Mit Urteil 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024 hat sich das Bundesgericht in Fünferbesetzung zur Bindungswirkung der von der ESTV jährlich publizierten Safe-Harbour-Zinssätze geäussert. Nach Auffassung des höchsten Gerichts sind die Steuerbehörden nicht an die publizierten Zinssätze gebunden, wenn zwischen verbundenen Unternehmen Zinssätze vereinbart werden, die unter oder über den publizierten Mindest- oder Höchstzinssätzen liegen. In diesem Fall – so das Bundesgericht – sind die Steuerbehörden vielmehr gehalten, den konkreten marktüblichen Zinssatz zu ermitteln.

Sachverhalt und Prozessgeschichte

Die beschwerdeführende Gesellschaft (A. AG), eine Tochter einer spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft (B. AG), ist aufgrund von Betriebstätten im Kanton Zürich beschränkt steuerpflichtig.[1] Im Jahr 2013 schloss die A. AG mit ihrer Mutter einen Rahmenkreditvertrag mit einer Kreditlimite von maximal CHF 1 Mrd. ab. Gestützt auf diesen Vertag vereinbarten die beiden Gesellschaften ein Darlehen mit fester Laufzeit (61 Monate) über CHF 500 Mio., welches mit 2.5% p.a. zu verzinsen war. In der Differenz zwischen der Kreditlimite und dem festen Darlehen wurde ein Kontokorrent mit einem Zinssatz von 3% p.a. vereinbart.

Das Kantonale Steueramt des Kantons Zürich («KStA ZH») vertrat die Meinung, dass die vereinbarten Zinssätze dem Drittvergleich nicht standhielten, da bei der Festlegung der strittigen Zinssätze insbesondere die bestehende Staatsgarantie der Muttergesellschaft nicht berücksichtigt worden sei. In der Folge machte das KStA ZH für die betroffenen Steuerperioden 2014 und 2015 geldwerte Leistungen geltend, wobei es den seiner Ansicht nach marktüblichen Zinssatz zunächst nach pflichtgemässem Ermessen ermittelte und auf 1 % p.a. festlegte. Die dagegen erhobene Einsprache hiess das Steueramt teilweise gut und setzte den angemessenen Zinssatz neu auf 1,08% fest. Diesen Zinssatz ermittelte die Veranlagungsbehörde aus dem durchschnittlichen Zinssatz für die Refinanzierung der B. AG mit Anleihensobligationen von 0.83% und addierte eine Marge von 0.25%. Dieser Ansatz wurde vom Steuerrekursgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 10. März 2021 bestätigt.

Die gegen das Urteil des Steuerrekursgerichts erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht des Kanton Zürich teilweise gutgeheissen und zur Neuberechnung und zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hielt im Wesentlichen fest, dass die von der ESTV jährlich publizierten Zinssätze auch zu beachten seien, wenn die Steuerpflichtige von diesen abweicht, und dass diese den Bandbreitenrand der drittvergleichskonformen Verzinsung definierten. Eine Korrektur einer nicht marktüblichen Verzinsung sei mithin nur auf die Höhe der jeweiligen Mindest- bzw. Höchstzinssätze möglich. Hiergegen führte das KStA ZH vor Bundesgericht Beschwerde, welches die Position des Verwaltungsgerichts verwarf und die Auffassung des Steueramtes im Ergebnis schützte.

Begründungsansatz und kernaussagen des bundesgerichts

In materieller Hinsicht setzte sich das Bundesgericht zunächst kurz mit dem Einwand des KStA ZH auseinander, die von der ESTV publizierten Zinsrundschreiben seien für die Staats- und Gemeindesteuern nicht anwendbar und nur für die direkte Bundessteuer und die Verrechnungssteuer verbindlich. Diesbezüglich erinnerte das höchste Gericht daran, dass es sich beim Gewinnsteuerrecht um eine harmonisierte Materie handle, weshalb die Zinssätze der ESTV auch für die Staats- und Gemeindesteuern anwendbar seien.[2]

In Bezug auf den Charakter der ESTV-Zinsrundschreiben betreffend die zulässigen Zinssätze führte das Bundesgericht zunächst aus, dass diese der Vereinfachung bei der Anwendung des Prinzips der Marktüblichkeit dienen würden. Die Vereinfachung liege darin, dass die publizierten Zinssätze als «safe harbour rules» die Annahme begründen, es läge keine geldwerte Leistung vor, wenn sich die steuerpflichtige Person an die Regeln hält.[3] Umgekehrt bzw. wenn die steuerpflichtige Person von den publizierten Zinsätzen abweiche, gelte hingegen die widerlegbare Vermutung einer geldwerten Leistung. Diesfalls obliege es der Steuerpflichtigen, nachzuweisen, dass die Zinszahlungen dem Drittvergleich standhalten. Gleichzeitig hielt das Bundesgericht fest, von den Zinsrundschreiben der ESTV sei nur abzuweichen, dann die anwendbaren Gesetzesbestimmungen nicht überzeugend konkretisieren würden.[4]

Mit Blick auf den zu beurteilenden Sachverhalt führte das Bundesgericht aus, die Bindungswirkungen der Zinsrundschreiben bestehe nur solange, als sich die steuerpflichtige Person selbst an die darin definierten Zinssätze halten würde. Weiche diese davon ab, «[sei] kein Grund ersichtlich, weshalb die Steuerbehörde weiterhin daran gebunden sein soll und nicht ihrerseits den Nachweis einer Drittvergleichskonformität erbringen […] [dürfe]».[5] In diesen Fällen lägen alsdann auch weder eine Verletzung des Vertrauensschutzes noch des Gleichbehandlungsgebots vor, zumal die steuerpflichtige Person selbst von den ESTV-Zinssätzen abgewichen sei. Mit dem Abweichen der genannten Zinssätze würde schliesslich auch der Zweck der «safe harbour rules», d.h. die administrative Vereinfachung, vereitelt, da die Steuerbehörden in diesen Fällen zu überprüfen habe, ob der geltend gemachte Zinssatz marktkonform ist.[6] Vor diesem Hintergrund erkannte das Bundesgericht keine Rechtsverletzung indem das KStA ZH vorliegend den ihres Erachtens marktüblichen Zinssatz – in Abweichung der ESTV-Zinssätze – ermittelt hat.

In Bezug auf die Ermittlung des marktüblichen Zinssatzes durch das KStA ZH stellte das Bundesgericht fest, dass sich das Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich nicht mit der Frag der Zulässigkeit der Berücksichtigung einer Marge von 0.25% gestützt auf die Zinsrundschreiben der ESTV nicht befasst habe. Diesbezüglich hat das Bundesgericht die Sache an die Vorinstanz zur erneuten Beurteilung zurückgewiesen.

Überlegungen zu den bundesgerichtlichen erwägungen und deren tragweiteazit

Das dargestellte Urteil des Bundesgerichts wirft sowohl aufgrund des Begründungsansatzes und der möglichen Konsequenzen für die Praxis verschiedene Fragen auf, auf die im Folgenden einzugehen ist.

Was die verneinte Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes betrifft, ist dem Bundesgericht soweit zuzustimmen, wenn gewährleistet ist, dass die Steuerbehörden in allen Fällen, in welchen eine steuerpflichtige Person von den ESTV-Zinssätzen abweicht, konsequent und lückenlos den ihrerseits als marktüblich geltenden Zinssatz ermittelt. Mit anderen Worten sollte eine einzelfallweise Berufung durch die Steuerbehörden auf die ESTV-Zinssätze ausgeschlossen bleiben, da dies andernfalls zu einer Ungleichbehandlung der Steuerpflichtigen führen würde, die von den ESTV-Zinssätzen abweichen. So verstösse die einzelfallbezogene Geltendmachung der effektiv höheren Verwaltungskosten durch die Steuerbehörden bei der Bemessung des Beteiligungsabzugs – soweit dies überhaupt vom Gesetzgeber gewollt ist[7] – gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.[8]

Nicht – wenn überhaupt – vollends zu überzeugen vermag alsdann die Argumentation des Bundesgerichts, wonach der Zweck der Zinsrundschreiben in der administrativen Vereinfachung nicht mehr erreicht werden könne, wenn die steuerpflichtige Person von den zulässigen Höchstzinsen abweiche. Nach der nun ergangenen Rechtsprechung des Bundesgericht können sich die Steuerbehörden (unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes) nicht mehr auf die Prüfung der zum Nachweis der Drittvergleichskonformität vorgelegten Verrechnungspreisstudien beschränken, sondern müssen nun ihrerseits – sofern sie der Ansicht sind, dass der Nachweis nicht gelungen ist – den effektiv marktüblichen Zinssatz bestimmen. Zwar bringt der (versuchte) Nachweis der drittvergleichskonformen Verzinsung durch die Steuerpflichtigen entsprechenden Aufwand bei der Steuerbehörde mit sich. Dies an sich verhindert den Zweck der administrativen Vereinfachung aber nur teilweise. Vollständig vereitelt wird dieser Zweck erst durch die vom KStA ZH vertretene und vom Bundesgericht geschützte Position, es sei Aufgabe der Steuerbehörde, den konkret anzuwendenden Zinssatz (und nicht bloss einen Zinsrahmen) festzulegen. Ginge es effektiv (bloss) um die administrative Vereinfachung, ist kein Grund ersichtlich, weshalb bei nicht gelungenem Nachweis der at arm’s length Verzinsung (zur Vereinfachung) nicht auf die ESTV-Zinssätze abzustellen ist. Stattdessen müssen die Steuerbehörden nach der nun geltenden Rechtsprechung den tatsächlich drittvergleichskonformen Zinssatz ermitteln.

