Die subjektive Steuerpflicht in der Mehrwertsteuer setzt unter anderem eine «nachhaltige» Einnahmenerzielungsabsicht voraus. Nach Ansicht von Verwaltung und Bundesverwaltungsgericht kann dabei auch eine einmalige Transaktion (hier: die Vermittlung einer Immobilien-Transaktion) «nachhaltig» sein und eine subjektive Steuerpflicht begründen, wie ein neueres Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zeigt (A-4115/2021).

 

Die Voraussetzungen zur Erfüllung der subjektiven Steuerpflicht Art. 10 MWSTG

Steuerpflichtig ist, wer unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht ein Unternehmen betreibt und von der Steuerpflicht nicht befreit ist. Ein Unternehmen betreibt, wer eine auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen aus Leistungen ausgerichtete berufliche oder gewerbliche Tätigkeit selbstständig ausübt und unter eigenem Namen nach aussen auftritt.

Was ist nachhaltig im Sinne des Art. 10 MWSTG?

Das Bundesverwaltungsgericht nimmt in seinem Entscheid zunächst Bezug auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum alten Recht, bevor es auf einen in der Lehre zum neuen Recht vertretenen Ansatz eingeht und schliesslich den Bogen zur Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) schlägt.

Bundesgerichtliche Rechtsprechung zur «Nachhaltigkeit»

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten MWSTG (vgl. BGE 138 II 251) bildet die Nachhaltigkeit kein eigenständiges Kriterium, sondern sei Tatbestandselement der gewerblichen/beruflichen Ausübung der selbstständigen Tätigkeit. Demnach sprächen die folgenden Indizien für das Vorliegen einer nachhaltigen Leistungserbringung:

  • ein mehrjähriges Engagement und ein planmässiges Vorgehen
  • eine auf Wiederholung angelegte Tätigkeit
  • die Ausführung von mehreren Umsätzen
  • die Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit
  • die Intensität des Tätigwerdens
  • die Beteiligung am Markt
  • der Unterhalt eines Geschäftsbetriebs
  • die Art und Weise des Auftretens gegenüber Behörden
Bei Grenzfällen ohne stark ausgeprägte andere Indizien seien auch die Gewinnerzielungsabsicht sowie die Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr «starke Signale» für die Nachhaltigkeit (vgl. Urteil des BGer 2C_814/2013 vom 3. März 2014 E. 2.3.3).
 
 
Von Teilen der Lehre vertretene Abgrenzungskriterien

Unter dem neuen Recht vertritt ein Teil der Lehre, die Nachhaltigkeit sei gestützt auf quantitative und qualitative Indizien zu beurteilen.

Quantitative Indizien für eine nachhaltige Tätigkeit seien demnach:

  • Handlungen werden mehrmals und immer gleichartig vorgenommen.
  • Eine einmalige Handlung wird mit Wiederholungsabsicht durchgeführt.
  • Durch einmaligen Vertragsschluss wird ein Dauerzustand zwecks Erzielung fortlaufender Einnahmen geschaffen.
  • Zwar wird eine Leistung einmalig erbracht, hierfür ist aber eine gewisse Dauer erforderlich.
 
Qualitative Indizien für eine nachhaltige Tätigkeit seien demnach:
 
  • Die Tätigkeiten werden tatsächlich – unter Ausnützung derselben Gelegenheit und desselben dauernden Verhältnisses – wiederholt.
  • Das Handeln ist planmässig sowie auf Wiederholung angelegt.
  • Eine Beteiligung am Markt kann festgestellt werden, bei welcher der Tätige «wie ein Händler» auftritt.
  • Der Unternehmensträger mietet ein Geschäftslokal an, welches insbesondere auch im Aussenauftritt bekannt gegeben wird.
 
Rechtsprechung des EuGH
Die in Bezug genommene Rechtsprechung des EuGH befasst sich mit der Abgrenzung zwischen privater und unternehmerischer Tätigkeit. Demnach seien der blosse Erwerb und die Ausübung des Eigentums durch Veräusserung nicht als steuerbare Nutzung eines Gegenstands durch seinen Eigentümer zu betrachten, wenn sie im Rahmen einer Vermögensverwaltung durch private Anleger ausgeführt würden. Entscheidend sei vielmehr, ob die betreffende Person «aktive Schritte zum Vertrieb» unternimmt, indem sie sich «ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender» (Urteil des EuGH vom 15. September 2011 C-180/10 und C-181/10). Die Sichtweise entspreche gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung weitgehend der Schweizer Sichtweise.
 
 

Die einmalige Vermittlung im Rahmen einer Immobilien-Transaktion als «nachhaltig»

Der entschiedene Fall betraf eine Immobilienvermietung, die mangels Option der Mietverhältnisse nicht obligatorisch steuerpflichtig war und sich auch nicht freiwillig der Mehrwertsteuer unterstellt hatte (Beschwerdeführerin). Die Beschwerdeführerin erhielt die Gelegenheit, im Rahmen eines Grundstücksdeals einmalig als Vermittlerin tätig zu werden. Hierfür erhielt sie als Entgelt einen Prozentsatz vom Verkaufserlös. Im Rahmen einer MWST-Prüfung kam die ESTV zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Maklertätigkeit einen neuen Betriebszweig eröffnet hätte und daher obligatorisch steuerpflichtig geworden sei. Hiergegen wandte sich die Beschwerdeführerin u.a. mit dem Argument, es habe sich bei der Vermittlung um eine einmalige Gelegenheit ohne Wiederholungsabsicht
gehandelt.
 
