Der Ruf nach dezentralen autonomen Organisationen ertönt in aller Munde. Dabei spielt die Wahl der Rechtsform eine zentrale Rolle und könnte zu einer Renaissance des Vereins führen.
Dezentrale Autonome Organisationen «DAO» sind Organisationen, die ohne hierarchisch festgesetzte Kontroll- oder Eigentumseinheiten von einem Computerprotokoll gelenkt werden. Dabei setzen die an der DAO-Beteiligten die gesetzten Ziele gemeinschaftlich um. Technologisch basieren DAOs auf Smart Contracts. Diese interagieren in einem dezentralen System und können so verknüpft werden, dass sie gemeinsam eine virtuelle Organisationsstruktur schaffen. Transaktionen werden mittels Blockchain-Technologie ausgeführt und aufgezeichnet. Der Code der DAO wird Teilnehmern der DAO zur Verfügung gestellt, womit jedes Mitglied an dessen Weiterentwicklung teilnehmen kann.
Im Zusammenhang mit DAOs stellen sich zahlreiche regulatorische Fragen: Sowohl Primärmarkttätigkeiten, wie die Emission von Token, als auch Sekundärmarkttätigkeiten, wie die Verwahrung, der Handel oder die Abwicklung von Transaktionen mit Token, können finanzmarktrechtlichen Regeln unterliegen. Bevor ein DAO-Projekt umgesetzt wird, ist deshalb eine vertiefte Analyse nach banken-, wertpapier- und geldwäschereirechtlichen Vorschriften empfehlenswert.
Eine DAO kann nach Schweizer Gesellschaftsrecht zudem, ohne dass die daran Beteiligten es wissen und wollen, eine einfache Gesellschaft darstellen. Damit ist eine persönliche Haftung der Gesellschafter verbunden. Um dem zu entgehen, kann die DAO in der Form eines Vereins umgesetzt werden. Folgende Gründe sprechen für den Verein: Freiheit bei der Wahl der Governance, Mittel- und Vermögensallokation sowie steuerliche Aspekte.
Für steuerliche Zwecke entfaltet die Vereinsstruktur durch deren Abschirmwirkung zwischen der DAO und deren Mitglieder zahlreiche Vorteile. Vereine gelten steuerlich in der Schweiz als eigenständige Steuersubjekte. Wird nun eine DAO als Verein aufgesetzt, wird sie auch entsprechend dieser Rechtsform besteuert, da das Schweizer Unternehmenssteuerrecht zur Festlegung der Besteuerung einer Organisation an deren zivilrechtliche Form anknüpft.
Die konkrete Besteuerung hängt sodann davon ab, welche Leistungen von einer DAO erbracht respektive welcher Zweck von dieser verfolgt wird. Gelten die Tätigkeiten rein ideellen Zwecken, kann allenfalls eine Steuerbefreiung erreicht werden – im Bereich Blockchain sind die Steuerverwaltungen jedoch eher zurückhaltend mit der Gewährung einer vollständigen Steuerbefreiung.
Kommt es zu einer Besteuerung des Vereins, hat sich beispielsweise im Hinblick auf durch Token-Emissionen finanzierte Vereine eine teils gefestigte kantonale Praxis etabliert. Es wird von einer Gewinnbesteuerung von fünf Prozent der gesamten jährlichen Kosten ausgegangen. Allerdings ist dies jeweils im Einzelfall zu klären und mit der zuständigen Steuerbehörde verbindlich mittels Ruling zu vereinbaren.
Aus Sicht der Mehrwertsteuer ist die Absicht, Einkünfte zu erzielen, ausreichend, um eine subjektive Steuerpflicht zu begründen. Entsprechend ist es wichtig, die Leistungsbeziehungen einer DAO auf ihre mehrwertsteuerlichen Folgen zu prüfen und entsprechende Massnahmen zu implementieren. Nur so ist die vollständige Abrechnung der geschuldeten Inland- und Bezugsteuer sowie die Reduktion einer Vorsteuerbelastung auf ein Minimum sicherzustellen.
