der Transaktionsverhandlungen entsprechende Berücksichtigung finden (MWST-Klauseln, Optieren als Alternative etc.). Bei der Gesamtschau kann insbesondere auch auf eine mögliche Gewinnerzielungsabsicht abzustellen sein – dies im Gegensatz zum Gesetzeswortlaut, der allein auf die
Einkünfteerzielungsabsicht abstellt.
 

Wer Investitionen in Kryptowährungen und andere digitale Vermögenswerte tätigt, sollte die potenziellen Steuerfolgen daraus im Auge behalten. So können unter Umständen die bei Privatpersonen gewöhnlich steuerfreien Kapitalgewinne aus der Veräusserung von beweglichem Vermögen in Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit umqualifiziert werden und unterliegen damit entsprechend der Einkommenssteuer sowie den Sozialversicherungsbeiträgen.

 

Volatilität bei den Kryptowährungen

Aufgrund der seit einigen Monaten andauernden eher trüben Stimmung an den Kryptobörsen mag sich der Anlegeenthusiasmus einiger Investoren etwas gelegt haben. Dennoch gilt es auch weiterhin, gewisse steuerliche Konzepte im Auge zu behalten, damit es bei Erhalt der definitiven Steuerrechnung nicht zu einem bösen Erwachen kommt.

Grundsätzlich realisieren Privatpersonen bei der Veräusserung von beweglichen Vermögenswerten einen steuerfreien Kapitalgewinn. Dies setzt jedoch voraus, dass der Vermögenswert im Privatvermögen gehalten wird. Wird der private Investor aufgrund der Intensität seiner Investitionstätigkeiten jedoch als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler angesehen, veräussert er Geschäftsvermögen, mit der Folge, dass der Kapitalertrag der Einkommenssteuer sowie den Sozialversicherungsbeiträgen unterliegt.

 

Vorprüfung mit Checkliste

Zur Prüfung, ob ein solches Risiko besteht, empfiehlt sich ein zweistufiges Vorgehen. Als erste Kontrollprüfung, ob die eigenen Trading-Tätigkeiten als gewerbsmässiger Wertschriftenhandel qualifizieren, hilft ein Griff zum Kreisschreiben Nr. 36 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 27. Juli 2012. Darin wird anhand von fünf konkreten Kriterien überprüft, wann in jedem Fall die Realisierung eines steuerfreien Kapitalgewinns und keine Qualifikation als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler vorliegt.

Sowohl die Eidgenössische Steuerverwaltung in ihrem Arbeitspapier zur Besteuerung von Kryptowerten als auch (vermehrt) die jeweiligen Kantone, wie beispielsweise Zug, Luzern und Zürich, verweisen jeweils auf dieses Kreisschreiben zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von digitalen Vermögenswerten und Kryptowährungen vom gewerbsmässigen Wertschriftenhandel.

Konkret wird ein gewerbsmässiger Wertschriftenhandel ausgeschlossen, wenn kumulativ folgende Kriterien erfüllt werden:

  1. Die Haltedauer der veräusserten Wertschriften beträgt mindestens sechs Monate.

  2.  Das Transaktionsvolumen (entspricht der Summe aller Kaufpreise und Verkaufserlöse) pro Kalenderjahr beträgt gesamthaft nicht mehr als das Fünffache des Wertschriften- und Guthabenbestands zu Beginn der Steuerperiode.

  3. Das Erzielen von Kapitalgewinnen aus Wertschriftengeschäften bildet keine Notwendigkeit, um fehlende oder wegfallende Einkünfte zur Lebenshaltung zu ersetzen. Das ist regelmässig dann der Fall, wenn die realisierten Kapitalgewinne weniger als 50% des Reineinkommens in der Steuerperiode betragen.

  4. Die Anlagen sind nicht fremdfinanziert, oder die steuerbaren Vermögenserträge aus den Wertschriften (wie z. B. Zinsen, Dividenden usw.) sind grösser als die anteiligen Schuldzinsen.

  5. Der Kauf und Verkauf von Derivaten (insbesondere Optionen) beschränkt sich auf die Absicherung von eigenen Wertschriftenpositionen.
 
Die ursprünglich für Wertschriftenportfolios in einer «Vor-Krypto-Welt» entwickelte Checkliste gerät bei der Beurteilung von Anlagen in Kryptowerten jedoch an ihre Grenzen.