Dieser Argumentation schliesst sich das Gericht nicht an und weist die Beschwerde im Ergebnis ab. Dabei betont es insbesondere das Kriterium des planmässigen Vorgehens über einen längeren Zeitraum (vorliegend mindestens sechs Monate) und verweist insofern explizit auf die von Teilen der Lehre entwickelten Abgrenzungskriterien, vgl. E 3.2.2.3. In seine Erwägungen bezieht das Gericht zudem ein, «dass das Geschäft für die Beschwerdeführerin äusserst einträglich war», E 3.2.2.4. Zwar dürfe die Einträglichkeit nicht allein als Abgrenzungskriterium herangezogen werden, im Sinne einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls sei die Einträglichkeit aber sehr wohl mit zu berücksichtigen. Dies umso mehr, als es vorliegend nicht so sehr um die Höhe des Entgelts als solche ginge, sondern vielmehr um die Rentabilität der Transaktion: «In Grenzfällen, bei welchen andere Indizien nicht stark ausgeprägt sind, kann nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung diese bzw. die Gewinnerzielungsabsicht durchaus ein Indiz für eine nachhaltige Tätigkeit darstellen (Urteil des BGer 2C_814/2013 vom 3. März 2013 E. 2.3.3)», E 3.2.2.4.
 
 

Fazit

Einzeltransaktionen können die Steuerpflicht begründen – sei es aufgrund erstmaligen unternehmerischen Tätigwerdens oder im Sinne einer Eröffnung eines neuen Betriebszweigs wie im hier entschiedenen Fall. Die
Abgrenzung von der privaten zur nachhaltig unternehmerischen Tätigkeit gestaltet sich dabei schwierig und bedarf einer Gesamtschau aller Umstände des konkreten Einzelfalls. Insbesondere Transaktionen über hochpreisige Gegenstände, bei denen sich der eigentliche Geschäftsabschluss über einen längeren Zeitraum anbahnt und die eine gewisse «Marktinitiative» benötigen (z.B. Immobilien, Kunstwerke, Sammlungsstücke), können als nachhaltig unternehmerisch gelten und damit eine Steuerpflicht auslösen. Die konkreten Folgen sollten gründlich geprüft werden und im Rahmen der Transaktionsverhandlungen entsprechende Berücksichtigung finden (MWST-Klauseln, Optieren als Alternative etc.). Bei der Gesamtschau kann insbesondere auch auf eine mögliche Gewinnerzielungsabsicht abzustellen sein – dies im Gegensatz zum Gesetzeswortlaut, der allein auf die
Einkünfteerzielungsabsicht abstellt.
 

Wer Investitionen in Kryptowährungen und andere digitale Vermögenswerte tätigt, sollte die potenziellen Steuerfolgen daraus im Auge behalten. So können unter Umständen die bei Privatpersonen gewöhnlich steuerfreien Kapitalgewinne aus der Veräusserung von beweglichem Vermögen in Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit umqualifiziert werden und unterliegen damit entsprechend der Einkommenssteuer sowie den Sozialversicherungsbeiträgen.

 

Volatilität bei den Kryptowährungen

Aufgrund der seit einigen Monaten andauernden eher trüben Stimmung an den Kryptobörsen mag sich der Anlegeenthusiasmus einiger Investoren etwas gelegt haben. Dennoch gilt es auch weiterhin, gewisse steuerliche Konzepte im Auge zu behalten, damit es bei Erhalt der definitiven Steuerrechnung nicht zu einem bösen Erwachen kommt.

Grundsätzlich realisieren Privatpersonen bei der Veräusserung von beweglichen Vermögenswerten einen steuerfreien Kapitalgewinn. Dies setzt jedoch voraus, dass der Vermögenswert im Privatvermögen gehalten wird. Wird der private Investor aufgrund der Intensität seiner Investitionstätigkeiten jedoch als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler angesehen, veräussert er Geschäftsvermögen, mit der Folge, dass der Kapitalertrag der Einkommenssteuer sowie den Sozialversicherungsbeiträgen unterliegt.

 

Vorprüfung mit Checkliste

Zur Prüfung, ob ein solches Risiko besteht, empfiehlt sich ein zweistufiges Vorgehen. Als erste Kontrollprüfung, ob die eigenen Trading-Tätigkeiten als gewerbsmässiger Wertschriftenhandel qualifizieren, hilft ein Griff zum Kreisschreiben Nr. 36 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 27. Juli 2012. Darin wird anhand von fünf konkreten Kriterien überprüft, wann in jedem Fall die Realisierung eines steuerfreien Kapitalgewinns und keine Qualifikation als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler vorliegt.

Sowohl die Eidgenössische Steuerverwaltung in ihrem Arbeitspapier zur Besteuerung von Kryptowerten als auch (vermehrt) die jeweiligen Kantone, wie beispielsweise Zug, Luzern und Zürich, verweisen jeweils auf dieses Kreisschreiben zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von digitalen Vermögenswerten und Kryptowährungen vom gewerbsmässigen Wertschriftenhandel.

Konkret wird ein gewerbsmässiger Wertschriftenhandel ausgeschlossen, wenn kumulativ folgende Kriterien erfüllt werden:

  1. Die Haltedauer der veräusserten Wertschriften beträgt mindestens sechs Monate.

  2.  Das Transaktionsvolumen (entspricht der Summe aller Kaufpreise und Verkaufserlöse) pro Kalenderjahr beträgt gesamthaft nicht mehr als das Fünffache des Wertschriften- und Guthabenbestands zu Beginn der Steuerperiode.

  3. Das Erzielen von Kapitalgewinnen aus Wertschriftengeschäften bildet keine Notwendigkeit, um fehlende oder wegfallende Einkünfte zur Lebenshaltung zu ersetzen. Das ist regelmässig dann der Fall, wenn die realisierten Kapitalgewinne weniger als 50% des Reineinkommens in der Steuerperiode betragen.

  4. Die Anlagen sind nicht fremdfinanziert, oder die steuerbaren Vermögenserträge aus den Wertschriften (wie z. B. Zinsen, Dividenden usw.) sind grösser als die anteiligen Schuldzinsen.

  5. Der Kauf und Verkauf von Derivaten (insbesondere Optionen) beschränkt sich auf die Absicherung von eigenen Wertschriftenpositionen.
 
Die ursprünglich für Wertschriftenportfolios in einer «Vor-Krypto-Welt» entwickelte Checkliste gerät bei der Beurteilung von Anlagen in Kryptowerten jedoch an ihre Grenzen.