Das Bundesgericht hat einen Kunstsammler unlängst zur Nachzahlung von Einfuhrsteuern in Höhe von rund CHF 11 Mio. plus Verzugszinsen in Höhe von rund 2.5 Mio. verurteilt. Richtig teuer wurde es für den Kunstsammler aber, als die Steuerfahnder des kantonalen Steueramtes die vom Zoll beschlagnahmten Akten eingehend prüften.
Hintergrund war, dass die Einfuhr in die Schweiz durch eine Galerie erfolgte, die eine Bewilligung zur Nutzung des Verlagerungsverfahrens hatte. Offenbar zu Unrecht, denn wie das Gericht in seinem Urteil 2C_219/2018 vom 27. April 2020 bestätigt, ist nur derjenige berechtigt, als Importeur aufzutreten, der unmittelbar nach der Einfuhr die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Importwaren innehat. Dass die Galerie die Verfügungsmacht an den Werken hatte, wurde vorliegend verneint und in der Folge der Kunstsammler, dem die Verfügungsmacht im fraglichen Zeitpunkt tatsächlich zustand und daher als Importeur hätte auftreten müssen, zur Zahlung der Einfuhrsteuern verpflichtet.
Beim Verlagerungsverfahren entrichtet der Importeur die Einfuhrsteuer nicht an das BAZG, sondern deklariert sie im Rahmen der entsprechenden Mehrwertsteuer-Quartalabrechnung auf einem separaten Formular und macht sie zeitgleich als Vorsteuer geltend (weshalb kein Geld fliesst). Die Anwendung des Verlagerungsverfahrens ist an diverse, kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft, u.a. dass der Bewilligungsinhaber in der Schweiz steuerpflichtig ist.
Im hier beurteilten Fall war der Kunstsammler in der Schweiz nicht für die MWST registriert, weshalb er allein schon aus diesem Grund selber über keine Bewilligung zur Anwendung des Verlagerungsverfahrens verfügte und generell auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war.
Dieser Fall zeigt zum einen, wie wichtig eine sorgfältige (und in diesem Fall auch wahrheitsgemässe) Dokumentation und interne Organisation bestimmter Abläufe mit Bezug auf die MWST ist. Mit den erforderlichen Compliance-Strukturen und einem IKS (Internes Kontrollsystem) für MWST könnten die Risiken einer nicht korrekten Anwendung eines rechtlichen Verfahrens oder systematischer Fehlentscheidungen verringert werden. Denn es muss nicht immer kriminelle Energie sein, die zu beträchtlichen Aufrechnungen bei der MWST führt. Es reicht z.B. schon aus, dass versehentlich nicht der rechtmässige Importeur erfasst wird, um schwerwiegende Konsequenzen nach sich zu ziehen. In diesem Zusammenhang wird an diesem Fall deutlich, welch zentrale Bedeutung der konstanten Überwachung der Faktoren zukommt, welche für Zwecke der direkten Steuern die Liebhaberei von der selbständigen Erwerbstätigkeit unterscheiden.
Zum anderen verdeutlicht dieser Fall eindringlich, dass Behörden nicht nur ihren eigenen Aufgaben nachkommen. So hatte vorliegend die bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Zollverwaltung, MWST-Behörden und kantonalem Steueramt weitreichende Folgen. Auf dem Wege der Amtshilfe kann die Wirksamkeit einzelner Steuerprüfungen auf weitere Steuerbereiche eines Steuersubjekts ausgeweitet werden. Eine isolierte Betrachtung einzelner Steuerarten ohne Blick auf die gesamte steuerliche Situation, wie dies mit einem umfassenden IKS bewerkstelligt werden könnte – sei es auf Stufe einer natürlichen Person oder eines Unternehmens – kann daher wie im vorliegenden Fall zu einer Spirale steuerlicher Konsequenzen resp. Umqualifizierungen und Aufrechnungen führen. Umso wichtiger ist es, relevante Vorgänge ganzheitlich zu beurteilen.