Was die Anforderungen an den von den Steuerbehörden zu erbringenden Nachweis des ihres Erachtens marktüblichen Zinssatzes betrifft, scheint es nahezuliegen, auf dieselben Anforderungen an den Nachweis des Drittvergleichs bzw. die Verrechnungspreisstudie abzustellen, wie sie von der ESTV für die Steuerpflichtigen definiert worden sind. Mithin müsste die vorzulegende Verrechnungspreisstudie folgende Elemente umfassen, wobei für die ersten beiden Punkte die Mitwirkungspflicht des betroffenen Steuerpflichtigen herangezogen werden kann[9]:

  • Eine detaillierte Beschreibung der Hauptmerkmale der relevanten Transaktion, die sich auf den Zinssatz auswirken könnten.
  • Eine Analyse des Kreditratings des Darlehensnehmers.
  • Eine Suche nach vergleichbaren Transaktionen, die unter Berücksichtigung der wichtigsten Vergleichbarkeitsfaktoren erstellt wird.

Hinsichtlich der anwendbaren Verrechnungspreismethoden gilt bei Zinsen die Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method, CUP-Methode) als die primär anzuwendende Verrechnungspreismethode. Daneben ist in der schweizerischen Praxis auch die Geldbeschaffungskostenmethode (Cost of Funds Method) anerkannt, an der sich das KStA ZH offensichtlich orientiert hat. Bei diesem Ansatz wird der Zinssatz auf Basis der Kosten für die Beschaffung der finanziellen Mittel durch den Kreditgeber zuzüglich einer Risikoprämie sowie einer Gewinnmarge ermittelt. Bei der Margenbestimmung ist eine Einzelfallbeurteilung unter Berücksichtigung des Kreditratings des Kreditnehmers erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist der Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts in Bezug auf die vom KStA ZH angewendete Zinsmarge von 0.25%, welche sich wiederum auf das Zinsrundschreiben der ESTV abstützt, im Lichte der übrigen Erwägungen nur konsequent.

Schliesslich wirft auch die bundesgerichtliche Feststellung Fragen auf, wonach es Aufgabe der Steuerbehörde sei, einen konkret anzuwendenden Zinssatz und nicht (bloss) einen Zinsrahmen festzulegen habe. Diese Aussage kann mit der state of the art Verrechnungspreismethodik nicht in Übereinstimmung gebracht werden. Das Bundesgericht verkennt, dass für die marktübliche Verzinsung grundsätzlich nur eine Bandbreite ermittelt werden kann bzw. dass es wenig wahrscheinlich ist, dass es nur einen Marktzins für eine bestimmte Transaktion gibt.[10] Dabei gilt der Grundsatz, dass eine Korrektur der effektiv vereinbarten Konditionen zwischen verbundenen Unternehmen nur auf den oberen oder unteren Rand der Bandbreite zulässig ist. Dieser Grundsatz wird nun vom Bundesgericht – zumindest in Bezug auf Zinsen – unnötig in Frage gestellt. Ebenfalls in Frage gestellt wird, inwiefern die von der ESTV publizierten Zinssätze dem Drittvergleich entsprechen, wenn diese in bestimmten Fällen nicht als Grundlage zur Festsetzung geldwerter Leistungen herangezogen werden können sollen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich gewisse Steuerverwaltungen auf den Standpunkt stellen, die Bandbreite der marktkonformer Zinssätze sei relativ eng, womit ein Abweichen von den ESTV-Zinssätzen von mehr als 25% per se nicht drittvergleichskonform und das Erbringen des Gegenbeweises durch die Steuerpflichtige (faktisch) ausgeschlossen sei.[11] Diese Position kann bei konsequenter Berücksichtigung der nun ergangenen bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr aufrecht erhalten werden.

Fazit

Mit Blick auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt kann festgehalten werden, dass das Abweichen durch das KStA ZH von den ESTV-Zinssätzen durchaus als einzelfall- und sachgerecht betrachtet werden kann. Die vom Bundesgericht gewählte Begründung zur Rechtfertigung des Abweichens von den ESTV Zinssätzen vermag aber nicht zu überzeugen und führt zu unnötigen Unsicherheiten. Es wäre sachgerechter gewesen, die Spezialität des Einzelfalls herauszustreichen und damit eine sachverhaltsbezogene Begründungslinie zu fahren. Diesbezüglich hätte das Bundesgericht auf den Grundsatz abstellen können, dass von den Zinsrundschreiben der ESTV (nur) abgewichen werden kann, wenn sie die anwendbaren Gesetzesbestimmungen nicht überzeugend konkretisieren, was vorliegend durchaus hätte argumentiert werden können.

Wünschenswert wäre nun, wenn die ESTV das nun vorliegende Urteil des Bundesgerichts als Impuls zur Ausdifferenzierung ihres Zinsrundschreibens verstehen und namentlich den Anwendungsbereich der «safe harbour-rules» genauer abstecken würde.[12] Damit würde die Rechtssicherheit der Steuerpflichtigen erhöht und es könnte der zu erwartende Mehraufwand für die Steuerbehörden abgefedert werden. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu beachten, dass das Kreditrating des Darlehensnehmers und die konkrete Ausgestaltung der Finanzierung für die einzelfallbezogene Ermittlung eines drittvergleichskonformen Zinssatzes von erheblicher Bedeutung sind. So ist z.B. zu beurteilen, welchen Einfluss Sicherheiten, Laufzeit und Rückzahlungsprivilegien (oder das Fehlen von solchen) haben und ob bzw. wie ein impliziter Konzernrückhalt oder ein Konzernrating zu berücksichtigen sind bzw.

Da ein Abweichen von den Zinsrundschreiben der ESTV schon immer zu einer faktischen Nachweispflicht der Drittvergleichskonformität der verwendeten Zinssätze geführt hat, ist – auch im Lichte dieses Entscheids – Unternehmensgruppen weiterhin zu empfehlen, eine entsprechende Verrechnungspreisanalyse und -dokumentation zu erstellen.

Zürich, 23. August 2024

[1]    Vgl. zur detaillierteren Sachverhaltsbeschreiben das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich SB.2021.00056 vom 25. Mai 2022.
[2]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 6.1.
[3]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 4.1.
[4]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 4.2.
[5]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 6.2.
[6]    Urteil BGer 9C_690/2022 vom 17. Juli 2024, E. 6.2 in fine.
[7]    Vgl. Attenhofer, in: Klöti-Weber/Schudel/Schwarb, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 5. Aufl., Bern 2023, Rz. 35 zu § 27b; Vitali, ibid., Rz. 86 zu § 76.
[8]    Vgl. Greter, Der Beteiligungsabzug im harmonisierten Gewinnsteuerrecht, Diss., Zürich 2000, S. 142.
[9]    Vgl. https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/internationales-steuerrecht/verrechnungspreise.html, Frage 23.
[10]    Vgl. https://www.estv.admin.ch/estv/de/home/internationales-steuerrecht/verrechnungspreise.html, Frage 32.
[11]    Vgl. Harbeke/Hug/Scherrer, Verrechnungspreisrecht der Schweiz, Grundlagen und Praxis, Zürich, 2022, Rz. 1188.
[12]    Vgl. hierzu auch die Kritik an den ESTV-Zinsrundschreiben bei Harbeke/Hug/Scherrer, a.a.O., Rz. 1226.

Seit dem 01.01.2025 ist das teilrevidierte MWSTG in Kraft. Mit diesem Beitrag informieren wir zum aktuellen Stand per Mitte Januar 2025.

 

1. Elektronische Plattformen („Plattformbesteuerung“)

Durch eine sog. «Lieferkettenfiktion» (siehe Darstellung unten) wird mehrwertsteuerlich eine Lieferung vom Händler an die Plattform und von der Plattform an den Kunden fingiert, vgl. Art. 20a nMWSTG. Die Plattform hat demnach die MWST auf die Verkäufe an die Kunden gegenüber der ESTV abzurechnen, sofern diese der Inlandsteuer unterliegen. Achtung: Die sog. Versandhandelsregelung für die Lieferung geringwertiger Warensendungen aus dem Ausland gilt weiterhin, Art. 7 Abs. 3 Bst. b MWSTG. Faktisch soll die Neuregelung damit zu einer umfassenden Steuerpflicht ausländischer Handelsplattformen in der Schweiz führen. Betroffen sind aber auch inländische Privatverkäufer, die beispielsweise über eine Handelsplattform gelegentlich Ware verkaufen: Die Handelspattform wird die von ihr geschuldete MWST zweifelsohne an die Verkäufer durchreichen.

In der Praxis stellen sich zahlreiche Fragen im Zusammenhang mit der Plattformbesteuerung. Umso bedauerlicher ist, dass im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar ist.


2. Leistungen von reisebüros 

Während heute bei Auslandreisen die einzelnen Komponenten der Reise für die Zwecke der Mehrwertsteuer aufgeschlüsselt und einzeln nach ihrem Leistungsgehalt beurteilt werden müssen, gilt künftig für alle Dienstleistungen von Reisebüros das sog. Erbringerortsprinzip, d.h. die (eigenen und von Dritten weiterverrechneten) Leistungen des Reisebüros gelten einheitlich am Sitz des Reisebüros erbracht. Die Leistungen von Reisebüros sind von der Steuer befreit, wenn sie im Ausland bewirkt werden oder wenn sie gestützt auf Artikel 23 MWSTG von der Steuer befreit wären, wenn sie von einer Person erbracht würden, die kein Reisebüro ist.