Bei Tauschgeschäften erfolgt die Bezahlung anstelle mit Geld grundsätzlich durch die Erbringung einer Gegenleistung die Verrechnung mit einer Gegenforderung. Solche tauschähnlichen Geschäfte sind in der Praxis ein gängiges Mittel, um gegenseitige Leistungen ohne Geldfluss auszugleichen. Aber Vorsicht: Auch wenn kein Geld fliesst, ist die Mehrwertsteuer geschuldet und ordnungsgemäss abzuführen.

 

Die Mehrwertsteuerliche Behandlung von Tauschgeschäften

Im Grundsatz gilt, dass Leistungen, die durch steuerpflichtige Personen im Inland gegen Entgelt erbracht werden, der Schweizer Mehrwertsteuer (MWST) unterliegen, sofern diese Leistungen nicht von der Steuer ausgenommen oder befreit sind.

Als Entgelt versteht sich der Vermögenswert, den der Leistungsempfänger für den Erhalt einer Leistung aufwendet. Begleicht der Leistungsempfänger die Forderung des Leistungserbringers anders als durch Geldzahlung (z.B. durch Erbringung einer Leistung), bemisst sich das Entgelt nach dem Betrag, der dadurch ausgeglichen wird. Dies bedeutet, dass die beiden Vertragspartner den vollen Wert der eigenen Leistung (als Aufwand) und den vollen Wert der als Gegenleistung erhaltenen Leistung (als Ertrag) zu verbuchen haben. Beide Vertragspartner versteuern den Gesamtwert der vom anderen Vertragspartner erbrachten Leistung zum massgebenden Steuersatz. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein IT-Unternehmen für die Einrichtung der IT-Infrastruktur bei einem Treuhänder beauftragt wird und im Gegenzug der Treuhänder für dieses IT-Unternehmen die Buchhaltung erstellt (weitere Erläuterungen zu diesem Beispiel unten im Text).

 

Besonderheiten bei Tauschgeschäften

Bei Tauschgeschäften sind beide Vertragspartner zugleich Leistungserbringer und -empfänger. Soweit die Steuerpflicht besteht, hat jeder die ihm erbrachte Leistung (als Entgelt für die eigene Leistung) voll zu versteuern.

 Die Besonderheit bei Tauschgeschäften ist zudem, dass die Gegenleistung des Abnehmers anders als durch Geldzahlung (z.B. Erbringung einer Gegenleistung) erfolgt (sog. Leistung an Zahlungs statt). Sind Leistung und Gegenleistung von gleichem (Markt-)Wert, führt dies dazu, dass zwischen den beiden Parteien kein Geld fliesst. Unterscheidet sich der Wert zwischen Leistung und Gegenleistung, dann findet trotz Verrechnung ein Geldfluss, jedoch im reduzierten Masse, statt (Bezahlung des Differenzbetrags).

Bei Tauschverhältnissen gilt jeweils der Marktwert (z.B. Listenpreis) jeder Leistung als Entgelt für die andere Leistung. Entspricht der Marktwert der Leistungen des IT-Unternehmens beispielsweise CHF 10 000.– (exkl. MWST), so gilt dieser Wert als Entgelt für die vom Treuhänder an das IT-Unternehmen erbrachte Leistung. Der Treuhänder hat dieses Entgelt als Umsatz zu versteuern.

Auf Distributed-Ledger-Technologien (DLT) wie z.B. Blockchain basierende Krypto-Assets erobern mehr und mehr den Markt. Dies gilt derzeit insbesondere für NFT und den Kunstmarkt.1 Obwohl das Handelsvolumen laut Crypto Valley Journal2 aktuell bei rund USD 100 bis 200 Mio. pro Monat liegt, wird dem NFT (Non-Fungible Token) vom Gesetzgeber und auch von der Verwaltungspraxis gerade im MWST-Bereich nur zögerlich Aufmerksamkeit geschenkt. Es stellt sich die Frage, ob es für Transaktionen mit diesen speziellen Token eine besondere MWST-Regelung braucht oder ob die aktuellen gesetzlichen Vorschriften genügen.

Was ist ein NFT?

Krypto-Assets sind digital generierte und handelbare Wirtschaftsgüter, die auf einer DLT basieren. Diese werden in zwei Gruppen eingeteilt:

  • in sogenannte Fungible Token (FT, zu denen z.B. auch die Digitalwährungen Bitcoin oder Ether gehören): Diese haben aus sich selbst heraus keinen Wert. Sie sind untereinander austauschbar und teilbar (engl.: fungible). Sie
    sind vergleichbar mit Fiatgeld, also Währungen wie Schweizer Franken, Euro und US-Dollar.
  • in sogenannte Non-Fungible Token, die aufgrund des in ihnen repräsentierten konkreten Vermögenswerts einzigartig und nicht beliebig untereinander austauschbar (engl.: non-fungible) sind. So besteht die Einzigartigkeit der Non-Fungible Token (NFT) darin, dass jeder einzelne Token einen ganz bestimmten physischen oder digitalen Vermögenswert auf einer DLT (oft Blockchain) repräsentiert, wobei der NFT regelmässig nur einen Verweis auf einen digitalen Speicherort enthält – nicht den repräsentierten Vermögenswert selbst.

FT in Form von Digitalwährungen, inbesondere Bitcoin, sind der breiteren Öffentlichkeit bereits seit über einem Jahrzehnt bekannt, in El Salvador gilt Bitcoin seit 2021 gar als offizielles Zahlungsmittel. Aber NFT erobern mehr und mehr den Markt und werden insbesondere im Kunsthandel immer beliebter. Dies zeigt sich eindrücklich an den folgenden Zahlen (Stand Januar 2023):

  • weltweiter Wert des NFT-Markts: EUR/CHF +16 000 Mio.
  • Prognosen zum Wachstum des NFT-Markts: USD +174 Mrd. bis 2026

Es ist also Zeit, dass sich Gesetzgeber weltweit mit Krypto-Assets bzw. NFT befassen, um für die Anwender Rechtssicherheit zu gewährleisten. 