Das Schweizer Mehrwertsteuersystem stimmt in vielen Bereichen mit den Leitlinien des europäischen Mehrwertsteuerrechts überein – nicht ohne im Einzelfall zu gänzlich abweichenden Ergebnissen zu kommen. Entsprechend werden zahlreiche Diskussionen, die auf europäischer Ebene und in den Mitgliedstaaten geführt werden, auch auf Schweizer Ebene geführt. Dies trifft beispielsweise auch auf die Leistungsbeziehungen bei der Verwendung von Tankkarten zu. Nachdem die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) vor einem Jahr ihren ersten Entwurf veröffentlicht hat, wie sie diese Leistungsbeziehungen mehrwertsteuerlich beurteilt wissen will, hat sie nunmehr am 20. Januar 2023 ihre definitive Publikation zu diesem Thema veröffentlicht.
Als Tankkarte im Sinne ihrer Verwaltungspraxis definiert die ESTV solche Karten, die es dem Tankkarteninhaber (Kunden) ermöglichen, an Tankstellen gegen Vorweisen der Karte bestimmte Leistungen zu beziehen.
Der Tankkartenherausgeber legt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend: AGB) und/oder Verträgen fest, an welchen Tankstellen die Tankkarte gültig ist und welche Leistungen dort mit der Karte bezogen werden können. Die Tankkarteninhaber können an einer Tankstelle z.B. Treibstoff, Betriebsmittel für das Fahrzeug (Schmiermittel, Frostschutzmittel, usw.), Waren oder andere Leistungen beziehen.
Gemäss ihrer nun publizierten Praxis scheint die ESTV davon auszugehen, dass es sich bei der Leistung des Tankkartenherausgebers an den Tankkarteninhaber um eine von der MWST ausgenommene Finanzdienstleistung ohne Recht auf Vorsteuerabzug handelt. Während diese Vermutung im ersten Entwurf noch ausdrücklich so festgehalten war, fehlt es nunmehr an einer eindeutigen Formulierung («ist zu prüfen, ob die Karte steuerlich wie eine Kreditkarte behandelt werden kann»). Aus Kreisen der Verwaltung ist zu vernehmen, dass die abgeschwächte Formulierung in der finalen Publikation nichts an der grundsätzlichen Auffassung der ESTV geändert hat, dass prinzipiell von einer Finanzdienstleistung des Herausgebers an den Inhaber auszugehen sei.
Abweichend hiervon haben Tankkartenherausgeber die Möglichkeit, die über die Tankkarte abgewickelten Leistungen als Reihengeschäfte abzuwickeln (d.h. die Tankstelle leistet nicht an den Tankkarteninhaber, sondern an den Herausgeber und dieser seinerseits an den Inhaber der Tankkarte). Diese abweichende Behandlung ist nur möglich, wenn bestimmte von der ESTV definierte und kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen eingehalten werden:
Die Praxispublikation der ESTV schafft Rechtsklarheit und erlaubt es den Herausgebern von Tankkarten, ihre Geschäftsmodelle entsprechend zu strukturieren. Vor dem klar formulierten Katalog an Voraussetzungen, die eine Behandlung als Reihengeschäft erfordert, empfehlen wir dringend, bestehende Vereinbarungen zu prüfen und neue Verträge entsprechend anzupassen.
Ende 2022 hat das Schweizer Volk einer Erhöhung der Mehrwertsteuersätze per 1. Januar 2024 zugestimmt.
Demzufolge gelten ab 1. Januar 2024 folgende MWST-Sätze:
Wie üblich stellen sich im Falle von Steuersatzerhöhungen auf einen bestimmten Zeitpunkt Abgrenzungsfragen (z.B. bei mehreren Teilleistungen, periodischen Leistungen oder bei Auseinanderfallen von Vertragsschluss- und Leistungszeitpunkt über die Gültigkeitszeiträume der jeweiligen alten bzw. neuen Steuersätze hinaus). In diesem Artikel sollen einige wesentliche Aspekte beleuchtet werden, die Steuerpflichtige vor dem Hintergrund der anstehenden Steuersatzänderung schon vor dem 1. Januar 2024 berücksichtigen sollten.