Bei Tauschgeschäften erfolgt die Bezahlung anstelle mit Geld grundsätzlich durch die Erbringung einer Gegenleistung die Verrechnung mit einer Gegenforderung. Solche tauschähnlichen Geschäfte sind in der Praxis ein gängiges Mittel, um gegenseitige Leistungen ohne Geldfluss auszugleichen. Aber Vorsicht: Auch wenn kein Geld fliesst, ist die Mehrwertsteuer geschuldet und ordnungsgemäss abzuführen.

 

Die Mehrwertsteuerliche Behandlung von Tauschgeschäften

Im Grundsatz gilt, dass Leistungen, die durch steuerpflichtige Personen im Inland gegen Entgelt erbracht werden, der Schweizer Mehrwertsteuer (MWST) unterliegen, sofern diese Leistungen nicht von der Steuer ausgenommen oder befreit sind.

Als Entgelt versteht sich der Vermögenswert, den der Leistungsempfänger für den Erhalt einer Leistung aufwendet. Begleicht der Leistungsempfänger die Forderung des Leistungserbringers anders als durch Geldzahlung (z.B. durch Erbringung einer Leistung), bemisst sich das Entgelt nach dem Betrag, der dadurch ausgeglichen wird. Dies bedeutet, dass die beiden Vertragspartner den vollen Wert der eigenen Leistung (als Aufwand) und den vollen Wert der als Gegenleistung erhaltenen Leistung (als Ertrag) zu verbuchen haben. Beide Vertragspartner versteuern den Gesamtwert der vom anderen Vertragspartner erbrachten Leistung zum massgebenden Steuersatz. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein IT-Unternehmen für die Einrichtung der IT-Infrastruktur bei einem Treuhänder beauftragt wird und im Gegenzug der Treuhänder für dieses IT-Unternehmen die Buchhaltung erstellt (weitere Erläuterungen zu diesem Beispiel unten im Text).

 

Besonderheiten bei Tauschgeschäften

Bei Tauschgeschäften sind beide Vertragspartner zugleich Leistungserbringer und -empfänger. Soweit die Steuerpflicht besteht, hat jeder die ihm erbrachte Leistung (als Entgelt für die eigene Leistung) voll zu versteuern.

 Die Besonderheit bei Tauschgeschäften ist zudem, dass die Gegenleistung des Abnehmers anders als durch Geldzahlung (z.B. Erbringung einer Gegenleistung) erfolgt (sog. Leistung an Zahlungs statt). Sind Leistung und Gegenleistung von gleichem (Markt-)Wert, führt dies dazu, dass zwischen den beiden Parteien kein Geld fliesst. Unterscheidet sich der Wert zwischen Leistung und Gegenleistung, dann findet trotz Verrechnung ein Geldfluss, jedoch im reduzierten Masse, statt (Bezahlung des Differenzbetrags).

Bei Tauschverhältnissen gilt jeweils der Marktwert (z.B. Listenpreis) jeder Leistung als Entgelt für die andere Leistung. Entspricht der Marktwert der Leistungen des IT-Unternehmens beispielsweise CHF 10 000.– (exkl. MWST), so gilt dieser Wert als Entgelt für die vom Treuhänder an das IT-Unternehmen erbrachte Leistung. Der Treuhänder hat dieses Entgelt als Umsatz zu versteuern.

Auf Distributed-Ledger-Technologien (DLT) wie z.B. Blockchain basierende Krypto-Assets erobern mehr und mehr den Markt. Dies gilt derzeit insbesondere für NFT und den Kunstmarkt.1 Obwohl das Handelsvolumen laut Crypto Valley Journal2 aktuell bei rund USD 100 bis 200 Mio. pro Monat liegt, wird dem NFT (Non-Fungible Token) vom Gesetzgeber und auch von der Verwaltungspraxis gerade im MWST-Bereich nur zögerlich Aufmerksamkeit geschenkt. Es stellt sich die Frage, ob es für Transaktionen mit diesen speziellen Token eine besondere MWST-Regelung braucht oder ob die aktuellen gesetzlichen Vorschriften genügen.

 

Was ist ein NFT?