Aktuelle Rechtslage in der Schweiz

Tatsächlich hat die Schweiz am 1. August 2021 spezielle gesetz-liche Regelungen für DLT in Kraft gesetzt, und zwar in Form des DLT-Gesetzes und der dazugehörenden Mantelverordnung. Einhergehende Änderungen im OR, welche die Einführung von Wertrechten auf einer Blockchain ermöglichen, sind am 1. Februar 2021 in Kraft getreten.4

Die ESTV hat den Bedarf für eine Klarstellungen im Zusammenhang mit der MWST bereits früher erkannt und schon Mitte 2019 für die Praxis wichtige Leitfäden für die Leistungen im Zusammenhang mit Blockchain- und Distributed-Ledger-Technologie und für die Verwendung von Token ausgearbeitet. Diese wurden insbesondere in die MWST-Info 04, Steuerobjekt, unter den Ziffern 2.7.3 in-tegriert.5 Dabei geht die ESTV jedoch nicht explizit auf die unterschiedlich ausgestalteten Token als FT oder als NFT ein.

Es stellt sich nun die Frage, ob die bestehenden Regelungen genügen, um Leistungaustausche, die NFT beinhalten, für MWST-Zwecke rechtssicher zu beurteilen.

Klassifizierung von Krypto-Assets

Gemäss der publizierten Praxis un-terscheidet die ESTV bei Kryptocoins und -token zwischen Zahlungs-, Nutzungs- und Anlagetoken, die sie in der MWST-Info 04 «Steuerobjekt», Zif-fer 2.7.3.1 jeweils wie folgt definiert:

  • Zahlungscoins/-token (sog. Payment Coins/Token)

Kryptocoins/-token, die als reine Zahlungscoins/-token ausgestaltet sind, dienen keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel für den Erwerb von Lieferungen und/oder Dienst-leistungen bei einem oder mehreren Leistungserbringern. Zahlungs-coins/-token berechtigen daher nicht zum Bezug bestimmter beziehungsweise bestimmbarer Leistungen, sondern stellen lediglich das vereinbarte Zahlungsmittel dar.

  • Nutzungscoins/-token

(sog. Utility Coins/Token) Berechtigen Kryptocoins/token zum Bezug von bestimmten oder bestimmbaren Leistungen und/oder gewähren sie ein Zugangsrecht zu einer Plattform, einer Applikation oder Ähnliches (Li-zenz oder lizenzähnliches Recht), handelt es sich um sogenannte Nutzungscoins/-token.

  • Anlagecoins/-token

(sog. Asset [Backed] Coins/Token) Geben Kryptocoins/-token beispielsweise Anspruch auf Beteiligung am Ertrag, Umsatz, Gewinn, einen bestimmten Teil des Ertrags oder Umsatzes, derivative Rechte oder Ähnliches, handelt es sich um sogenannte Anlagecoins/-token. Anlagecoins/-token basieren stets auf einem vertraglichen Rechtsverhältnis, begründen daher kein gesellschaftsrechtliches Beteiligungsverhältnis und berechtigen nicht zur Rückzahlung des ursprünglich einbezahlten Betrags.

Hinweis

Dabei ist es nach Ansicht der ESTV möglich, dass Kryptocoins/-token auch in Mischformen der oben genannten Typisierungen vorkommen, wobei die Grundsätze der Leistungskombination nach Art. 19 Abs. 2 MWSTG zur Anwendung gelangen.

Einordnung von NFT in die Klassifizierung der ESTV

Zu prüfen ist demnach, ob sich NFT in die bestehende Klassifizierung problemlos einordnen lassen.

NFT als Zahlungstoken

Es liegt im Wesen eines Zahlungstoken, der als Zahlungsmittel dienen soll, dass er grundsätzlich aus-tauschbar und teilbar sein muss, um seiner angedachten Funktion gerecht werden zu können. Insofern scheint es wenig wahrscheinlich, dass NFT – denen das Element der Austauschbarkeit ja explizit fehlt – so ausgestaltet werden, dass sie in die Kategorie eines Zahlungstoken im Sinne der Definition der ESTV fallen.

NFT als Anlagetoken

Ähnlich dürfte regelmässig die Beurteilung von Token ausfallen, die ein Anrecht auf einen Anteil des Gewinns oder des Umsatzes oder Ähnliches gewähren: Diese sind zwar einem bestimmten Leistungsanspruch zugeordnet und «verbriefen» dieses sozusagen in digitaler Weise. Sofern sie aber untereinander inhaltlich identische Ansprüche verbriefen, dürften solche Token, die als Anlagetoken im Sinne der ESTV qualifizieren, beliebig untereinander austauschbar sein. Denkbar ist z.B., dass der Token eine Beteiligung mit der inhaltlichen Entsprechung einer Stammaktie repräsentiert.6 Denn anders als Namen- oder Vorzugsaktien dürften Stammaktien als solche austauschbar sein.7

Auf der anderen Seite ist es durch-aus denkbar, dass ein Token so ausgestaltet ist, dass er einen einzigartigen Anspruch oder eine in dieser Form einzigartige Kombination von Ansprüchen repräsentiert, die ihn eben gerade nicht beliebig aus-tauschbar machen (in Entsprechung beispielsweise zu einer Vorzugsaktie mit einem einmalig gewährten Vorzugsrecht). Ein solcher nicht aus-tauschbarer Token, der im Übrigen die Voraussetzungen der ESTV erfüllt, muss als Anlagetoken qualifizieren.

NFT als Nutzungstoken

Nutzungstoken gewähren gemäss Definition der ESTV ein Recht auf eine bestimmte (oder zumindest bestimmbare) Leistung und/oder geben ein Zugangsrecht zu einer Plattform, einer Applikation oder Ähnliches (haben also eine Art Lizenzfunktion inne).

