Der Ruf nach dezentralen autonomen Organisationen ertönt in aller Munde. Dabei spielt die Wahl der Rechtsform eine zentrale Rolle und könnte zu einer Renaissance des Vereins führen.
Dezentrale Autonome Organisationen «DAO» sind Organisationen, die ohne hierarchisch festgesetzte Kontroll- oder Eigentumseinheiten von einem Computerprotokoll gelenkt werden. Dabei setzen die an der DAO-Beteiligten die gesetzten Ziele gemeinschaftlich um. Technologisch basieren DAOs auf Smart Contracts. Diese interagieren in einem dezentralen System und können so verknüpft werden, dass sie gemeinsam eine virtuelle Organisationsstruktur schaffen. Transaktionen werden mittels Blockchain-Technologie ausgeführt und aufgezeichnet. Der Code der DAO wird Teilnehmern der DAO zur Verfügung gestellt, womit jedes Mitglied an dessen Weiterentwicklung teilnehmen kann.
Im Zusammenhang mit DAOs stellen sich zahlreiche regulatorische Fragen: Sowohl Primärmarkttätigkeiten, wie die Emission von Token, als auch Sekundärmarkttätigkeiten, wie die Verwahrung, der Handel oder die Abwicklung von Transaktionen mit Token, können finanzmarktrechtlichen Regeln unterliegen. Bevor ein DAO-Projekt umgesetzt wird, ist deshalb eine vertiefte Analyse nach banken-, wertpapier- und geldwäschereirechtlichen Vorschriften empfehlenswert.
Eine DAO kann nach Schweizer Gesellschaftsrecht zudem, ohne dass die daran Beteiligten es wissen und wollen, eine einfache Gesellschaft darstellen. Damit ist eine persönliche Haftung der Gesellschafter verbunden. Um dem zu entgehen, kann die DAO in der Form eines Vereins umgesetzt werden. Folgende Gründe sprechen für den Verein: Freiheit bei der Wahl der Governance, Mittel- und Vermögensallokation sowie steuerliche Aspekte.
Für steuerliche Zwecke entfaltet die Vereinsstruktur durch deren Abschirmwirkung zwischen der DAO und deren Mitglieder zahlreiche Vorteile. Vereine gelten steuerlich in der Schweiz als eigenständige Steuersubjekte. Wird nun eine DAO als Verein aufgesetzt, wird sie auch entsprechend dieser Rechtsform besteuert, da das Schweizer Unternehmenssteuerrecht zur Festlegung der Besteuerung einer Organisation an deren zivilrechtliche Form anknüpft.
Die konkrete Besteuerung hängt sodann davon ab, welche Leistungen von einer DAO erbracht respektive welcher Zweck von dieser verfolgt wird. Gelten die Tätigkeiten rein ideellen Zwecken, kann allenfalls eine Steuerbefreiung erreicht werden – im Bereich Blockchain sind die Steuerverwaltungen jedoch eher zurückhaltend mit der Gewährung einer vollständigen Steuerbefreiung.
Kommt es zu einer Besteuerung des Vereins, hat sich beispielsweise im Hinblick auf durch Token-Emissionen finanzierte Vereine eine teils gefestigte kantonale Praxis etabliert. Es wird von einer Gewinnbesteuerung von fünf Prozent der gesamten jährlichen Kosten ausgegangen. Allerdings ist dies jeweils im Einzelfall zu klären und mit der zuständigen Steuerbehörde verbindlich mittels Ruling zu vereinbaren.
Aus Sicht der Mehrwertsteuer ist die Absicht, Einkünfte zu erzielen, ausreichend, um eine subjektive Steuerpflicht zu begründen. Entsprechend ist es wichtig, die Leistungsbeziehungen einer DAO auf ihre mehrwertsteuerlichen Folgen zu prüfen und entsprechende Massnahmen zu implementieren. Nur so ist die vollständige Abrechnung der geschuldeten Inland- und Bezugsteuer sowie die Reduktion einer Vorsteuerbelastung auf ein Minimum sicherzustellen.