Krypto-Assets sind digital generierte und handelbare Wirtschaftsgüter, die auf einer DLT basieren. Diese werden in zwei Gruppen eingeteilt:

  • in sogenannte Fungible Token (FT, zu denen z.B. auch die Digitalwährungen Bitcoin oder Ether gehören): Diese haben aus sich selbst heraus keinen Wert. Sie sind untereinander austauschbar und teilbar (engl.: fungible). Sie
    sind vergleichbar mit Fiatgeld, also Währungen wie Schweizer Franken, Euro und US-Dollar.
  • in sogenannte Non-Fungible Token, die aufgrund des in ihnen repräsentierten konkreten Vermögenswerts einzigartig und nicht beliebig untereinander austauschbar (engl.: non-fungible) sind. So besteht die Einzigartigkeit der Non-Fungible Token (NFT) darin, dass jeder einzelne Token einen ganz bestimmten physischen oder digitalen Vermögenswert auf einer DLT (oft Blockchain) repräsentiert, wobei der NFT regelmässig nur einen Verweis auf einen digitalen Speicherort enthält – nicht den repräsentierten Vermögenswert selbst.

FT in Form von Digitalwährungen, inbesondere Bitcoin, sind der breiteren Öffentlichkeit bereits seit über einem Jahrzehnt bekannt, in El Salvador gilt Bitcoin seit 2021 gar als offizielles Zahlungsmittel. Aber NFT erobern mehr und mehr den Markt und werden insbesondere im Kunsthandel immer beliebter. Dies zeigt sich eindrücklich an den folgenden Zahlen (Stand Januar 2023):

  • weltweiter Wert des NFT-Markts: EUR/CHF +16 000 Mio.
  • Prognosen zum Wachstum des NFT-Markts: USD +174 Mrd. bis 2026

Es ist also Zeit, dass sich Gesetzgeber weltweit mit Krypto-Assets bzw. NFT befassen, um für die Anwender Rechtssicherheit zu gewährleisten.

NFT erobern mehr und mehr den Markt, das Potenzial scheint nahezu unbegrenzt. Im ersten Teil des Artikels wurde dargelegt, wie sich NFT definieren und wie sie sich in die vorhandenen MWST-Regelungen eingliedern lassen. In diesem zweiten Teil soll beleuchtet werden, ob die konkreten MWST-Folgen den spezifischen Problemen dieser neuen Technologie hinreichend Rechnung tragen und welche Herausforderungen sich im Rahmen von Herstellung, Übertragung, Verwendung und Aufbewahrung sowie Handel von bzw. mit NFT für die Teilnehmer am Markt ergeben.

 

Wie im ersten Teil des Artikels erläutert, dürften NFT im Rahmen der derzeitigen Anwendungsfelder regelmässig als Nutzungstoken zu qualifizieren sein, wobei bei entsprechender Ausgestaltung auch eine Subsumption unter der Definition des Anlagetokens möglich erscheint. Die Existenz von Mischformen wird von der ESTV explizit anerkannt. Sie bietet in ihrer Praxispublikation einen Leitfaden, wie die Herstellung bzw. Ausgabe, der Handel, die Verwendung und die Aufbewahrung von Nutzungs- sowie Anlagetoken mehrwertsteuerlich zu beurteilen sind. Dabei bleiben aber Fragen offen, wie im Folgenden gezeigt werden soll.

Praxisfragen bei der Herstellung von NFT

Die ESTV äussert sich nicht explizit zur Frage, wie die Herstellung («Minting») eines NFT mehrwertsteuerlich zu bewerten ist. Das Minting eines NFT dürfte nicht von der MWST erfasst werden, sofern es nicht in einen Leistungsaustausch eingebettet ist (z.B. wenn ein Künstler ein NFT im Rahmen seines Schaffens erstellt). Aber wie sieht es aus, wenn das NFT vom Künstler im Auftrag einer anderen Person gemintet wird, möglicherweise sogar direkt in dessen Wallet, sodass formal keine weitere Übertragungshandlung notwendig ist? Hier dürften in Wahrheit trotz der gefühlten Einheitlichkeit des Vorgangs rechtlich dennoch zwei voneinander zu unterscheidende Handlungen vorliegen, die nacheinander vollzogen werden: das (nicht im Anwendungsbereich der MWST liegende) Minten im Sinne der blossen Generierung des NFT sowie die (anschliessend erfolgende) Übertragung der im NFT verkörperten Werte.