Im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages ist seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar.

3. subventionen

Bezeichnet ein Gemeinwesen von ihm ausgerichtete Mittel gegenüber dem Empfänger ausdrücklich als Subvention oder als anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag, so gelten diese Mittel als eine Subvention oder als anderer öffentlich-rechtlicher Beitrag, Art. 18 Abs. 3 nMWSTG. Subventionen gelten als Nicht-Entgelte, die nicht der MWST unterliegen, aber auf Stufe des Subventionsempfängers eine Kürzung des Vorsteuerabzugs erforderlich machen, Art. 18 Abs. 2 Bst. a in Verbindung mit Art. 33 MWSTG. Das Gemeinwesen hat bis zum Ablauf der Finalisierungsfrist die Möglichkeit, Mittel gegenüber dem Empfänger als Subvention oder anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag zu bezeichnen. Steuerpflichtige, die mit der Qualifikation als Subvention nicht einverstanden sind, werden sich hiergegen aktiv wehren müssen.

Die MWST-Info 05 «Subventionen und Spenden» wurde entsprechend überarbeitet, wobei die Anpassungen sich derzeit auf die redaktionelle Ergänzung der neuen Vorschriften beschränkt, ohne weiterführende Praxishinweise zu geben.

4. Handel mit emissions- und vergleichbaren rechten

Die (von der Lieferung von Energie losgelöste) Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen für Emissionsverminderungen, etc. unterliegen neu generell der Bezugsteuer – unabhängig vom Sitz des Veräusserers. Art. 45 Abs. 1 MWSTG wurde um einen Buchstaben e ergänzt. Die Regelung greift nicht, sofern die Emissionsrechte etc. unter die Steuerausnahme nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 Bst. e MWSTG fallen. Von der Steuer ausgenommen ist insbesondere der Handel mit Derivaten auf solche Rechte, Zertifikate und Bescheinigungen.

Fehlerhaft in Rechnung gestellte Inlandsteuer ist nur dann als Vorsteuer abzugsfähig, wenn der Leistungsempfänger den Nachweis erbringen kann, dass der Leistungserbringer diese Inlandsteuer auch abgerechnet und bezahlt hat.

MWST-Info 14 „Bezugsteuer“ enthält in Ziff. 2.5 eine Auflistung der in den Anwendungsbereich der Neuerung fallenden Rechte, Bescheinigungen und Zertifikate. Hierzu zählen namentlich:

  • Emissionsrechte nach Artikel 2 Buchstabe c CO2-Gesetz;
  • nationale Bescheinigungen nach Artikel 2 Buchstabe d CO2-Gesetz;
  • Emissionsminderungszertifikate nach Artikel 2 Buchstabe e CO2-Gesetz;
  • internationale Bescheinigungen nach Artikel 2 Buchstabe f CO2-Gesetz;
  • Herkunftsnachweise für Elektrizität nach Artikel 9 EnG;
  • andere Bescheinigungen für die Herkunft von Energie (z. B. Herkunftsnachweise für erneuerbare Treib- und Brennstoffe [sog. eTS/eBS-System]);
  • ausländische Rechte, Bescheinigungen und Zertifikate, welche den voranstehend genannten Rechten, Bescheinigungen und Zertifikaten entsprechen (z. B. europäische Emissionsberechtigungen oder Herkunftsnachweise für ausländische Elektrizität);
  • im sog. freiwilligen Markt für Treibhausgaskompensationen übertragene in- oder ausländische Rechte, Bescheinigungen und Zertifikate, welche den vorstehend genannten Rechten, Bescheinigungen und Zertifikaten entsprechen (z. B. «Voluntary Emission Reductions» [VER])

5. Administrative massnahmen

Abrechnungsperiode

Für steuerpflichtige Personen, deren jährlicher Umsatz aus steuerpflichtigen Leistungen 5 005 000 Franken nicht überschreitet, besteht zukünftig die Option, die MWST jährlich abzurechnen. Die Anwendung dieser Methode hat keinen Einfluss auf die Abrechnungsmethode. Die Bewilligung der jährlichen Abrechnung erfolgt auf Antrag und kann verweigert bzw. widerrufen werden, sofern der Steuerpflichtige seinen Abrechnungs- und Zahlungspflichten nicht oder nur ungenügend nachkommt, Art. 35 und 35a nMWSTG.

Die Steuerpflichtigen müssen unterjährig Vorauszahlungen auf ihre Steuerschuld leisten (quartalsweise bzw halbjährlich bei Saldosteuersatzabrechnenden). Die Raten werden von der ESTV festgelegt und in Rechnung gestellt, Art. 86 nMWSTG. Massgebend für die Festlegung der Raten ist die Steuerforderung der letzten Steuerperiode. Ist sie noch nicht bekannt, so wird sie von der ESTV geschätzt. Bei neu steuerpflichtigen Personen ist die bis zum Ende der ersten Steuerperiode erwartete Steuerforderung massgebend. Erachtet die steuerpflichtige Person die Raten als zu hoch oder zu niedrig, so kann sie bei der ESTV eine Anpassung der Raten beantragen.

Im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages ist seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar.

Fiskalvertretung

Steuerpflichtige Personen ohne Wohn- oder Geschäftssitz im Inland benötigen grundsätzlich eine Steuervertretung im Inland („Fiskalvertreter“). Hier sollen administrative Vereinfachungen und Kostenersparnisse geschaffen werden, indem das Erfordernis einer Steuervertretung unter bestimmten Voraussetzungen entfällt. Die ESTV kann darauf verzichten, die Bestimmung einer Vertretung nach Absatz 1 zu verlangen, sofern die Erfüllung der Verfahrenspflichten durch die steuerpflichtige Person und der rasche Vollzug dieses Gesetzes auf andere Weise gewährleistet sind, vgl. Art. 67 Abs. 1 bis nMWSTG.

In Gesetz, Verordnung und den entsprechenden Botschaften finden sich keine Hinweise, wie «die Erfüllung der Verfahrenspflichten durch die steuerpflichtige Person und der rasche Vollzug dieses Gesetzes auf andere Weise gewährleistet» werden können. Insofern bleibt abzuwarten, ob sich die Verwaltung konkretisierend äussert. Im Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrages ist seitens ESTV noch keine Publikation mit Hinweisen zur Verwaltungspraxis verfügbar.

fazit

Auch nach Inkrafttreten des teilrevidierten Mehrwertsteuergesetzes bleiben Fragen zu dessen Umsetzung durch die Steuerpflichtigen offen. Wir verfolgen die Entwicklung der Verwaltungspraxis und informieren Sie an dieser Stelle über allfällige Entwicklungen.

sachverhalt

A AG ist tätig im Bereich Beschaffung, Halten, Finanzierung, Betrieb, Vermietung und Leasing von Luftfahrzeugen. A AG wird von der Unternehmung B gehalten. Eigentümerin der B ist die Familie C.

Im Jahr 2012 erwarb die A AG ein Luftfahrzeug und schloss einen „Aircraft Management- und Charter“-Vertrag mit der Firma D. A AG übertrug in dem Vertrag das ausschließliche Recht, das Luftfahrzeug zu verwalten und es gegenüber Dritten zu betreiben auf D.

Alle mit dem Luftfahrzeug durchgeführten Flüge wurden von der Firma D. in Rechnung gestellt. Von den vereinnahmten Entgelten behielt D einen bestimmten Betrag als Provision zurück. Den Restbetrag rückvergütete D an A AG als Mietzahlung. Im Einzelnen sah die Vereinbarung Folgendes vor:

  • Flüge durch Dritte («Charter»): A AG erhält 85% abzüglich Provision.
  • Flüge durch Nahestehende der A AG, Führungskräfte der Familie C etc. («Key Charter»): A AG erhält 100% der durch D vereinnahmten Entgelte abzüglich CHF 100 pro Flugstunde.

Der Vertrag sah ausserdem vor, dass D für jeden Charterflug die vorherige Zustimmung der A AG einholen müsse. Darüber hinaus würde sie die A AG auf deren Wunsch über alle Fluganfragen potenzieller Charterkunden informieren. A AG behielt sich das Recht vor, nach eigenem Ermessen jeden von der D angebotenen Charterflug zu genehmigen oder abzulehnen.