Diese Funktion entspricht  – zumindest zum aktuellen Zeitpunkt – der wesentlichen Funktion von NFT. Um beim Beispiel Kunstmarkt zu bleiben, kann der entsprechende Token beispielsweise den Link zum Speicherort des eigentlichen (digitalen) Kunstwerks beinhalten oder als «digitales Eigentumszertifikat» für eine real existierende Skulptur dienen. Der Token repräsentiert damit bestimmte Rechte an einem bestimmten oder bestimmbaren digitalen oder physischen Wert. In dieser Funktion lässt er sich in die Klassifikation der ESTV als Nutzungstoken einordnen. Davon unabhängig zu beurteilen ist nach Auffassung der Autoren die Frage, ob der bestimmte oder bestimmbare Wert auch bereits die Qualität einer mehrwertsteuerlichen Leistung auf-weist. Die damit einhergehenden Fragen zum Zeitpunkts der Entstehung der Steuerforderung sind Gegenstand des zweiten Teils dieses Artikels. 

Hinweis

Damit scheint die Antwort auf die Frage recht simpel und zunächst gelöst: NFT dürften sich in der Terminologie der ESTV regelmässig als Nutzungs oder als Anlagetoken qualifizieren lassen. Die Qualifikation als Zahlungstoken scheint zum ak-tuellen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich.

Nach Ansicht der ESTV richtet sich die mehrwertsteuerliche Behandlung aus Herstellung, Übertragung, Aufbewahrung und Handel von Krypto-Assets nach ihrer Einordnung in die MÄRZ 2023 vorstehend genannten Kategorien. Da sich NFT nach Ansicht der Autoren in die vorhandenen Kategorien einteilen lassen, kann daher fest-gehalten werden, dass es insofern tatsächlich keine Notwendigkeit für spezifische auf NFT zugeschnittene Regelungen zu geben scheint.


Freilich sind dadurch die praktischen Probleme, die sich bei der Bestimmung des Orts der Leistung oft da-durch ergeben, dass viele am Handel Teilnehmende nur unter Pseudonymen auftreten, nach wie vor ungelöst. Diese Fragestellungen werden in einer Fortsetzung dieses Artikels separat behandelt.

Ein Blick über die Grenze in die EU

In der EU ist im Juni 2022 die MiCA-Verordnung in Kraft getreten. Diese soll in den Mitgliedstaaten eine einheitliche Regelung im Umgang mit Kryptowerten gewährleisten. Weiter arbeitet die EU-Kommission unter dem Titel «VAT in the Digital Age (ViDA)» intensiv daran, die MWST für eine digitalisierte Welt fit zu machen. Allerdings geht es hier weniger um die materielle mehrwertsteuerliche Qualifikation von Token oder dem Handel mit digitalen Werten.8

Insgesamt kann festgehalten werden, dass zumindest auf EU-Ebene, namentlich der MWST-Richtlinie, keine speziellen Regelungen zur Handhabung von NFT existieren. Auch Gerichtsurteile zum Thema sind noch selten. Es ist abzusehen, dass die EU-Mitgliedstaaten basierend auf der MWST-Richtlinie der EU nach und nach jeweils Ansätze dazu entwickeln, die sich von Land zu Land im Detail unterscheiden. Dies macht es gerade für international tätige Unternehmen schwierig, den Durchblick zu behalten. Mit Blick auf die wachsende Bedeutung des NFT-Handels wäre es sicher hilfreich, wenn die EU-Kommission sich damit befassen und eine Harmonisierung anstreben würde.

Fazit

Zwar werden NFT in den aktuellen MWST-Regelungen und den Praxispublikationen nicht explizit erwähnt, die aktuell geltenden Vorschriften sind aber durchaus hinreichend, um eine Kategorisierung vorzunehmen, die nach Ansicht der ESTV die Grundlage bilden soll für die konkreten mehrwertsteuerlichen Folgen von Herstellung, Übertragung, Aufbewahrung und Handel von NFT.


Ob diese konkreten mehrwertsteuerlichen Folgen den spezifischen Problemen dieser neuen Technologie hinreichend Rechnung tragen und welche Risiken sich hieraus für die Teilnehmer am NFT-Markt ergeben, wird im zweiten Teil dieses Artikels eingehender diskutiert.

 

1 www.forbes.at/artikel/the-5-most-expensive-nfts-on-the-market.html, besucht am 30. Januar 2023.

2 https://cvj.ch/invest/der-aktuelle-stand-der-nft-maerkte-januar-2023/, besucht am 30.  Januar 2023.

3 https://hellosafe.ch/de/newsroom/report-statis-tik-nft, besucht am 30. Januar 2023.

4 www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/me-dienmitteilungen.msg-id84035.html

5 Die ESTV orientiert sich an der Klassifikation der FINMA, behält sich aber ausdrücklich vor, Token und Coins abweichend von der FINMA zu qualifizieren.

6 Es gilt allerdings zu beachten, dass Anlagecoins/ -token gemäss ESTV lediglich ein vertragliches Rechtsverhältnis, jedoch kein gesellschaftsrechtliches Beteiligungsverhältnis begründen (Vgl. MI 04, «Steuerobjekt», Punkt 2.7.3.1).

7 www.investopedia.com/terms/f/fungibility.asp, besucht am 30. Januar 2023.

8 Vielmehr gibt es drei Teilprojekte, die sich mit den Auswirkungen und Möglichkeiten von Interaktionen via digitaler Medien und der damit verbundenen, notwendigen Betrugsbekämpfung beschäftigen: Digital Reporting Rules (hier geht es um digitale Meldepflichten zwischen Steuerpflichtigem und den Behörden), Single VAT Registration (mit nur einer Registrierung in einem EU-Mitgliedstaat sollen Steuerpflichtige inskünftig mehr Transaktionsarte abwickeln können, die sonst zu Registrierungspflichten in mehreren Staaten bedingen würden) und Platform Economy (hier geht es im Wesentlichen darum, wie die korrekte Abrechnung der MWST durch Anbieter, die ihre Produkte über eine Inetrnet-Platform vertreiben, sichergestellt werden kann). 