Dem Grundsatz nach ist für den anzuwendenden Steuersatz allein der Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw. (z.B. bei Dauerleistungen) der Zeitraum der Leistungserbringung massgebend. Dies ist umso relevanter, als in der Schweiz die Entstehung der Steuer grundsätzlich unabhängig ist vom Zeit-punkt der Leistungserbringung. Vielmehr hängt die Steuerentstehung grundsätzlich vom Zeitpunkt der Rechnungstellung bzw. der Vereinnahmung des Entgelts ab. Das Datum der Rechnungsstellung oder der Zahlung sind hingegen nicht relevant für die Bestimmung des anwendbaren Steuersatzes.
Bei Teilzahlungen bzw. Teilrechnungen gilt, dass die bis zum 31. Dezember 2023 erbrachten Leistungen mit den bisherigen Steuersätzen, diejenigen, die ab dem 1. Januar 2024 erbracht werden, mit den neuen Steuersätzen in Rechnung zu stellen und mit der ESTV abzurechnen sind.
Bei periodischen Leistungen wie z.B. Zeitschriften-Abonnement, ist der Zeitraum der Leistungserbringung entscheidend.
Im Zusammenhang mit periodischen Leistungen, die teilweise nach der Steuersatzerhöhung erbracht werden (z.B. Zeitschriften-Abonnemente, SaaS für Konsumenten), ist eine Aufteilung des Entgelts pro rata temporis vorzunehmen. Falls der Leistungserbringer im Zeitpunkt des Verkaufs bis zum 31. Dezember 2023 nicht wissen kann, wann genau die Leistung erbracht werden wird (typisches Beispiel wäre hierfür die Mehrfahrtenkarte für Skilifte mit sofortiger Gültigkeit), ist ausnahmsweise der Zeitpunkt des Verkaufs für den anwendbaren Steuersatz massgebend.
Hinsichtlich Vorauszahlungen für zukünftige Leistungen ist zu beachten, dass der auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2024 entfallende Anteil bereits zum neuen Steuersatz fakturiert und abgerechnet werden muss, sofern im Zeitpunkt der Vorauszahlung bereits bekannt ist, dass die Leistung ganz oder teilweise nach dem 31. Dezember 2023 erbracht werden wird.
Was die Bezugsteuer betrifft, ist auch hier einzig der Zeitpunkt bzw. Zeitraum des Leistungsbezugs massgebend.
Den allgemein gültigen Regeln folgend sind Nebenleistungen steuerlich den Hauptleistungen gleich-gestellt und teilen deren mehrwertsteuerliches Schicksal. Wenn beispielsweise ein Autosalon einen Personenwagen inklusive Gratisservice für die ersten zwei Jahre am 12. Dezember 2023 verkauft und liefert, wird der Kaufpreis mit dem aktuellen Steuersatz 7,7 % in Rechnung gestellt. Die in den Verkaufs-preis inkludierten Gratisserviceleistungen für 2 Jahre werden als Nebenleistung gleichbehandelt und unterliegen damit ebenso dem Steuersatz von 7.7 %.
Umsatzkorrekturen sind zu den im Zeitpunkt (bzw. Zeitraum) der Leistungserbringung geltenden Steuersätzen zu korrigieren.
Aus administrativer Sicht gilt, dass für Leistungen, die aufgrund des Zeitraumes ihrer Erbringung sowohl den bisherigen als auch den neuen Steuersätzen unterliegen, und auf der gleichen Rechnung aufgeführt werden, das Datum oder der Zeitraum der Leistungserbringung und der jeweils darauf entfallende Betragsanteil getrennt auszuweisen sind. Ist dies nicht möglich, müssen alle in Rechnung gestellten Leistungen mit den neuen, höheren Sätzen abgerechnet werden.