Im Jahr 2012 bestätigte die ESTV der A AG den Vorsteuerabzug hinsichtlich Einfuhrsteuer auf das Flugzeug und von D in Rechnung gestellter Inlandsteuer. Dem Entscheid lag eine Rulinganfrage zugrunde, die von folgender Nutzungsprognose ausging:

  • 52 % Nutzung durch Dritte
  • 28 % Nutzung für den privaten Gebrauch nahestehender Personen der A AG und
  • 20 % Nutzung für die Angehörige der C

Wie sich später herausstellte erfolgte die tatsächliche Nutzung zu über 50% für private Bedürfnisse der A AG und ihre nahestehender Personen. In der Folge versagte die ESTV den Vorsteuerabzug im Umfang der Nutzung für nicht-gewerbliche Zwecke und qualifizierte die Struktur in Bezug auf das Flugzeug als missbräuchlich.

fragestellung bzw. problematik

Streitgegenständlich ist insbesondere die Frage, ob der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, soweit das Flugzeug für den privaten Gebrauch der wirtschaftlich Berechtigten (A AG und ihre nahestehende Personen) genutzt wird.

entscheid des Bundesgerichts

9C_775/2023
Das Bundesgericht hat sich in seinem früheren Urteil (BGE 149 II 53) bei der Festlegung der Schwelle, ab der eine private Nutzung eines Flugzeugs nicht mehr als Teil einer unternehmerischen Tätigkeit gilt, an der Praxis der ESTV orientiert. Demnach ist eine private Nutzung von bis zu 20 % nicht schädlich. Wenn dieser Wert überschritten wird, fällt die gesamte private Nutzung des Flugzeugs durch den wirtschaftlich Berechtigten und die ihm nahestehenden Personen aus dem Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer heraus und berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug.

Sowohl die Vorinstanz als auch die Beschwerdeführerin gehen zu Recht davon aus, dass die A AG eine unternehmerisch tätige Einheit bildet (nach dem Grundsatz der Einheit des Unternehmens in BGE 142 II 488), was vorliegend auch vom Bundesgericht bestätigt wird. Aber auch bei Vorliegen einer Unternehmenseinheit ist der Vorsteuerabzug nur im Umfang der unternehmerischen Tätigkeit möglich.

Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin wirft die Frage auf, ob eine Vorsteuerkorrektur nötig ist, obschon das Konstrukt eine ausschliesslich unternehmerische Nutzung des Flugzeugs vorsieht. Dies bejaht das Bundesgericht, da die private Nutzung mehr als 20 % der Gesamtnutzung ausmacht und insofern nicht in den Anwendungsbereich der MWST fällt. Insofern bestand nach Ansicht des Gerichts nie das Recht, die Vorsteuer geltend zu machen.

fazit

Flugzeughaltestrukturen sind regelmässig im Fokus der MWST-Revisoren. Das Urteil bestätigt im Wesentlichen die Praxis der ESTV und deren restriktiven Ansatz. Das Urteil geht über Flugzeughaltestrukturen hinaus und Steuerpflichtige sollten in einschlägigen Konstellationen (z.B. Ferienhäuser, Fahrzeuge, Boote) stets den Anteil der «faktisch» privaten Nutzung dieser Gegenstände im Auge behalten.

Die Erledigung der Zollformalitäten löst bei den wenigsten Begeisterungsstürme aus. Zu formalistisch, zu aufwändig- und gerade, wenn man die Ware nur kurz in das jeweilige Lang bringt (z.B. im Rahmen einer Messe), ist die Versuchung gross, auf die lästigen Formalitäten zu verzichten. Dabei zeigt sich immer wieder, dass die ordnungsgemässe Erledigung der zollrechtlichen Formalitäten den Anmeldepflichtigen viel Ärger ersparen kann – und Geld. So, wie in dem Fall, den das Bundesverwaltungsgericht jüngst zu entscheiden hatte (Urteil vom 19. November 2024, A-4028/2022). Gegenstand dieses Urteils war die unterlassene Eröffnung des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung für Ausstellungsstücke an einer Messe in der Schweiz.

Hintergrund zum verfahren der „vorübergehenden Verwendung“

Die Zollanmeldung bildet dem Selbstdeklarationsprinzip folgend die Grundlage der Zollveranlagung. An die Sorgfalt der anmeldepflichtigen Person werden dabei hohe Anforderungen gestellt. Zollpflichtige haben sich vorab über die Zollpflicht und die jeweiligen Abfertigungsverfahren zu informieren. Sie sind für die rechtmässige und richtige Deklaration ihrer Warenbewegungen verantwortlich und müssen die Veranlagung anmelden.

Wird die Ware zur vorübergehenden Verwendung ins Zollgebiet verbracht, ist die Zollanmeldung für die vorübergehende Verwendung (ZAVV) auszustellen. Hierbei handelt es sich um ein schweizerisches Zolldokument, das keine Auswirkungen auf die Zollformalitäten im Ausland hat. Für das Verfahren mit der ZAVV verlangt die Zollstelle eine Sicherheitsleistung. Das ist der Betrag, der bei der definitiven Verzollung zu bezahlen wäre.

Damit das Verfahren der vorübergehenden Verwendung in Anspruch genommen werden kann, müssen die folgenden Grundvoraussetzungen erfüllt sein:

  • Es handelt sich um Waren, die zur Wiederausfuhr bestimmt sind.
  • Die Identität der Waren muss festgehalten werden können.
  • Die Waren werden in unverändertem Zustand wieder ausgeführt. Massnahmen zur Warenerhaltung sind während der vorübergehenden Verwendung erlaubt.

Der Verwendungszweck der Waren bestimmt die Zulässigkeit des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung und die erforderlichen Formalitäten. Häufige Verwendungszwecke sind beispielsweise Ausstellungen, Tests, Erprobungen, Sportveranstaltungen oder Unternehmermaterial. Sollte sich der Verwendungszweck, der Verwender oder der Eigentümer der Waren während der vorübergehenden Verwendung ändern, ist eine neue Zollanmeldung erforderlich.

Im Rahmen dieses Verfahrens werden die Einfuhr- und Ausfuhrzollabgaben mit bedingter Zahlungspflicht veranlagt. Bei einem nicht ordnungsgemässen Abschluss des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung werden die veranlagten Abgaben fällig, es sei denn, die Waren wurden innerhalb der festgesetzten Frist wieder aus dem Zollgebiet verbracht und ihre Identität kann nachgewiesen werden.

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin hatte zwei selbst entworfene und montierte Wohnfahrzeuge ohne Zollanmeldung in die Schweiz gebracht, um sie auf einer Messe ausstellen zu lassen. Die Eidgenössische Zollverwaltung (heute und im Folgenden als Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit, BAZG, bezeichnet) beschlagnahmte die Fahrzeuge und leitete in der Folge eine Zollstrafuntersuchung aufgrund unterlassener Zollanmeldung gegen die Beschwerdeführerin ein. Die Beschwerdeführerin argumentierte u.a., dass die Wohnwagen unter das Istanbuler Übereinkommen fielen und daher formlos abgabenfrei vorübergehend eingeführt werden konnten. Jedenfalls seien aber die Voraussetzungen einer Abgabenbefreiung im Sinne des Art. 56 Abs. 3 ZG erfüllt, da die nämlichen Wohnfahrzeuge das Inland wieder verlassen hätten.  

Entscheid des bundesverwaltungsgerichts 

Das Gericht verweist zunächst darauf, dass die einschlägigen Vorschriften des Istanbuler Übereinkommens nicht nur auf den Gegenstand der Einfuhr selbst („Beförderungsmittel“), sondern auch auf dessen Verwendungszweck im konkreten Fall abstellen („zur gewerblichen Verwendung oder zum eigenen Gebrauch“). Dabei umfasse die „gewerbliche Verwendung“ ausschliesslich Mittel zur «Beförderung von Personen gegen Entgelt oder zur gewerblichen Beförderung von Waren gegen oder ohne Entgelt». Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, wenn der Verwendungszweck in der Ausstellung an einer Messe bestünde. Die Wohnaufbauten fielen damit unter eine andere Regelung des Istanbuler Übereinkommens – die aber gerade keine formlose Anmeldung vorsähe.

Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Eröffnung des Anwendungsbereichs der Vorschriften der Abgabenbefreiung sei ebenfalls nicht erfüllt. Voraussetzung hierfür sei zunächst, dass ein Zollverfahren ordnungsgemäss eröffnet worden ist. Dies sei vorliegend gerade nicht der Fall.

Im Ergebnis stellt das Bundesverwaltungsgericht damit fest, dass die Zoll- und Einfuhrsteuerschuld rechtmässig gegen die Steuerpflichtige festgesetzt wurde.

Fazit

Das Unterlassen der Zollanmeldung kam die Beschwerdeführerin im Ergebnis teuer zu stehen. Die Voraussetzungen der vorübergehenden Verwendung lagen im entschiedenen Fall wohl vor. Mit wenig Aufwand hätte der Messebesuch in der Schweiz zollrechtlich abgewickelt werden können, ohne dass es zu einer effektiven Belastung mit Mehrwertsteuer und Zollabgaben gekommen wäre.

Die Mehrwertsteuer (MWST) ist als allgemeine Konsumsteuer darauf ausgelegt, den nicht-unternehmerischen, sprich privaten, Konsum zu belasten. Innerhalb der unternehmerischen Sphäre hingegen besteht grundsätzlich ein Recht auf den Vorsteuerabzug, um eine steuerliche Mehrfachbelastung zu vermeiden. Dieser Grundsatz stösst jedoch an seine Grenzen, wenn Gestaltungen einzig dazu dienen, sich einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen, der vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist. Solche missbräuchlichen Strukturen sind häufig Gegenstand der Rechtsprechung, insbesondere im Zusammenhang mit Luxusgütern wie Privatjets, Yachten oder Ferienimmobilien.

Ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) vom 8. Januar 2025 (A-1146/2023) behandelt eine solche Thematik. Es befasst sich mit der missbräuchlichen Nutzung der MWST-Regelungen im Zusammenhang mit einer Ferienliegenschaft.