Kniffliger wird es, wenn im NFT letztlich Werte verkörpert werden, die dem Dritten bereits gehören (z.B. wird ein NFT im Auftrag des Dritten gemintet, welches lediglich die Bestätigung des Eigentums des Dritten an einem bestimmten Gegenstand bestätigen soll). Denn hier wird das NFT, welches seinen Wert ja nur durch das durch ihn verkörperte Gut erhält, sozusagen selber zum Handelsgut. Darauf kommen wir gleich im nächsten Abschnitt zurück.

Praxisfragen bei der Ausgabe/ initiale Übertragung von NFT

Da es sich bei NFT regelmässig um Nutzungs- oder gegebenenfalls Anlagetoken handelt, ist laut Praxis der ESTV für die mehrwertsteuerliche Behandlung im Rahmen der Ausgabe und der Übertragung auf das durch den Token verkörperte Gut abzustellen.

Hintergrund

Ende 2022 hat das Schweizer Volk einer Erhöhung der Mehrwertsteuersätze per 1. Januar 2024 zugestimmt.

Demzufolge gelten ab 1. Januar 2024 folgende MWST-Sätze:

Wie üblich stellen sich im Falle von Steuersatzerhöhungen auf einen bestimmten Zeitpunkt Abgrenzungsfragen (z.B. bei mehreren Teilleistungen, periodischen Leistungen oder bei Auseinanderfallen von Vertragsschluss- und Leistungszeitpunkt über die Gültigkeitszeiträume der jeweiligen alten bzw. neuen Steuersätze hinaus). In diesem Artikel sollen einige wesentliche Aspekte beleuchtet werden, die Steuerpflichtige vor dem Hintergrund der anstehenden Steuersatzänderung schon vor dem 1. Januar 2024 berücksichtigen sollten.

 

Für die Bestimmung des Steuersatzes massgebliches Ereignis

Dem Grundsatz nach ist für den anzuwendenden Steuersatz allein der Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw. (z.B. bei Dauerleistungen) der Zeitraum der Leistungserbringung massgebend. Dies ist umso relevanter, als in der Schweiz die Entstehung der Steuer grundsätzlich unabhängig ist vom Zeit-punkt der Leistungserbringung. Vielmehr hängt die Steuerentstehung grundsätzlich vom Zeitpunkt der Rechnungstellung bzw. der Vereinnahmung des Entgelts ab. Das Datum der Rechnungsstellung oder der Zahlung sind hingegen nicht relevant für die Bestimmung des anwendbaren Steuersatzes.

 

Teilzahlungen bzw. Teilrechnungen

Bei Teilzahlungen bzw. Teilrechnungen gilt, dass die bis zum 31. Dezember 2023 erbrachten Leistungen mit den bisherigen Steuersätzen, diejenigen, die ab dem 1. Januar 2024 erbracht werden, mit den neuen Steuersätzen in Rechnung zu stellen und mit der ESTV abzurechnen sind.

 

Periodische Leistungen

Bei periodischen Leistungen wie z.B. Zeitschriften-Abonnement, ist der Zeitraum der Leistungserbringung entscheidend.

Im Zusammenhang mit periodischen Leistungen, die teilweise nach der Steuersatzerhöhung erbracht werden (z.B. Zeitschriften-Abonnemente, SaaS für Konsumenten), ist eine Aufteilung des Entgelts pro rata temporis vorzunehmen. Falls der Leistungserbringer im Zeitpunkt des Verkaufs bis zum 31. Dezember 2023 nicht wissen kann, wann genau die Leistung erbracht werden wird (typisches Beispiel wäre hierfür die Mehrfahrtenkarte für Skilifte mit sofortiger Gültigkeit), ist ausnahmsweise der Zeitpunkt des Verkaufs für den anwendbaren Steuersatz massgebend.

 

Vorauszahlungen

Hinsichtlich Vorauszahlungen für zukünftige Leistungen ist zu beachten, dass der auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2024 entfallende Anteil bereits zum neuen Steuersatz fakturiert und abgerechnet werden muss, sofern im Zeitpunkt der Vorauszahlung bereits bekannt ist, dass die Leistung ganz oder teilweise nach dem 31. Dezember 2023 erbracht werden wird.