Letztlich gilt auch im Zusammenhang mit der Steuersatzänderung das Prinzip „fakturierte Steuer ist geschuldete Steuer“ d.h. die in der Rechnung ausgewiesene Steuer ist die mit der ESTV abzurechnende, auch wenn sie überhöht ist. Dies ist der Fall, wenn in einer Rechnung die neuen Steuersätze bezüglich Leistungen ausgewiesen werden, die vor dem 1. Januar 2024 erbracht wurden. Eine nachträgliche Berichtigung der Steuer kann nur erfolgen, wenn eine Korrektur der Rechnung nach Art. 27 Abs. 2 Bst. a MWSTG erfolgt oder der Leistungserbringer glaubhaft machen kann, dass dem Bund dadurch kein Steuerausfall entstanden ist.
Die neuen Steuersätze können erstmals ab dem 1. Juli 2023 in den MWST-Abrechnungs-Formularen deklariert werden.
Weitere Besonderheiten und Spezialfälle sind insbesondere bei Miet-, Leasing- und Kommissionsverträgen sowie im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug zu berücksichtigen. Auch die Steuerpflichtigen, die nach der Saldosteuersatzmethode abrechnen, haben Anpassungen bei den anwendbaren Steuersätzen zu berücksichtigen.
Hier, wie auch in bestimmten Branchen mit komplexen Leistungsbeziehungen (z.B. Energiebranche), empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig die konkreten Auswirkungen auf das eigene Geschäft zu prüfen und entsprechende Massnahmen zu implementieren. Steuersatzänderungen sind in der Schweiz keineswegs unüblich und die jüngere Vergangenheit zeigt, dass die richtige Behandlung kritischer Fragen im Fokus z.B. von MWST-Audits durch die ESTV steht.
Als wichtiges Datum für die anstehende Steuersatzänderung gilt der 1. Juli 2023, da ab diesem Zeit-punkt die Abrechnung mit den neuen, erhöhten Steuersätzen möglich ist. Ganz allgemein gilt, dass vor allem bei den automatisierten Buchungssystemen auf eine rechtzeitige Umstellung der Systeme zu achten ist.
Erfahrung mit Steuersatzänderungen in der Vergangenheit zeigt, dass sich In der Praxis regelmässig Konstellationen ergeben, die einer Einzelfallbetrachtung bedürfen und nicht ohne weiteres zu beantworten sind. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die Fragen soweit möglich mit der ESTV direkt zu klären oder einen Experten hinzu zu ziehen.
Das Bundesgericht hat einen Kunstsammler unlängst zur Nachzahlung von Einfuhrsteuern in Höhe von rund CHF 11 Mio. plus Verzugszinsen in Höhe von rund 2.5 Mio. verurteilt. Zwar betraf das Urteil den Zeitraum von 2008 bis 2013, sodass in der Sache altrechtliche Gesetzesregelungen zur Anwendung kamen. Allerdings weichen die aktuellen Bestimmungen des MWSTG nicht von diesen ab, weshalb das Urteil auch nach heute geltendem Recht gültig bleibt.
Hintergrund war, dass die Einfuhr in die Schweiz durch eine Galerie erfolgte, die eine Bewilligung zur Nutzung des Verlagerungsverfahrens hatte. Offenbar zu Unrecht, denn wie das Gericht in seinem Urteil 2C_219/2018 vom 27. April 2020 bestätigt, ist nur derjenige berechtigt, als Importeur aufzutreten, der unmittelbar nach der Einfuhr die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Importwaren innehat. Dass die Galerie die Verfügungsmacht an den Werken hatte, wurde vorliegend verneint und in der Folge der Kunstsammler, dem die Verfügungsmacht im fraglichen Zeitpunkt tatsächlich zustand und daher als Importeur hätte auftreten müssen, zur Zahlung der Einfuhrsteuern verpflichtet.