Sachverhalt und Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

A-1146/2023

Die A._______ AG wurde im Jahr 2017 von ihrem Alleinaktionär erworben und hielt eine einzige Ferienliegenschaft. Die Gesellschaft wurde als mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen registriert, wodurch sie berechtigt war, den Vorsteuerabzug für umfangreiche Renovationskosten geltend zu machen. Gleichzeitig vermietete sie die Liegenschaft exklusiv an den Alleinaktionär, wobei diese Vermietung als Beherbergungsdienstleistung der MWST zum Sondersatz für Beherbergungsleistungen unterliegt.

Nach einer MWST-Kontrolle durch die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) im Jahr 2021 wurde die Gesellschaft rückwirkend aus dem Register der MWST-pflichtigen Personen gelöscht. Die ESTV begründete dies mit dem Vorliegen einer Steuerumgehung, da die gewählte Struktur einzig darauf abzielte, einen Vorsteuerabzug zu generieren, den der Alleinaktionär privat nicht hätte geltend machen können. Das BVGer bestätigte diese Einschätzung.

Kriterien der Steuerumgehung

Nach der gefestigten Praxis des BVGer und des Bundesgerichts sind drei Elemente entscheidend für die Bejahung einer Steuerumgehung:

  1. Objektives Element: Die gewählte Rechtsgestaltung ist ungewöhnlich und sachwidrig. Im vorliegenden Fall bestand die Gesellschaft ausschließlich darin, eine Ferienliegenschaft zu halten und an den Alleinaktionär zu vermieten, ohne dass wirtschaftliche oder geschäftliche Gründe ersichtlich waren.
  2. Subjektives Element: Die gewählte Struktur diente primär der Steuervermeidung, indem durch die MWST-Pflicht ein Vorsteuerabzug erlangt wurde, der ansonsten nicht möglich gewesen wäre.
  3. Effektives Element: Die Steuerersparnis war erheblich, insbesondere durch den Vorsteuerabzug für Renovationskosten, die ansonsten im Privatvermögen nicht abzugsfähig gewesen wären.

Da alle drei Kriterien erfüllt waren, wurde die Steuerumgehung bejaht und die Steuerpflicht der Gesellschaft rückwirkend aufgehoben.

Interessant ist der Vergleich mit den Urteilen A-4190/2020 und A-4195/2020 vom 15. Dezember 2021. In diesen Fällen wurde keine Steuerumgehung angenommen, wobei nach Auffassung des Gerichts insbesondere die Tatsache eine Rolle spielte, dass dort keine Vorsteuerabzüge geltend gemacht wurden. Die Unternehmen rechneten stattdessen nach der Saldosteuersatzmethode ab, weshalb keine erhebliche Steuerersparnis erfolgt. Es fehlte somit an der dritten Voraussetzung, dem effektiven Element, das eine erhebliche Steuerersparnis voraussetzt. Im aktuellen Fall hingegen führte die gewählte Struktur zu einem signifikanten Vorsteuerüberhang, der sich aus den hohen Renovationskosten ergab, für die die Gesellschaft den Vorsteuerabzug geltend machte. Gleichzeitig wurden die Mieteinnahmen aus der exklusiven Vermietung an den Alleinaktionär nur mit dem reduzierten Sondersatz für Beherbergungsleistungen besteuert. Dies führte dazu, dass die geltend gemachten Vorsteuern die geschuldete Mehrwertsteuer deutlich überstiegen, was das Gericht als steuerlich missbräuchlich einstufte, sodass eine Steuerumgehung bejaht wurde.

Faktische Beweislastumkehr für den Steuerpflichtigen

Ein bemerkenswerter Punkt des Urteils ist die Beweislastverteilung. Grundsätzlich obliegt es der Steuerbehörde, das Vorliegen einer missbräuchlichen Gestaltung zu beweisen. Das BVGer hält jedoch fest, dass eine natürliche Vermutung für eine absonderliche Gestaltung besteht, sobald wesentliche Elemente für eine steuerliche Optimierung sprechen. Dies führt in der Praxis zu einer faktischen Beweislastumkehr, da die Steuerpflichtigen die natürliche Vermutung der Steuerumgehung entkräften müssen.

Im aktuellen Fall konnte die A._______ AG keine hinreichenden geschäftlichen Gründe für ihre Struktur darlegen. Das Gericht betonte, dass wirtschaftliche oder geschäftliche Motive der Gesellschaft selbst massgeblich sind – nicht etwa die unternehmerischen Aktivitäten des Alleinaktionärs. Damit wurde die natürliche Vermutung nicht entkräftet. Diese Handhabung zeigt, dass Steuerpflichtige, die ähnliche Strukturen nutzen, gut dokumentierte wirtschaftliche Gründe für ihre Wahl darlegen müssen, um einer steuerlichen Korrektur zu entgehen.

Auswirkung auf die Praxis

Das Urteil unterstreicht erneut, dass das Halten von Ferienimmobilien über Gesellschaften zwar nicht per se unzulässig ist, jedoch ein wirtschaftlicher Zweck nachgewiesen werden muss, der über die reine Steuerersparnis hinausgeht. Dabei scheinen Verwaltung und Bundesverwaltungsgericht strenge Massstäbe anzulegen.

Unternehmen und Steuerpflichtige sollten daher in entsprechenden Konstellationen genau prüfen, ob sich der unternehmerische Grund für die gewählte Struktur hinreichend begründen lässt. Falls dies nicht der Fall ist, droht eine steuerliche Korrektur mit erheblichen finanziellen Folgen. Der Entscheid wurde ans Bundesgericht weitergezogen, es bleibt abzuwarten, ob er Bestand haben wird.

Erbringt ein Ausländer sog. elektronische Dienstleistungen an Konsumenten (b2c) im Inland, führt dies schnell dazu, dass sich der Ausländer im Inland mehrwertsteuerlich registrieren und Mehrwertsteuer auf seine Leistungen an Schweizer Kunden abrechnen muss. Leistungen, die nicht als elektronische Leistungen gelten, lösen hingegen regelmässig keine Registrierungspflicht aus, da hier allenfalls der Leistungsempfänger die Bezugsteuer schuldet (auch wenn er Konsument und kein Unternehmer ist). Die Frage dabei bleibt: Wann gilt eine Leistung eigentlich als „elektronische Dienstleistung“?

Hintergrund

Elektronische Dienstleistungen folgen den allgemeinen Regeln zur Leistungsortsbestimmung für Zwecke der Mehrwertsteuer. Das heisst, im Regelfall sind sie dort zu besteuern, wo der Leistungsempfänger ansässig oder wohnhaft ist („Empfängerortsprinzip“). Was elektronische von anderen Dienstleistungen unterscheidet ist in erster Linie, dass sie zu einer Registrierungspflicht des ausländischen Leistungserbringers führen, wenn Kunden inländische Konsumenten sind (b2c). Erbringt ein Ausländer, der in der Schweiz nicht MWST-registriert ist, eine „normale“ Dienstleistung an einen inländischen Leistungsempfänger und unterliegt diese Leistung dem Empfängerortsprinzip, schuldet der Inländer hierauf die Bezugsteuer, wenn er entweder steuerpflichtig ist (b2b) oder für mehr als 10‘000 CHF im Jahr solche Leistungen bezieht (b2c). Der Ausländer wird aufgrund dieses Sachverhaltes nicht in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig.

Etwas anderes gilt, wenn der Ausländer eine sog. elektronische Dienstleistung erbringt. Hier bleibt der Ausländer Steuerschuldner und muss sich in der Schweiz für Zwecke der Mehrwertsteuer registrieren, um die Mehrwertsteuer gegenüber der ESTV abzurechnen.

Nach Praxis der ESTV gilt eine Dienstleistung als elektronische Dienstleistung, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • Sie wird über das Internet oder ein anderes elektronisches Netz erbracht
  • sie wird automatisiert erbracht und die menschliche Beteiligung seitens des Leistungserbringers ist minimal
  • das Erbringen der Dienstleistungen ist ohne Informationstechnologie nicht möglich.

Dabei ergeben sich im Einzelfall Abgrenzungsfragen, ob eine Dienstleistung im konkreten Fall als elektronische Dienstleistung qualifiziert. Mit einer solchen Abgrenzungsfrage hatte sich das Bundesgericht jüngst auseinanderzusetzen (Urteil vom 25. Oktober 2024, 9C_482/2024). Dabei stand vor allem die Frage der „minimalen menschlichen Beteiligung seitens des Leistungserbringers“ im Fokus. 

Sachverhalt

9C_482/2024 BG
A mit Sitz in Ausland betreibt Online-Sportwetten. Die ESTV hat A rückwirkend in das MWST-Register eingetragen und eine Steuernachforderung festgesetzt, da A in der Schweiz elektronische Dienstleistungen an Nichtsteuerpflichtige erbringe, die Umsatzlimite erreiche und daher steuerpflichtig sei. A hat sowohl die Erbringung elektronischer Dienstleistungen als auch die Steuerpflicht bestritten.

Entscheid 

Die strittige Frage in diesem Fall war, ob die von A erbrachte Dienstleistung automatisiert und nur mit einem Minimum an menschlicher Beteiligung erbracht wird.