 

Bezugsteuer (reverse charge)

Was die Bezugsteuer betrifft, ist auch hier einzig der Zeitpunkt bzw. Zeitraum des Leistungsbezugs massgebend.

 

Nebenleistungen

Den allgemein gültigen Regeln folgend sind Nebenleistungen steuerlich den Hauptleistungen gleich-gestellt und teilen deren mehrwertsteuerliches Schicksal. Wenn beispielsweise ein Autosalon einen Personenwagen inklusive Gratisservice für die ersten zwei Jahre am 12. Dezember 2023 verkauft und liefert, wird der Kaufpreis mit dem aktuellen Steuersatz 7,7 % in Rechnung gestellt. Die in den Verkaufs-preis inkludierten Gratisserviceleistungen für 2 Jahre werden als Nebenleistung gleichbehandelt und unterliegen damit ebenso dem Steuersatz von 7.7 %.

 

Umsatzkorrekturen

Umsatzkorrekturen sind zu den im Zeitpunkt (bzw. Zeitraum) der Leistungserbringung geltenden Steuersätzen zu korrigieren.

 

Rechnungstellung

Aus administrativer Sicht gilt, dass für Leistungen, die aufgrund des Zeitraumes ihrer Erbringung sowohl den bisherigen als auch den neuen Steuersätzen unterliegen, und auf der gleichen Rechnung aufgeführt werden, das Datum oder der Zeitraum der Leistungserbringung und der jeweils darauf entfallende Betragsanteil getrennt auszuweisen sind. Ist dies nicht möglich, müssen alle in Rechnung gestellten Leistungen mit den neuen, höheren Sätzen abgerechnet werden.

Letztlich gilt auch im Zusammenhang mit der Steuersatzänderung das Prinzip „fakturierte Steuer ist geschuldete Steuer“ d.h. die in der Rechnung ausgewiesene Steuer ist die mit der ESTV abzurechnende, auch wenn sie überhöht ist. Dies ist der Fall, wenn in einer Rechnung die neuen Steuersätze bezüglich Leistungen ausgewiesen werden, die vor dem 1. Januar 2024 erbracht wurden. Eine nachträgliche Berichtigung der Steuer kann nur erfolgen, wenn eine Korrektur der Rechnung nach Art. 27 Abs. 2 Bst. a MWSTG erfolgt oder der Leistungserbringer glaubhaft machen kann, dass dem Bund dadurch kein Steuerausfall entstanden ist.

Die neuen Steuersätze können erstmals ab dem 1. Juli 2023 in den MWST-Abrechnungs-Formularen deklariert werden.

 

Sonstige

Weitere Besonderheiten und Spezialfälle sind insbesondere bei Miet-, Leasing- und Kommissionsverträgen sowie im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug zu berücksichtigen. Auch die Steuerpflichtigen, die nach der Saldosteuersatzmethode abrechnen, haben Anpassungen bei den anwendbaren Steuersätzen zu berücksichtigen.

Hier, wie auch in bestimmten Branchen mit komplexen Leistungsbeziehungen (z.B. Energiebranche), empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig die konkreten Auswirkungen auf das eigene Geschäft zu prüfen und entsprechende Massnahmen zu implementieren. Steuersatzänderungen sind in der Schweiz keineswegs unüblich und die jüngere Vergangenheit zeigt, dass die richtige Behandlung kritischer Fragen im Fokus z.B. von MWST-Audits durch die ESTV steht.

 

Fazit

Als wichtiges Datum für die anstehende Steuersatzänderung gilt der 1. Juli 2023, da ab diesem Zeit-punkt die Abrechnung mit den neuen, erhöhten Steuersätzen möglich ist. Ganz allgemein gilt, dass vor allem bei den automatisierten Buchungssystemen auf eine rechtzeitige Umstellung der Systeme zu achten ist.

Erfahrung mit Steuersatzänderungen in der Vergangenheit zeigt, dass sich In der Praxis regelmässig Konstellationen ergeben, die einer Einzelfallbetrachtung bedürfen und nicht ohne weiteres zu beantworten sind. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die Fragen soweit möglich mit der ESTV direkt zu klären oder einen Experten hinzu zu ziehen.