Beim Verlagerungsverfahren entrichtet der Importeur die Einfuhrsteuer nicht an das BAZG, sondern deklariert sie im Rahmen der entsprechenden Mehrwertsteuer-Quartalabrechnung auf einem separaten Formular und macht sie zeitgleich als Vorsteuer geltend (weshalb kein Geld fliesst). Dabei bewirkt die Anwendung bzw. Bewilligung des Verlagerungsverfahrens bezüglich der Erhebung der Einfuhrsteuern laut Bundesgericht keine Kompetenzverschiebung vom BAZG zur ESTV; vielmehr handelt es sich um eine reine Zahlungsmethode, die dem Steuerpflichtigen die Optimierung seines Cash-Flows ermöglicht. Die Anwendung des Verlagerungsverfahrens ist an diverse, kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft, die insbesondere in Art. 118 der MWSTV aufgezählt werden. Dazu gehört, dass der Bewilligungsinhaber in der Schweiz steuerpflichtig ist.
Im hier beurteilten Fall war der Kunstsammler in der Schweiz nicht für die MWST registriert, weshalb er selbst über keine Bewilligung zur Anwendung des Verlagerungsverfahrens verfügte und generell auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war.
Der Stand an einer internationalen Messe, der Besuch eines Kunden im Ausland mit Übernachtung und Nachtessen, der Einsatz eines Monteurs beim ausländischen Kunden – Unternehmen sind häufig international aktiv und bezahlen dabei MWST in Ländern, in denen sie mehrwertsteuerlich nicht registriert sind. Diese Vorsteuer ist in vielen Fällen keineswegs verloren, sondern kann über das Vorsteuervergütungsverfahren bzw. Rückerstattungsverfahren zurückgefordert werden. Wir geben einen Überblick, was zu beachten ist – und mit unseren Checklisten zum Vergütungsverfahren in der EU bzw. in der Schweiz stellen Sie sicher, dass Sie die Vorsteuer im Ausland nicht einfach liegen lassen.
VERFAHREN UND FRISTEN IN DER EU
Schweizer Unternehmen, die in der EU ausländische MWST bezahlt haben, können diese grundsätzlich zurückfordern. Die wesentlichen Voraussetzungen dafür ergeben sich aus der Richtlinie 86/560/EEC. Voraussetzung für eine Erstattung ist grundsätzlich, dass die Schweizer Unternehmung:
Anträge auf Mehrwertsteuerrückerstattung müssen in der Regel innerhalb von (je nach Land der Erstattung) sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, auf das sich der Erstattungszeitraum bezieht, eingereicht werden. Konkret sind entsprechende Gesuche daher bis zum 30. Juni einzureichen. Wird die Frist versäumt, können entsprechende Vorsteuern nicht mehr zurückgefordert werden.
Für Drittländer wurde das Antragsverfahren innerhalb der EU (noch) nicht harmonisiert. Die konkrete Vorgehensweise ist in dem jeweiligen Mitgliedsstaat abzuklären, für den ein Antrag gestellt werden soll.[1] In jedem Fall haben in Drittländer ansässige Unternehmen separate Anträge in allen Ländern zu stellen, in denen sie Vorsteuern geltend machen möchten.
Zu beachten ist: Anträge auf Vorsteuervergütung werden regelmässig sehr kritisch geprüft – sowohl im Hinblick auf formelle Aspekte (z. B.: Ist das Formular ordnungsgemäss und vollständig ausgefüllt und innert Frist eingereicht worden, sind die Belege in der erforderlichen Form beigelegt und entsprechen sie den jeweiligen nationalen Vorschriften, Stichwort: MWST-konforme Rechnungen?) wie auch auf materielle Aspekte (z. B.: Wurde MWST zu Recht in Rechnung gestellt?[2]).