ESTV und Bundesverwaltungsgericht gingen davon aus, dass die streitige Dienstleistung in der Einräumung einer bedingten Möglichkeit zur Erzielung eines vereinbarten Gewinns bestehe. Die menschliche Einflussnahme beschränke sich beim Angebot von A auf die Ermittlung der Wettquoten und andere Vorbereitungshandlungen, die auf den Abschluss künftiger Wetten abzielten, sei selbst aber nicht Teil der mehrwertsteuerlich relevanten Dienstleistung. Dem hielt A entgegen, dass im Rahmen der Leistungserbringung durchaus erhebliche Tätigkeiten der Mitarbeiter stattfänden: Bei Live-Wetten müssten die Wettquoten ständig manuell bearbeitet werden. Auch stehe den Kunden ein Support-Team zur Verfügung, das sie bei Fragen und Problemen kontaktieren können.

Das Bundesgericht verwies in seinem Entscheid auf den wesentlichen Kern des Leistungsverhältnisses und folgte darin der Argumentation der Vorinstanz. Die von A geltend gemachten menschlichen Interventionen seien zwar von erheblicher Bedeutung, beschränkten sich jedoch auf die Ausgestaltung eines Produkts, das Gegenstand des Angebots bilde (und nicht der Dienstleistung selbst). Menschliches Wirken im Rahmen von Vorbereitungs-, Entwicklungs- und Wartungsarbeiten bleiben nach der Verwaltungspraxis der ESTV unberücksichtigt

Im Rahmen der Erbringung der Dienstleistung selbst sei menschliche Intervention stets dann als „minimal“ zu erachten, wenn sie nicht dazu dient, auf individuelle Kundenwünsche einzugehen. Das Gericht verweist auf den menschlichen Croupier im Online-Casino oder den Dozenten bei einem Online-Kurs, der den Teilnehmenden nicht die Möglichkeit zur Interaktion vor, während oder nach dem Seminar bietet. Obgleich Service und Support für das Angebot von A unverzichtbar seien, stellten sie keinen integralen Bestandteil der eigentlichen elektronischen Dienstleistung dar. Vielmehr handelte es sich dabei um Leistungen, die lediglich eine zugeordnete Funktion erfüllten. Dies unterscheide sie von Tätigkeiten mit nicht nur minimaler menschlicher Beteiligung, zu denen beispielsweise das Beraten, Bewerten, Abgeben von individuellem Feedback oder das Beantworten von Fragen zählten.

Fazit

Das Urteil macht deutlich, dass Dienstleistungen aus Schweizer Sicht schneller als elektronische Dienstleistungen zu beurteilen sein können, als mancher Unternehmer wahrhaben mag. Dass eine reale Person vor während oder nach der Leistungserbringung involviert ist, hilft hier bisweilen wenig. Zu beachten ist dabei auch, dass elektronische Dienstleistungen im b2c Bereich auch im (europäischen) Ausland Sonderregelungen unterliegen, die es für Schweizer Unternehmen erforderlich machen können, ausländische Mehrwertsteuer abzurechnen. Wer seine Dienstleistungen daher nicht mehr nur mittels Brief seinen ausländischen Kunden zugänglich macht, ist daher gut beraten, seine Leistungen vom MWST-Experten qualifizieren zu lassen. Andernfalls können erheblich MWST-Risiken drohen.

Am 1. Januar 2025 traten diverse steuerliche Bestimmungen in Kraft. Diese reichen von der Einführung der internationalen Ergänzungssteuer (IIR) über die Teilrevision der Mehrwertsteuer zur Plattformbesteuerung hin zur Reduktion der Einfuhrgrenze im Reiseverkehr auf CHF 150. Im Folgenden werden die wesentlichsten Punkte der neu in Kraft tretenden Änderungen im Sinne eines Überblicks zusammengefasst.

Einführung der Income Inclusion Rule (IRR)

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 4. September 2024 beschlossen, die internationale Ergänzungssteuer, d.h. die sog Income Inclusion Rule (IRR) per 1. Januar 2025 in Kraft zu setzen. Die IIR soll sicherstellen, dass Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften von Schweizer Unternehmensgruppen und von Zwischenholdings ausländischer Unternehmensgruppen mit mindestens 15 Prozent besteuert werden. Dies gilt für Unternehmensgruppen, die weltweit einen Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro erzielen.

Ohne die Einführung der IRR hätten andere Staaten gemäss den OECD/G20-Regeln zur Mindestbesteuerung das Recht, diese ausländischen Gewinne im Rahmen der sogenannten Undertaxed Profits Rule (UTPR) zu besteuern. Die Schweiz verzichtet bis auf Weiteres darauf, die UTPR in Kraft zu setzen.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar.

Teilrevision Mehrwertsteuer

Ab dem 1. Januar 2025 treten ebenfalls das teilrevidierte Mehrwertsteuergesetz und die teilrevidierte Mehrwertsteuerverordnung in Kraft. Hervorzuheben sind dabei namentlich die Änderungen im Zusammenhang mit der Plattformbesteuerung. Betreiber von elektronischen Plattformen, die eine Lieferung als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer und einen diesbezüglichen Vertragsabschluss auf ihrer Plattform ermöglichen, gelten gegenüber dem Käufer neu ausdrücklich als Leistungserbringer. Konkret wird die Lieferung in zwei fiktive Lieferungen aufgeteilt wobei die erste Lieferung zwischen dem Verkäufer und dem Plattformbetreiber steuerbefreit ist und die zweite Lieferung zwischen dem Plattformbetreiber und dem Käufer besteuert wird.

Weitere Informationen hierzu und zu den weiteren mehrwertsteuerlichen Änderungen sind unter diesem LINK abrufbar.

Meldepflicht der Steuerverwaltungen bei nicht fristgerechtem Einreichen der Jahresrechnung

Mit der Einführung des Bundesgesetzes über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses, geht unter anderem die Einführung von Art. 112 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) einher. Nach dieser Bestimmung werden die Steuerbehörden verpflichtet, dem Handelsregisteramt Meldung zu erstatten, falls innert drei Monaten nach Ablauf der entsprechenden Fristen keine unterzeichnete Jahresrechnung durch die Gesellschaft eingereicht wird. Zudem müssen öffentlich-rechtliche Gläubiger, wie z.B. die Steuerverwaltungen, zwingend auf Konkurs betreiben, wenn der Schuldner im Handelsregister eingetragen ist.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar

Leibrenten werden ab 2025 flexibel besteuert

Ab 2025 wird die Besteuerung von Leibrenten in der Säule 3b in Erfüllung der Motion „Stopp der Steuerstrafe in der Säule 3b» flexibel an die jeweiligen Anlagebedingungen angepasst. Damit wird die bisherige systematische Überbesteuerung bei Rentenleistungen beseitigt und bei Rückgewähr und bei Rückkauf von Leibrentenversicherungen deutlich gemildert. Bis anhin wurde ein pauschaler Ertragsanteil von 40 Prozent der Rentenleistungen besteuert und die übrigen 60 Prozent als steuerfreie Kapitalrückzahlung behandelt. Ab 1. Januar 2025 richtet sich der steuerbare Ertragsanteil der garantierten Rentenleistung bei Leibrentenversicherungen im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes nach dem Höchstzinssatz der FINMA. Überschussleistungen, die über die garantierten Renten hinausgehen, werden zu 70 Prozent besteuert. Der steuerbare Ertragsanteil von laufenden Leibrenten unterliegt der Verrechnungssteuer und ist von den Versicherungsgesellschaften jährlich an die ESTV zu melden. Diese Meldungen werden zu Kontrollzwecken an die kantonalen Steuerverwaltungen weitergeleitet.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar

Nachträgliche Einkäufe in die Säule 3a

Ab dem 1. Januar 2025 wird es zudem möglich sein, versäumte Beiträge in die Säule 3a steuerbegünstigt nachträglich einzuzahlen. Wer ab dem 1. Januar 2025 keine oder nur teilweise Einzahlungen in die gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a) geleistet hat, kann diese künftig bis zu zehn Jahre rückwirkend nachholen und vollständig vom steuerbaren Einkommen abziehen. Konkret wird zusätzlich zu den regulären Beiträgen pro Jahr ein Einkauf maximal in Höhe des sogenannten «kleinen Beitrags» möglich sein. Für einen nachträglichen Einkauf gelten folgende Voraussetzungen:

  • Die berechtigte Person muss im Jahr des Einkaufs sowie im Jahr, für das nachträglich eingezahlt wird, über ein AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen in der Schweiz verfügen.
  • Der ordentliche Jahresbeitrag für das betreffende Jahr muss vollständig eingezahlt sein, bevor ein Einkauf vorgenommen werden kann.

Anzumerken ist, dass die vorgenannten Änderungen nur für Beitragslücken ab dem Jahr 2025 gelten, womit Einkäufe erstmals im Steuerjahr 2026 rückwirkend für das Jahr 2025 getätigt werden können. Einzahlungen für versäumte Einkäufe vor 2025 sind daher nicht möglich.

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Grundlage zur Besteuerung der Telearbeit von Grenzgängerinnen und Grenzgängern

Das Besteuerungsrecht von Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit richtet sich in Doppelbesteuerungsabkommen grundsätzlich danach, wo die Arbeit physisch ausgeübt wird. Im Falle von Telearbeit würde das Besteuerungsrecht daher vom Sitzstaat der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers in den Wohnsitzstaat der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wechseln.

Mit der Gesetzesänderung wird nun eine binnenrechtliche Grundlage für die Quellenbesteuerung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ohne steuerrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz geschaffen, die für einen Schweizer Arbeitgeber aus einem Nachbarstaat im Homeoffice tätig sind.