NFT erobern mehr und mehr den Markt, das Potenzial scheint nahezu unbegrenzt. Im ersten Teil des Artikels (1)  wurde dargelegt, wie sich NFT definieren und wie sie sich in die vorhandenen MWST-Regelungen eingliedern lassen. In diesem zweiten Teil soll beleuchtet werden, ob die konkreten MWST-Folgen den spezifischen Problemen dieser neuen Technologie hinreichend Rechnung tragen und welche Herausforderungen sich im Rahmen von Herstellung, Übertragung, Verwendung und Aufbewahrung sowie Handel von bzw. mit NFT für die Teilnehmer am Markt ergeben.

Wie im ersten Teil des Artikels erläutert, dürften NFT im Rahmen der derzeitigen Anwendungsfelder regelmässig als Nutzungstoken zu qualifizieren sein, wobei bei entsprechender Ausgestaltung auch eine Subsumption unter der Definition des Anlagetokens möglich erscheint. Die Existenz von Mischformen wird von der ESTV explizit anerkannt. Sie bietet in ihrer Praxispublikation einen Leitfaden, wie die Herstellung bzw. Ausgabe, der Handel, die Verwendung und die Aufbewahrung von Nutzungs- sowie Anlagetoken mehrwertsteuerlich zu beurteilen sind. Dabei bleiben aber Fragen offen, wie im Folgenden gezeigt werden soll.

Praxisfragen bei der Herstellung von NFT

Die ESTV äussert sich nicht explizit zur Frage, wie die Herstellung («Minting») eines NFT mehrwertsteuerlich zu bewerten ist. Das Minting eines NFT dürfte nicht von der MWST erfasst werden, sofern es nicht in einen Leistungsaustausch eingebettet ist (z.B. wenn ein Künstler ein NFT im Rahmen seines Schaffens erstellt). Aber wie sieht es aus, wenn das NFT vom Künstler im Auftrag einer anderen Person gemintet wird, möglicherweise sogar direkt in dessen Wallet, sodass formal keine weitere Übertragungshandlung notwendig ist? Hier dürften in Wahrheit trotz der gefühlten Einheitlichkeit des Vorgangs rechtlich dennoch zwei voneinander zu unterscheidende Handlungen vorliegen, die nacheinander vollzogen werden: das (nicht im Anwendungsbereich der MWST liegende) Minten im Sinne der blossen Generierung des NFT sowie die (anschliessend erfolgende) Übertragung der im NFT verkörperten Werte.

Kniffliger wird es, wenn im NFT letztlich Werte verkörpert werden, die dem Dritten bereits gehören (z.B. wird ein NFT im Auftrag des Dritten gemintet, welches lediglich die Bestätigung des Eigentums des Dritten an einem bestimmten Gegenstand bestätigen soll). Denn hier wird das NFT, welches seinen Wert ja nur durch das durch ihn verkörperte Gut erhält, sozusagen selber zum Handelsgut. Darauf kommen wir gleich im nächsten Abschnitt zurück.

Praxisfragen bei der Ausgabe/ initiale Übertragung von NFT

Da es sich bei NFT regelmässig um Nutzungs- oder gegebenenfalls Anlagetoken handelt, ist laut Praxis der ESTV für die mehrwertsteuerliche Behandlung im Rahmen der Ausgabe und der Übertragung auf das durch den Token verkörperte Gut abzustellen. So kann es sich bei der entgeltlichen Ausgabe eines NFT um eine steuerbare oder von der Steuer ausgenommene Dienstleistung oder Lieferung handeln, je nachdem, welche Leistung genau durch das NFT verkörpert wird. Diese Sichtweise erscheint logisch und leuchtet ein, sofern dem NFT eine vom durch ihn repräsentierten Wert unabhängige Existenz und damit ein selbständiger Wert abgesprochen wird. Gerade im oben erwähnten (in den Publikationen der ESTV nicht erwähnten) Beispiel, bei dem jemand beauftragt wird, ein NFT zu generieren, welches mit einem Wert verknüpft ist, der dem Auftraggeber aber bereits gehört, greift diese Sichtweise nach Auffassung der Autoren zu kurz. Denn für den Auftraggeber dürfte sich der Wert des NFT völlig unabhängig vom durch ihn repräsentierten Wert bestimmten, denn das zugrundeliegende Gut steht ja bereits in seinem Eigentum. Ziel des Auftraggebers ist es in einem solchen Fall daher nicht, das Recht am dem NFT zugrundeliegenden Wert zu erwerben, sondern lediglich, seinen besonderen damit verbundenen Status in digitaler Weise zu verbriefen. Warum dann aber für die Qualifikation der Leistung (als Lieferung oder Dienstleistung) sowie den Ort der Leistung auf den im NFT verbrieften Wert abgestellt werden soll, ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Einleuchtender und sachgerechter dürfte in einem solchen Fall wohl die Annahme sein, der Hersteller des Token erbringe eine elektronische Dienstleistung. 

Werden NFT auf einen Dritten übertragen, um damit erbrachte Leistungen zu entschädigen, liegt laut ESTV grundsätzlich ein Tauschverhältnis vor, bei dem der Marktwert jeder Leistung als Entgelt für die andere Leistung gilt. Die sich gegenüberstehenden Leistungen sind mehrwertsteuerlich dementsprechend nach der Art und Wert der jeweiligen Leistung zu beurteilen (2). Dies erscheint sachgerecht, denn ein NFT ist definitionsgemäss eben nicht als blosses Zahlungsmittel zu verstehen.Wie eingangs erwähnt anerkennt die ESTV die Möglichkeit ausdrücklich an, dass es sich bei bestimmten Token um Mischformen handeln kann, die Eigenschaften z.B. eines Nutzungstoken mit denen eines Zahlungs- oder Anlagetoken (3) verbinden. Bietet ein Anlage- bzw. Nutzungstoken zusätzlich eine Zahlungsfunktion, so verneint die ESTV jedoch das Vorliegen einer Kombination verschiedener Leistungen, es bleibe bei einem (reinen) Anlage- bzw. Nutzungstoken. Unklar ist, auf welche Rechtsnorm sich die ESTV beruft, wenn sie im Falle einer Kombination von Nutzungs- und Anlagetoken die Vermutung formuliert, die Anlagefunktion sei überwiegend, der Token damit als Anlagetoken zu behandeln. Es dürfte sich hier wohl um eine widerlegbare Vermutung handeln, die gestützt auf eine konkrete Fallkonstellation umgestossen werden kann. Immerhin erscheint die von der ESTV formulierte Praxis als pragmatisch und praktikabel, denn sie entbindet den Steuerpflichtigen von der Notwendigkeit, den Status der Token mühsam zu belegen und bietet dadurch eine gewisse Rechtssicherheit auf relativ neuem Terrain.