Das Bundesgericht hat einen Kunstsammler unlängst zur Nachzahlung von Einfuhrsteuern in Höhe von rund CHF 11 Mio. plus Verzugszinsen in Höhe von rund 2.5 Mio. verurteilt. Richtig teuer wurde es für den Kunstsammler aber, als die Steuerfahnder des kantonalen Steueramtes die vom Zoll beschlagnahmten Akten eingehend prüften.
Hintergrund war, dass die Einfuhr in die Schweiz durch eine Galerie erfolgte, die eine Bewilligung zur Nutzung des Verlagerungsverfahrens hatte. Offenbar zu Unrecht, denn wie das Gericht in seinem Urteil 2C_219/2018 vom 27. April 2020 bestätigt, ist nur derjenige berechtigt, als Importeur aufzutreten, der unmittelbar nach der Einfuhr die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Importwaren innehat. Dass die Galerie die Verfügungsmacht an den Werken hatte, wurde vorliegend verneint und in der Folge der Kunstsammler, dem die Verfügungsmacht im fraglichen Zeitpunkt tatsächlich zustand und daher als Importeur hätte auftreten müssen, zur Zahlung der Einfuhrsteuern verpflichtet.
Beim Verlagerungsverfahren entrichtet der Importeur die Einfuhrsteuer nicht an das BAZG, sondern deklariert sie im Rahmen der entsprechenden Mehrwertsteuer-Quartalabrechnung auf einem separaten Formular und macht sie zeitgleich als Vorsteuer geltend (weshalb kein Geld fliesst). Die Anwendung des Verlagerungsverfahrens ist an diverse, kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft, u.a. dass der Bewilligungsinhaber in der Schweiz steuerpflichtig ist.
Im hier beurteilten Fall war der Kunstsammler in der Schweiz nicht für die MWST registriert, weshalb er allein schon aus diesem Grund selber über keine Bewilligung zur Anwendung des Verlagerungsverfahrens verfügte und generell auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war.
Dieser Fall zeigt zum einen, wie wichtig eine sorgfältige (und in diesem Fall auch wahrheitsgemässe) Dokumentation und interne Organisation bestimmter Abläufe mit Bezug auf die MWST ist. Mit den erforderlichen Compliance-Strukturen und einem IKS (Internes Kontrollsystem) für MWST könnten die Risiken einer nicht korrekten Anwendung eines rechtlichen Verfahrens oder systematischer Fehlentscheidungen verringert werden. Denn es muss nicht immer kriminelle Energie sein, die zu beträchtlichen Aufrechnungen bei der MWST führt. Es reicht z.B. schon aus, dass versehentlich nicht der rechtmässige Importeur erfasst wird, um schwerwiegende Konsequenzen nach sich zu ziehen. In diesem Zusammenhang wird an diesem Fall deutlich, welch zentrale Bedeutung der konstanten Überwachung der Faktoren zukommt, welche für Zwecke der direkten Steuern die Liebhaberei von der selbständigen Erwerbstätigkeit unterscheiden.
Zum anderen verdeutlicht dieser Fall eindringlich, dass Behörden nicht nur ihren eigenen Aufgaben nachkommen. So hatte vorliegend die bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Zollverwaltung, MWST-Behörden und kantonalem Steueramt weitreichende Folgen. Auf dem Wege der Amtshilfe kann die Wirksamkeit einzelner Steuerprüfungen auf weitere Steuerbereiche eines Steuersubjekts ausgeweitet werden. Eine isolierte Betrachtung einzelner Steuerarten ohne Blick auf die gesamte steuerliche Situation, wie dies mit einem umfassenden IKS bewerkstelligt werden könnte – sei es auf Stufe einer natürlichen Person oder eines Unternehmens – kann daher wie im vorliegenden Fall zu einer Spirale steuerlicher Konsequenzen resp. Umqualifizierungen und Aufrechnungen führen. Umso wichtiger ist es, relevante Vorgänge ganzheitlich zu beurteilen.
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