Diese Regelung steht im engen Zusammenhang mit den internationalen Abkommen zur Zuteilung des Besteuerungsrechts zwischen der Schweiz und ihren Nachbarstaaten. Die Zusatzvereinbarungen mit Frankreich und Italien schaffen die Möglichkeit, dass Telearbeit für einen Schweizer Arbeitgeber bis zu einem bestimmten Umfang weiterhin in der Schweiz besteuert wird, auch wenn die Arbeit nicht vor Ort erfolgt. Konkret erlaubt das Zusatzabkommen mit Frankreich eine Besteuerung durch die Schweiz, wenn bis zu 40 Prozent der Arbeitszeit ausserhalb der Schweiz geleistet wird. Beim Protokoll mit Italien gilt eine Obergrenze von 25 Prozent der Arbeitszeit.

Die neue Besteuerungsgrundlage dient der Umsetzung dieser staatsvertraglichen Regelungen und gewährleistet, dass die Schweiz ihr Besteuerungsrecht entsprechend ausüben kann.

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Senkung der Wertfreigrenze im Reiseverkehr auf CHF 150 pro Person

Mit der Anpassung der Verordnung des EFD über die steuerbefreite Einfuhr von Gegenständen in kleinen Mengen, von unbedeutendem Wert oder geringfügigem Steuerbetrag dürfen Waren zum privaten Gebrauch von Reisenden nur noch bis zu einem Gesamtwert von CHF 150 (bis anhin: CHF 300) pro Person und Tag steuerfrei eingeführt werden. Überschreitet der Gesamtwert diese Grenze, muss auf den eingeführten Waren die Schweizer Mehrwertsteuer entrichtet werden.

Weiterführende Informationen hierzu sind unter diesem LINK abrufbar

Das UK Non-Dom-Regime wird definitiv abgeschafft und wird ab dem 6. April 2025 nicht mehr zur Verfügung stehen, womit alternative Steuerstandorte in den Fokus betroffener Personen rücken. Die Schweiz bietet mit der Pauschalbesteuerung eine attraktive Alternative, mit welcher sich bei umsichtiger Planung erhebliche Steuervorteile generieren lassen. Zudem bietet die Schweiz gegenwärtig ein attraktives Erbschaftssteuersystem mit in den meisten Kantonen vollständiger Steuerbefreiung für Ehegatten und direkte Nachkommen.

Definive abschaffung uk non-dom-regime

Wie angekündigt, schafft das das Vereinigte Königreich das sog. «Non-Dom Regime» mit dem Haushaltsbudget 2025 definitiv ab. Dieses Regime wird ab dem 6. April 2025 nicht mehr zur Verfügung stehen und durch ein reines Ansässigkeitssystem ersetzt, womit in den UK steuerpflichtige Personen auf ihren weltweit erzielten Einkünften besteuert werden. Hinzu kommt, dass auch ausserhalb der UK gehaltene Vermögenswerte inskünftig für die Bemessung der Erbschaftssteuern miteinzubeziehen sein werden.

Für Personen, die bis anhin das Non-Dom Regime in Anspruch genommen haben, ist eine kurze Übergangsfrist vorgesehen, welche die Steuerbelastung bei Repatriierung ausländischer Einkünfte schrittweise erhöht. Zudem ist eine temporäre Steuerentlastung für Neuzuzüger vorgesehen. Konkret sollen Personen, die erstmals in den UK steuerpflichtig werden, innert der ersten vier Jahren seit Zuzug keine Steuern auf ihr ausländisches Einkommen und ihre Kapitalgewinne zahlen müssen. Diese Bestimmung wird jedoch nur für eine begrenzte Anzahl von Personen verfügbar sein, die zuvor im Rahmen des Non-Dom-Systems besteuert wurden, da diese Option nur für erstmalige britische Steueransässige oder Neuansässige gilt, die nach einer zehnjährigen Abwesenheit im Vereinigten Königreich zurückgekehrt sind.

Durch die Abschaffung des Non-Dom-Regimes wird es für betroffene Personen erforderlich sein, Alternativen zu prüfen und die bisher verfolgte Steuerstrategie anzupassen. Diesbezüglich kann die Schweiz mit ihrer Pauschalbesteuerung und einem vorteilhaften Erbschaftssteuersystem eine attraktive Alternative bieten, die sich durch eine tiefe Steuerbelastung und eine hohe Stabilität auszeichnet.

die pauschalbesteuerung in der schweiz

Die Pauschalbesteuerung bzw. Besteuerung nach dem Aufwand in der Schweiz bzw. den Kantonen, welche dieses Besteuerungssystem kennen, richtet sich an ausländische Staatsangehörige, die sich erstmals oder nach zehnjährige Landesabwesenheit in der Schweiz niederlassen möchten und in der Schweiz keine Erwerbstätigkeit ausüben. Bei Verheirateten sind dies Bedingungen gegenwärtig von beiden Ehegatten zu erfüllen.

Ein wesentlicher Vorteil der Pauschalbesteuerung in der Schweiz besteht darin, dass sich durch eine gut abgestimmte Strukturierung der ertragsbringenden Vermögenswerte erhebliche Steuervorteile erzielen lassen und dabei gleichzeitig eine hohe Stabilität der jährlichen Steuerbelastung erzielt werden kann. Zudem müssen im System der Besteuerung nach dem Aufwand Erträge aus ausländischen Quellen und ausländische Vermögenswerte grundsätzlich nicht deklariert werden.

Konkret tritt die Pauschalbesteuerung an die Stelle der ordentlichen Einkommenssteuer, indem das steuerbare Einkommen der betroffenen Person auf Basis ihrer jährlichen weltweiten Lebenshaltungskosten ermittelt wird. Zudem wird auch die auf kantonaler Ebene anfallende Vermögenssteuer durch eine Pauschale ersetzt. Dabei wird das steuerbare Vermögen grundsätzlich mit einem mittleren einstelligen Multiplikator der Einkommenssteuerbasis ermittelt. Damit ist die Basis der pauschalen Abgeltung der Vermögenssteuer oftmals ein Vielfaches geringer als das tatsächlich gehaltene Vermögen.

Da die Pauschalbesteuerung in einem Spannungsverhältnis zur ordentlichen Besteuerung steht, wurden Richtlinien definiert, um ein Mindestmass an Besteuerung und eine gewisse Kontrolle der Besteuerungsgrundlagen zu gewährleisten. So muss die pauschale Einkommenssteuer in jedem Fall mindestens dem Bruttoertrag der Einkünfte aus schweizerischen Quellen entsprechen (sog. Kontrollrechnung). Zudem sind für das pauschal festzusetzende steuerbare Einkommen auf Bundesstufe folgende Mindestgrössen zu beachten:

  • Gesetzlich definiertes Mindesteinkommen von CHF 429’100;
  • Für Steuerpflichtige mit eigenem Haushalt: siebenfacher Mietzins oder (bei Eigentum) das Siebenfache des Eigenmietwerts:
  • Für Steuerpflichtige ohne eigenen Haushalt: Dreifaches des jährlichen Pensionspreises für Unterkunft und Verpflegung am Ort des Aufenthalts.

Auf kantonaler Ebene sind grundsätzlich dieselben Schwellen vorgesehen, wobei aber kantonale Unterschiede in Bezug auf die Höhe derselben zu beachten sind. So sieht z.B. der Kanton Wallis ein Minimaleinkommen von CHF 250’000 vor, während z.B. der Kanton Schwyz ein solches von CHF 600’000 gesetzlich definiert hat. Neben der unterschiedlich hohen Mindestbemessungsgrundlagen sind allerdings auch die kantonal – teils stark – unterschiedlichen Steuersätze zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung des pauschal festgesetzten steuerbaren Vermögens ist die Steuerbelastung berechnet auf dem gesetzlich vorgegebenen Mindesteinkommen in z.B. Verbier, Kanton Wallis, und diejenige in z.B. Freienbach, Kanton Schwyz, mit etwas über CHF 100’000 in etwa gleich hoch (jeweils inkl. Bundessteuer). Hinzu kommen für Nichterwerbstätige, die das Rentenalter noch nicht erreicht haben, die in der Schweiz in allen Kantonen einheitlich erhobenen Sozialversicherungsbeiträge, welche sich ab einem Vermögen von CHF 8.74 Mio. auf maximal CHF 25’700 pro Person belaufen.

Beispiel

Annahmen: Zuzug eines Ehepaars mit UK-Staatsbürgerschaft nach Verbier, Kanton Wallis, mit eigenem Haushalt. Die jährlichen, weltweiten Lebenshaltungskosten belaufen sich auf CHF 300’000, wobei sich Bruttoerträge aus ausländischen Quellen auf CHF 750’000 und solche aus inländischen Quellen auf CHF 100’000 belaufen. Das Vermögen des Ehepaars beträgt CHF 30’000’000.

Da die Lebenshaltungskosten über dem im Kanton Wallis vorgesehen Mindesteinkommen liegen und die hochgerechneten Mietkosten die effektiven Lebenshaltungskosten nicht überschreiten, bilden diese auf kantonaler Stufe die Bemessungsgrundlage für die Einkommenssteuer. Auf Bundesstufe ist ein Einkommen von CHF 429’100 massgebend. Die Vermögenssteuer wird im Kanton Wallis auf das Vierfache der Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer angesetzt; vorliegend also CHF 1’200’000. Daraus ergibt sich eine effektive Steuerbelastung von rund CHF 108’000. Bei Anwendung der ordentlichen Einkommens- und Vermögenssteuern ergäbe sich eine Steuerbelastung von rund CHF 215’000.