Praxisfragen beim Handel mit und der Verwendung von NFT

Gleich wie bei der initialen Übertragung von NFT bestimmen sich Art der Leistung und Ort der Leitungserbringung im Falle des An- und Verkaufs von NFT basierend auf der durch sie verkörperten Leistung. So mündet der Handel mit NFT in einer steuerbaren Leistungen, sofern der Ort der im Kryptotoken enthaltenen Leistung im Inland liegt und keine Steuerausnahme nach Art. 21 Abs. 2 MWSTG zur Anwendung kommt (4).

Dies klingt soweit recht einfach. Es gilt aber zu beachten, dass ein Nutzungstoken gemäss der auch von der ESTV anerkannten Definition (5) einen lediglich bestimmbaren Wert verkörpern kann. In solchen Fällen rückt der Nutzungstoken konzeptionell in die Nähe eines Gutscheines. Wenn aber die Leistung im Zeitpunkt der Übertragung lediglich bestimmbar ist, stellt sich die Frage, wie sich genau der Leistungszeitpunkt und damit der Moment der Entstehung der Steuerschuld bestimmt? Bezogen auf einen NFT (im Sinne einer Unterart des Nutzungs- oder Anlagetokens) kann bei der Beantwortung dieser Frage zunächst hilfreich sein, sich die Einzigartigkeit eines NFT in Erinnerung zu rufen. Das Erfordernis der Einzigartigkeit macht es eher unwahrscheinlich, dass ein NFT ein lediglich bestimmbares Gut verkörpert, z.B. eine Flasche Domaine de la Romanée-Conti, Jahrgang 2002. Vielmehr muss es dann eine ganz bestimmte Flasche sein. Damit ist auch klar, dass im Moment der Übertragung eines NFT im Rahmen eines Handels meist schon klar ist, welcher Vermögenswert genau durch ihn verkörpert ist, wobei dieser bzw. das Recht an diesem zeitgleich mit dem NFT übertragen wird. Es ist zu beachten, dass der Nutzer von da an unendlich oft auf das durch den NFT verkörperte Recht zugreifen kann, das NFT verbraucht sich sozusagen nicht. Damit kann der Leistungszeitpunkt nicht abweichend vom Zeitpunkt der Übertragung des NFT bestimmt werden (anders ist dies im Zusammenhang mit normalen Nutzungstoken, die keine NFT darstellen: normale Nutzungstoken können verwendet und damit sozusagen verbraucht werden, z.B. wenn sie Zugang zu einer bestimmten Speicherkapazität vermitteln. Hier können die Übertragung des Token und dessen Verwendung zeitlich auseinanderliegen. Die Frage zum Zeitpunkt der Leistung beantwortet die ESTV dahingehend, dass der dieser im Augenblick der Verwendung des Tokens und damit der Realerfüllung festzulegen ist).

Ein anderer Punkt, der in der Praxis beim Handel mit NFT, die einen Immateriellen Wert verkörpern und damit bei der Übertragung als Dienstleistung qualifizieren, zu Schwierigkeiten führen kann, ist, dass im Rahmen des NFT-Handels die Transaktionsteilnehmer oft anonym bzw. via Pseudonymen auftreten. Denn gestützt auf Art. 8 Abs. 1 MWSTG gilt als Ort der Dienstleistung der Ort, an dem der Empfänger oder die Empfängerin der Dienstleistung den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine Betriebstätte hat. Treten die Käufer anonym auf, ist es fast unmöglich, den Empfänger und damit den Ort der Leistung rechtssicher zu identifizieren. Dies gilt um so mehr dort, wo sämtliche relevanten Vorgänge in einer Transaktion automatisiert über einen sog. Smart Contract geregelt werden
Den Anbietern von NFT bleibt da oft nur, Transaktionen nur dann einzugehen, wenn der Käufer sich z.B. im Rahmen eines Know-Your-Costumer Prozesses mit seinem bürgerlichen oder seiner offiziellen Firma zu erkennen gibt und entsprechende Belege dazu einreicht (z.B. Ausweiskopie und/oder Auszug aus dem Melderegister oder Handelsregisterauszug).

Ein (gewagter) Blick in die Zukunft

Wie am obigen Beispiel des Wie am obigen Beispiel des Auftrages zur Herstellung eines NFT zur Verkörperung eines bereit sich im Eigentum des Auftraggebers befindenden Vermögenswertes dargelegt, kann die in der aktuellen Rechtslage vorgesehene Gleichstellung des NFT mit dem durch ihn verkörperten Vermögenswert  in der realen Welt durchaus Schwierigkeiten bereiten. Es ist zu beachten, dass aktuell zivilrechtliches Eigentum in vielen Rechtsordnungen nur an Sachen möglich, so legt es in der Schweiz auch Art. 641 Abs. 1 ZGB fest. Dabei ist zu beachten, dass der Begriff «Sache» im Zivilrecht sehr eng zu verstehen ist und daher ausschliesslich körperlich existierende Gegenstände und Werke versteht. Dies hat weitreichende Konsequenzen, denn wenn kein Eigentum an einem NFT selbst möglich ist, weil es ihm an Körperlichkeit fehlt, kann es selbst nicht gestohlen werden. Unabhängig der Rechtskonstrukte führt dies dann dazu, dass der zugrundeliegende Vermögenswert demjenigen gehört, der das NFT hat, ganz egal, wie dieser in seinen Besitz gelangt ist («code is law»). Im Falle eines Diebstahls des NFT gibt es dann allenfalls einen Schadenersatz-, aber keinen Herausgabeanspruch. Dass dies nicht immer zu einem das Gerechtigkeitsgefühl befriedigenden Resultat führt, dürfte klar sein.
Umso bemerkenswerter ist, dass jüngst ein Britisches Gericht (High Court) in revolutionärer Weise die Möglichkeit des zivilrechtlichen Eigentums an NFT selbst anerkannt hat (6). Auch ein chinesisches Gericht hat den NFT als gesetzlich geschütztes virtuelles Eigentum betrachtet (7).