CHECKLISTE VERGÜTUNSVERFAHREN EU
VERFAHREN UND FRISTEN FÜR DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH
Durch den Brexit gelten für das Vorsteuervergütungsverfahren die britischen gesetzlichen Regelungen. Der Vergütungsantrag für das Vereinigte Königreich muss sich grundsätzlich auf einen Zeitraum von mindestens drei Monaten und kann sich auf einen Zeitraum von maximal 12 Monaten beziehen.
Achtung: Der Vergütungszeitraum bezieht sich nicht auf das Kalenderjahr, sondern entspricht dem Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres. Entsprechend müssen die Anträge bis spätestens 31. Dezember des laufenden Jahres bei den britischen Steuerbehörden (HMRC) eingereicht werden.
Wenn der Antrag für einen Zeitraum von weniger als 12 Monaten gilt, darf der Gesamtbetrag der geltend gemachten Mehrwertsteuer nicht weniger als 130 GBP betragen. Bei 12 Monaten beträgt der Mindesterstattungsbetrag lediglich 16 GBP.
VERFAHREN UND FRISTEN IN DER SCHWEIZ
In der Schweiz können sich im Ausland ansässige Unternehmen, die in der Schweiz Aufwendungen für ihre unternehmerische Tätigkeit haben, die darauf bezahlte MWST als Vorsteuern zurückerstatten lassen. Dies gilt, sofern insbesondere folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:
Für die Antragsstellung ist ein in der Schweiz ansässiger Vertreter zu bestellen. Der Antrag muss via offizielles Formular der ESTV und unter Beilage der Originalbelege zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni des Folgejahres, in dem die Kosten entstanden sind, gestellt werden. Wird diese Frist versäumt, kann die Vorsteuer nicht mehr geltend gemacht werden.
CHECKLISTE VERGÜTUNGSVERFAHREN SCHWEIZ
Fazit: Vergütungsverfahren sind verhältnismässig kompliziert und langwierig. Gerne unterstützt PrimeTax Sie dabei, diese erfolgreich durchzuführen.
[1] So kennen einige Mitgliedstaaten das Erfordernis der Ernennung eines Vertreters im Inland, andere verzichten hierauf. In einigen Mitgliedsstaaten ist der Antrag in Papierform samt Original-Belegen zu stellen, andere erfordern eine elektronische Antragstellung. Zusätzlich sind gegebenenfalls besondere Vorschriften des betreffenden EU-Mitgliedstaates zu berücksichtigen. Beispielsweise können die Anträge in Polen, Rumänien, der Tschechischen Republik und der Slowakei nur in der jeweiligen Landessprache eingereicht werden oder in Ungarn ist die Geschäftsbeschreibung nach dem NACE-Code nicht erforderlich.
[2] So hat es beispielsweise in Bezug auf Exporte und innergemeinschaftliche Lieferungen in Deutschland bereits im Jahr 2016 eine Änderung in der Praxis gegeben, die aber auch heute noch hie und da übersehen wird. Das Bundesfinanzministerium hat bereits 2016 die Verwaltungsanweisung veröffentlicht, wonach Vorsteuer, die in Rechnungen über (grundsätzlich steuerbefreite) Exporte oder innergemeinschaftliche Lieferungen gesondert ausgewiesen ist, nicht vergütet wird, wenn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung im Grundsatz erfüllt sind. Dies gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zwar objektiv erfüllt sind, der Lieferant aber dennoch die Steuer belastet hat, weil ihm z.B. der entsprechende Buch- und Belegnachweis fehlt. In diesen Fällen läge ein unrichtiger Steuerausweis nach Art. 14c Abs. 1 UstG vor.
Alle Jahre wieder steht die Steuererklärung ins Haus. Am 31. März endet im Kanton Zürich die Frist, um sie einzureichen – wobei sich diese zumeist problemlos verlängern lässt. Eine Steuerexpertin und zwei Steuerexperten beantworten Fragen und geben Tipps für die Steuererklärung. Die Angaben beziehen sich auf den Kanton Zürich.
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