Erbschaftssteuern 

Neben der Pauschalbesteuerung zeichnet sich die Schweiz auch durch ein attraktives Erbschaftssteuersystem aus, welches – je nach Kanton – eine vollständige Steuerbefreiungen der Ehegatten sowie der direkten Nachkommen vorsieht. Einzelne Kantone sehen alsdann überhaupt keine Erbschaftssteuer vor. Anzumerken ist, dass gegenwärtig eine Initiative zur Einführung einer neuen Erbschaftssteuer zur Abstimmung durch die Schweizer Bevölkerung pendent ist. Es besteht indes Einigkeit, dass diese Initiative mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht angenommen werden wird.

Fazit

Mit der Pauschalbesteuerung bietet die Schweiz für Personen, die ausserhalb der Schweiz einer Erwerbstätigkeit oder keiner solchen nachgehen ein attraktives und stabiles Besteuerungssystem. In Kombination der vorteilhaften Ausgestaltung des Erbschafssteuersystems eignet sich die Schweiz nicht nur zur kurz- bis mittelfristigen Steuerplanung, sondern auch für die langfristige, generationenübergreifende Vermögensplanung.

In unserem Blogbeitrag vom Mai (zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2023, A-1573/2022) haben wir uns mit der Funktion einer Online-Plattform im Bereich der Lieferdienste beschäftigt. Der Fall wurde vor das Bundesgericht (BG) weitergezogen. In seiner Entscheidung folgt das Bundesgericht der Vorinstanz nicht und qualifiziert die Plattform als reine Vermittlerin der Essenslieferungen. 

HINTERGRUND

Refresher: Die Steuerpflichtige betrieb eine Online-Plattform, über die Kunden Essen bestellen und zu sich liefern lassen konnten. Auf der Plattform boten verschiedene Restaurants ihre Gerichte an. Die Plattform vertrat die Auffassung, sie selbst sei Lieferantin der Gerichte (und vermittle nicht lediglich zwischen Kunden und Restaurants). Entsprechend stellte sie „ihre“ Leistungen (Lieferung der Gerichte inkl. Lieferservicegebühren) den Kunden zum reduzierten Steuersatz in Rechnung. Die ESTV vertrat dagegen die Auffassung, die Plattform sei lediglich Vermittlerin zwischen Restaurants und Kunden. Entsprechend dürften nur die Restaurants ihre Leistungen zum reduzierten Satz abrechnen. Die Leistung der Plattform selbst sei zum Normalsatz zu versteuern.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) schloss sich der Auffassung der Steuerpflichtigen an.  Es stützte seine Entscheidung im Wesentlichen auf die mutmassliche Wahrnehmung der Kunden bei Nutzung der Plattform (Auswahl der Speisen, Bestellung, Bezahlung und Lieferung). Dass z.B. die AGB die Plattform ausdrücklich als Vermittlerin identifizierten, erachtete das BVG hingegen als nicht derart gewichtig, um die Gesamtwahrnehmung im Übrigen zu überlagern.

URTEIL DES BUNDESGERICHTS

Vom 8. August (9C_67/2024)

Das BG rückt bei seiner Entscheidung objektive Kriterien wie AGB und Rechnungsdokumente in den Fokus bei der Analyse der mutmasslichen Kundenwahrnehmung. Insbesondere hatte die Plattform die Partnerrestaurants stets benannt und waren diese den Kunden bei Nutzung der Plattform stets bekannt und war sich aus Sicht des BG für die Nutzer stets erkennbar, dass sie die Speisen unmittelbar von den Partnerrestaurants und nicht der Plattform bezogen (durch entsprechende Hinweise während des Bestellprozesses sowie in den AGB). 

Fazit

Das Urteil des Bundesgerichts dürfte bei den Steuerpflichtigen für mehr Rechtssicherheit sorgen, da es die schriftliche Dokumentation in Form von beispielsweise AGB höher gewichtet. Da im Ergebnis eine Gesamtschau der Umstände im konkreten Fall massgeblich ist, bleibt die bedachte Gestaltung des Aussenauftritts insgesamt von entscheidender Bedeutung.

Anders als im europäischen Ausland gelten in der Schweiz das Erwerben, Halten und Veräussern von Beteiligungen als unternehmerische Tätigkeit, die grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Im Gesetz findet sich in Art. 29 Abs. 3 eine Definition, was als Beteiligung in diesem Sinne gilt (nachfolgend «qualifizierte Beteiligung»): Beteiligungen sind Anteile am Kapital anderer Unternehmen, die mit der Absicht dauernder Anlage gehalten werden und einen massgeblichen Einfluss vermitteln. Anteile von mindestens 10% am Kapital gelten als Beteiligung. Es besteht allerdings Unklarheit, wie die 10%-Grenze zu interpretieren ist: Greift ab 10% eine gesetzliche Vermutung? Oder ist bei weniger als 10% eine Beteiligung ausgeschlossen? Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu Stellung bezogen (Urteil vom 17. Juli 2024, A-903/2023). 

Sachverhalt

Die X AG hält eine Beteiligung von 9% an der A AG. Sie hat der B AG ein Darlehen gewährt. Sie ersuchte die ESTV um Bestätigung, dass ihre Beteiligung von 9% an der A AG und das Darlehen an die B AG als qualifizierte Beteiligungen gelten. Die X AG stellte sich auf den Standpunkt, dass es sich bei der Bestimmung im zweiten Satz der Legaldefinition um eine „safe haven – rule“ handle, bei welcher automatisch vom Vorliegen einer Beteiligung ausgegangen werde. Darunter müsse das Vorliegen einer qualifizierten Beteiligung im Einzelfall geprüft werden. Die ESTV wies darauf hin, dass Beteiligungen von weniger als 10 % des Kapitals nicht als qualifizierte Beteiligung gelten und auch die Gewährung eines Darlehens keine Beteiligung in diesem Sinne darstelle. Die X AG könne daher insoweit diesem Zusammenhang keinen Vorsteuerabzug geltend machen.

Entscheid des bvg

Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob die Beschwerdeführerin zum Abzug der von ihr gezahlten Vorsteuer berechtigt ist. Um dies beurteilen zu können, war vorgängig zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin Beteiligungen im Sinne von Art. 29 Abs. 3 MWSTG hält und damit mehrwertsteuerpflichtig ist.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt zu dem Ergebnis, dass die in Art. 29 Abs. 3 MWST festgehaltene Grenze von 10% keine absolute Grösse ist. Die Auslegung deutet eher auf eine „safe haven-rule“ hin, wonach eine Beteiligung von mindestens 10% jedenfalls als Beteiligung im Sinne dieses Artikels gilt. Für Anteile von weniger als 10% kann und muss der Steuerpflichtige hingegen den Nachweis erbringen, dass eine qualifizierte Beteiligung vorliegt, die insbesondere „massgeblichen Einfluss vermittelt“. Nicht abschliessend äussert sich das Gericht dazu, ob bei Beteiligungen von mindestens 10% der Steuerbehörde der Gegenbeweis offensteht, dass die Beteiligung nicht aus betrieblichen Gründen, sondern lediglich als Finanzanlage gehalten wird.

Unbeantwortet bleibt auch die Frage, wie der Nachweis des massgeblichen Einflusses erfolgreich zu führen ist. Die Beschwerdeführerin konnte im vorliegenden Fall den Nachweis des massgeblichen Einflusses aus Sicht des Gerichts nicht erbringen, Es verwarf demzufolge die Ansicht der Beschwerdeführerin, insofern unternehmerisch im Sinne des Art. 10 Abs. 1ter MWSTG tätig zu sein.

Daneben verwarf das Gericht die Auffassung der Beschwerdeführerin, ein Darlehen könne eine qualifizierte Beteiligung begründen. Als «Beteiligungen» werden durchwegs Anteile am Kapital anderer Unternehmen verstanden. Forderungen stellen keine Beteiligungen dar.

Fazit

Positiv ist, dass auch bei Beteiligungen von weniger als 10 % dem Steuerpflichtigen der Nachweis offensteht, über eine qualifizierte Beteiligung im Sinne des Art. 10 Abs. 1ter MWSTG zu verfügen. Wie der Nachweis konkret gelingt, bleibt unklar. Kritisch zu sehen ist, dass das Gericht offen lässt, ob auch bei Beteiligungen von mehr als 10% der ESTV vorbehalten bleibt, eine qualifizierte Beteiligung zu negieren.

Die Urteilsbegründung ruft auch in Erinnerung, dass MWST-Kontrollen Steuerpflichtige nicht verleiten dürfen, sich in „falscher Sicherheit“ zu wiegen. Eine unterbliebene Beanstandung innerhalb einer MWST Kontrolle gewährt keinen Vertrauensschutz, dass der gleiche Sachverhalt in Zukunft von der ESTV nicht doch beanstandet wird. Ähnlich verhält es sich mit Rulings, in denen sich die ESTV stets nur zu dem geschilderten Lebenssachverhalt und im Rahmen der aufgeworfenen Fragen äussert. Ein unvollständiger oder fehlerhafter Sachverhalt bedingt keinen Vertrauensschutz und der Vertrauensschutz kann nicht über die in Frage gestellte Behandlung hinausgehen.