Sollte sich daraus ein Trend entwickeln, könnten nach Ansicht der Verfasser Auswirkungen auf das MWST-Recht nicht ausgeschlossen werden. Zumindest eine Publikation der Praxis der ESTV spezifisch zu NFT wäre dann wünschenswert. Denn wenn das NFT selber eine eigenständige Stellung als handelbarer Vermögenswert erhält, die unabhängig vom durch ihn verkörperten (virtuellen oder physischen) Gegenstand ist, dann muss die MWST-liche Behandlung des Handels mit NFT eben auch unabhängig davon erfolgen. Folgerichtig müsste die Frage gelöst werden, ob jeder Handel dann automatisch zu zwei Leistungsströmen führen würde, einmal bezüglich des NFT und einmal bezüglich des durch ihn verkörperten Vermögenswertes? Und wie wäre das NFT selber dann zu bewerten, als IP-Recht? Oder als elektronisch erbrachte Dienstleistung? Oder als Dienstleistung eigener Art? Nach welchen Grundsätzen wäre das Entgelt auf diese beiden Leistungen aufzuteilen? Würde eine Gesamtleistung oder eine Leistungskombination vorliegen, oder wäre das NFT als Nebenleistung zu beurteilen, der darin verkörperte Wert als die Hauptleistung?

Fazit

Die vorhandenen Regelungen scheinen auf dem ersten Blick hinreichend zu sein, um auch in der Praxis zu praktikablen Lösungen zu führen. In Einzelfällen kann es aber dennoch knifflig sein, die mehrwertsteuerliche Behandlung von Transaktionen mit NFT rechtssicher zu beurteilen. Es bleibt abzuwarten, ob die sich rasant entwickelnde wirtschaftliche Bedeutung von NFT auch zu separaten, speziell auf sie zugeschnittene MWST-Regelungen führen wird.

AUTOREN

Christoph Drexl ist Partner bei der Primetax AG. Er ist spezialisiert auf den Bereich Mehrwertsteuer und berät Kunden bei komplexen Fragestellungen des nationalen und internationalen Mehrwertsteuerrechts.

Linda Graff Brakemeier ist Director bei der Primetax AG. Sie verfügt über mehr als 20 Jahre MWST-Erfahrung als Beraterin und Inhouse-Steuerverantwortliche und berät Kunden zu Fragen der nationalen und internationalen Mehrwertsteuer. 

Zsuzsanna Serra, LL.M, ist Consultant bei der Primetax AG. Frau Serra berät Kunden vor allem bei Fragen der nationalen und internationalen Mehrwertsteuer.

1 WEKA MWST-Newsletter 03, März 2023
2 Vgl. Art. 24 Abs. 3 MWSTG sowie MWST-Info 04, Steuerobjekt, Punkt 2.7.3.4
3 Für die Definition der Tokenarten vgl. die Ausführungen in der MWST-Info 04, Steuerobjekt, Punkt 2.7.3.1
4 MWST-Info 04, Steuerobjekt, Punkt 2.7.3.4
5 MWST-Info 04, Steuerobjekt, Punkt 2.7.3.1
6 https://taxtech.blog/2022/05/17/eigentum-an-non-fungible-token-nft-ein-uk-gericht-sagt-ja/
7 https://www.finanzen.ch/nachrichten/devisen/neue-erkenntnisse-aus-gerichtsurteil-in-china-nfts-gesetzlich-geschuetztes-virtuelles-eigentum-1031971166

Aktionärsbindungsverträge enthalten in vielen Fällen Übertragungsbeschränkungen, welche jedoch in der Praxis bei der Bestimmung des Vermögenssteuerwerts unter verschiedenen, teilweise nicht nachvollziehbaren Begründungen nicht als solche anerkannt werden.

Unselbständig erwerbende Personen unterliegen in der Schweiz dem Schweizer Sozialversicherungsrecht und leisten u.a. Beiträge in die 2. Säule. Das angesparte Alterskapital ist in der Regel bis zur Erreichung des Rentenalters gebunden. Ein vorzeitiger Bezug in Form einer Kapitalauszahlung ist bei der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit, beim Erwerb von selbstbewohntem Wohneigentum oder bei der definitiven Ausreise aus der Schweiz möglich. Letzteres ist insbesondere bei Expatriates häufig anzutreffen, da deren Einsatz in der Schweiz meist zeitlich beschränkt ist. Im Beratungsalltag wird immer wieder festgestellt, dass Expatriates, aber auch deren Arbeitgebern, nicht bewusst ist, dass bei der definitiven Ausreise ins Ausland mit wenig Aufwand und ohne Risiken erheblich Steuern eingespart werden können.

Follow up des gleichnamigen EXPERT-FOCUS-Artikels vom Dezember 2017

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Der Begriff der selbstständigen Erwerbstätigkeit wird durch die Sozialversicherungs- und Steuerbehörden oft verschieden interpretiert. So gibt es nicht wenige Fälle, in denen die Sozialversicherungsbehörden bei der Auszahlung das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit bejahten, die Steuerbehörden im Einschätzungsverfahren eine solche aber verneinten.